Das Muster war jahrelang klar: Wenn ein Staatsanwalt mit der Peitsche knallte, dann zückte die UBS das Portemonnaie. In Paris wollte sie das Spiel drehen und ging aufs Ganze: kein fauler Vergleich mehr, sondern ein Prozess.

Das Ergebnis des Experiments ist ernüchternd. Das Pariser Strafgericht Tribunal de Grande Instance hat die Schweizer Grossbank der illegalen Kundenanwerbung auf französischem Boden und des Steuerbetrugs in Verbindung mit Geldwäscherei für schuldig befunden und zu einer Rekordbusse von 3,7 Milliarden Euro verurteilt – «c’est du jamais vu», wie es auf Französisch so schön heisst.

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Vieles sprach dafür, dass der Poker aufgehen könnte

Dabei hatte vieles für einen glimpflichen Ausgang gesprochen. Richterin Christine Mée hatte sich an ihrer vorigen Wirkungsstätte in Marseille einen Namen damit gemacht, dass sie sich selbst bei hartgesottenen Kriminellen ans Prinzip «im Zweifel für den Angeklagten» hielt. Die Anklage tat sich schwer damit, der UBS ein systematisches Vorgehen nachzuweisen, und schien auf wackligen Beinen. Dazu kamen die politischen Veränderungen, die dem Gespann mit Konzernchef Sergio Ermotti und Rechtschef Markus Diethelm in die Hände zu spielen schienen. Das Frankreich des smarten Ex-Rothschild-Mannes Emmanuel Macron war nicht mehr dasselbe wie dasjenige von Vorgänger François Hollande, das die Hexenjagd gegen Steuerhinterzieher angesichts immer leerer werdender Staatskassen initiiert hatte.

Vor allem aber: Der Prozess schien das Verfallsdatum überschritten zu haben, bevor er begonnen hatte. Was im Oktober und November während Wochen in Paris in endlosen Verhandlungstagen durchgekaut wurde, geschah zwischen 2004 und 2012. Tempi passati. Das Schwarzgeld ist Geschichte, der automatische Informationsaustausch ist da, der Schweizer Finanzplatz hat sich neu positioniert und die UBS in Frankreich ein bedeutendes Onshore-Geschäft aufgebaut. Der Bedarf, ein Exempel zu statuieren, schien schlicht nicht mehr gegeben.

Möglich, dass das durch «Gelbwesten»-Krawalle aufgeheizte Klima in den Gerichtssaal strahlte. Gut möglich auch, dass Rechtschef Markus Diethelm sich und seiner Bank keinen Gefallen damit tat, dass er die Franzosen auf die Folgen eines Schuldspruchs für den Finanzplatz Paris aufmerksam machte und sich damit dem Vorwurf der Erpressung aussetzte.

Keine Sternstunde der Rechtsstaatlichkeit

Klar ist: Eine Sternstunde der Rechtsstaatlichkeit war das nicht. Der Berechnungsmodus der Busse geschieht nach der Methode Pi mal Daumen. Wo die «aussergewöhnliche Schwere» der strafrechtlichen Vergehen der Schweizer Grossbank liegen soll, bleibt auch nach dem Urteil schleierhaft.

Vor allem aber wird das Urteil dazu führen, dass es sich Unternehmen künftig zweimal überlegen dürften, eine Auseinandersetzung vor Gericht zu bringen, und damit für mehr juristische Klarheit zu sorgen. Stattdessen wird die Dealerei in den Hinterzimmern weitergehen.