Wenn man gestern den «Blick» gekauft hat, sprang einem sofort die Orange-Werbung auf der Titelseite ins Auge. «Am Montag kommt was Neues» stand dort im markentypischen Stil. Ist das nicht ein bisschen unpassend, nachdem am Donnerstag die neue Marke Salt vorgestellt wurde?
Frank Bodin*: Nein, denn es ist eine riesige Herausforderung, eine Marke wie Orange mit beinahe 100-prozentigem Bekanntheitsgrad auf einen neuen Namen umzustellen. Es macht deshalb absolut Sinn, in der Übergangsphase ans Bekannte anzuknüpfen.

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Aber hätte man nicht zumindest den Namen Salt erwähnen müssen?
Nicht zwingend. Den Schalter kann man nicht einfach in einer Stunde umlegen. Es braucht Zeit, bis so eine Neuheit auch bei der breiten Bevölkerung etabliert ist. Da ist die Lösung mit dem Übergangswochenende aus meiner Sicht ein schlauer Move.

Die Leute werden ja schon seit einiger Zeit auf den neuen Namen vorbereitet. Wie beurteilen Sie die bisherige Strategie?
Es ist gelungen im Vorfeld für Gerüchte zu sorgen und so den Aufmerksamkeitsgrad in der Öffentlichkeit zu erhöhen. Das wurde sicherlich sehr bewusst so geplant. Denn es ist auffällig, dass die Gerüchteküche genau im richtigen Moment zu brodeln begann. Als Beobachter finde ich die Kampagne hervorragend gemacht. Die Welt hat nicht auf uns Werber gewartet und da ist es immer schön, wenn es gelingt, einen solchen Spannungsbogen aufzubauen.

Wie muss die Kampagne jetzt weitergehen, wenn der Übergang funktionieren soll? Muss man den Orange-Stil in die neue Marke übernehmen oder einen klaren Bruch wagen?
Das sind die grossen Branding-Herausforderungen. Als unsere Agentur Orange damals lancierte, legten wir den Grundstein für eine sehr starke Marke. Für die Verantwortlichen der neuen Kampagne geht es nun darum, einen Rest dieser Seele zu erhalten. Denn es ist wichtig, dass sich die bisherigen Kunden nicht vor den Kopf gestossen fühlen, sondern sich weiter mit der Marke identifizieren können. Daneben muss Orange beziehungsweise Salt aber auch daran denken, wie man sich künftig noch stärker von den anderen Anbietern abheben kann.

Denken Sie, dass das funktionieren wird?
Ich glaube schon. Ich habe die neue Kampagne gesehen und finde, dass die Werte von Orange darin gut auf den Punkt gebracht werden. Die jugendliche Frische, die Einfachheit und Modernität werden auf ansprechende Weise betont. Die DNA der Firma bleibt also erhalten.

Und der Name Salt? Wie gut passt der zu einer Telekomfirma?
Das ist ein alter Streit. Meistens hagelt es ja bei einem neuen Namen Kritik. Und sicherlich ist ein guter Name wichtig. Entscheidend sind aber die Inhalte, ob man jetzt Salt oder Sugar oder irgendwas heisst. Ich kenne die genauen Umstände der Auswahl nicht. Aber Salz ist ein positiver Begriff, man denke etwa an «das Salz in der Suppe». Salt steht für das gewisse Etwas. Zudem symbolisiert Salz Einfachheit, das Essentielle. Das steht ziemlich im Einklang mit den Markenwerten. Schlecht ist der Name also nicht. Ausserdem muss man immer etwas finden, das noch nicht besetzt ist.

Orange startete ja 1999 mit TV-Spots in Salzseen. Könnte der Name etwas damit zu tun haben?
Das ist wohl eher Zufall. Ich glaube nicht, dass das Publikum diesen Bogen macht und sich an unsere damalige Kampagne erinnert. Und ich denke auch nicht, dass Salt will, dass sich die Leute auf diese Weise an Orange erinnert fühlen.

Und was sagen Sie zur Typografie des neuen Logos?
Mit der Reduktion auf Schwarz-Weiss gelingt eine stärkere Abgrenzung zu den farbigen Logos der Konkurrenten wie Sunrise, Cablecom oder Swisscom. Die leicht moderne Serifenschrift bringt zudem eine gewisse Klasse zum Ausdruck.

Dazu kommt der Punkt am Schluss. Oder ist das bloss eine Marotte aus der Werbeindustrie?
Das ist keine Marotte. Es geht darum, ein Statement zu machen und dahinter kommt ein Punkt. Das wird in der Werbung schon länger so gelehrt. Der Punkt ist ein schönes Detail im neuen Logo, weil es zeigt, wie wichtig Kleinigkeiten sein können. Die meisten Leute werden aber kaum gross darüber nachdenken.

Das tönt alles sehr positiv. Kann man denn bei Orange schon sagen, wie das Rebranding herauskommen wird?
Nein, aber die Chancen stehen sehr gut. Bei Orange wurde ein hoch professioneller Job gemacht und für mich gibt es absolut nichts zu kritisieren. Was bisher zu sehen war, ist wirklich vielversprechend.

*Frank Bodin ist Chairman und CEO der Werbeagentur Havas Worldwide Zürich/Genève. Bodin erhielt unzählige Auszeichnungen an internationalen Wettbewerben und war 2009 Werber des Jahres. 1999 war er an der Lancierungskampagne von Orange in der Schweiz beteiligt.