An der Baselworld glitzern die kostbarsten Uhren in meterlangen Vitrinen, schöne Hostessen tragen Diamantencolliers im Wert von Millionen am Dekolleté. Doch der Luxus am weltweit wichtigsten Branchentreff der Uhren- und Schmuckindustrie wird am ersten Tag überschattet von den Exportzahlen: Im Februar gingen die Ausfuhren der Schweizer Uhrenbauer um 2 Prozent zurück.

Diese Monatsangaben tragen erstmals den Folgen des Frankenschocks Rechnung. Experten erwarten, dass die Baselworld die Richtung für das Jahr vorgibt. Womit rechnen Schweizer Uhrenbauer?

«Die Folgen des starken Franken spüren wir ganz klar», sagt Alain Spinedi, Chef des Traditionshauses Louis Erard mit Sitz in Le Noirmont. Er teilt damit den Eindruck vieler seiner Kollegen unter den Uhrenherstellern im mittleren Preissegment. Es geht ihnen dabei ähnlich wie den grossen Konkurrenten: Die Swatch-Töchter Omega und Certina etwa mussten ihre Euro-Preise korrigieren.

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«Die Kunden überlegen sich zweimal, ob sie kaufen»

Noch stärkere Auswirkung als der starke Franken hat laut Spinedi allerdings der schwache Rubel:  «Wenn eine Uhr statt 50'000 Rubel plötzlich 70'000 Rubel kostet, überlegen sich die Kunden zweimal, ob sie kaufen.»

Insgesamt gibt sich Spinedi dennoch optimistisch. Die Baselworld, die rund ein Viertel seiner Verkäufe ausmacht, ist für ihn noch wichtiger als in anderen Jahren. «In der derzeitigen Lage suchen einige Käufer Alternativen im mittleren Preissegment», sagt Spinedi. Louis Erard bietet Zeitmesser im Wert von 300 Euro bis 13'000 Euro. «Darum erhoffe ich mir mehr Abschlüsse als in den Jahren zuvor.»

Erster Auftritt an der Baselworld

Für Uhrenbauer Albert Riele und die günstigere Bruderfirma Bergstern ist es der erste Auftritt an der Baselworld. Polnische Investoren haben die Schweizer Marken vor einigen Jahren übernommen und erhoffen sich Wachstum für beide Häuser. Die Messe ist ein entscheidender Moment.

«Der plötzliche Preisanstieg durch den starken Franken hat uns getroffen, weil wir sehr auf Europa konzentriert sind», sagt Michal Stawecki, Marketingchef von R2 Trade, den Besitzern von Albert Riele und Bergstern. «Wir haben darum an der Baselworld viele Gespräche mit Partnern aus anderen Ländern vereinbart.»

Grosses Potenzial im Iran und in Indien

Künftig will sich das Haus neben dem Europageschäft etwa auf Verkäufe im Iran, in Jordanien und Indien konzentrieren. «Wir sehen grosses Potenzial in diesen Märkten», sagt Stawecki. Vor allem Indien haben immer mehr Uhrenbauer im Blick – sie erhoffen sich Zuwächse durch Kunden in der oberen Mittelschicht.

Seine Preise hat Alber Riel allerdings nicht in Folge des starken Franken angepasst, sondern um der Nachfrage der Kunden zu entsprechen. Die Marke hatte bei der Übernahme durch R2 Trade Uhren bis 1000 Euro im Segment. Stawecki sagt: «Da wir feststellten, dass sich die teursten Uhren am besten verkauften, haben wir unser Sortiment angepasst.» Damit deckt sich die Erfahrung mit den Branchenzahlen: Am meisten wuchs 2014 der Verkauf von Uhren bis 200 Franken und über 3000 Franken. Albert Riel bietet jetzt Uhren für bis zu 4000 Franken an, und erhofft sich weiteres Wachstum. «Ob das klappt, wird die Baselworld zeigen.»

«Grosse Erwartungen in diesem Jahr»

Was die künftigen Verkäufe betrifft, gibt sich der Genfer Uhrenbauer Frederique Constant rundum optimistisch. «Wir haben grosse Erwartungen für dieses Jahr», sagt Verkaufsleiter Jan Jaap Webster. Bereits im Jahr zuvor ist die Firma um 16.8 Prozent gewachsen, und lag damit über dem Markt.

In Hongkong – dem derzeit problematischsten Markt für Schweizer Uhrenbauer – kämpft allerdings auch Frederique Constant. «Unsere Verkäufe dort stagnieren», so Webster. Das ist noch eine vergleichsweise positive Entwicklung: Die Exporte der Eidgenossen dorthin sind Februar um 22 Prozent gesunken, die Schwierigkeiten in der Region halten damit an.

Punkten mit der Smartwatch

Die Baselworld ist für Frederique Constant wichtig, aber nicht entscheidend: Rund ein Siebtel der Verkäufe realisiert das Unternehmen am Branchentreff.

Viel verspricht sich der unabhängige Uhrenbauer von seiner Smartwatch. Als einer der ersten Schweizer hat er bereits im Vorfeld sein Modell mit Fitness-Tracking-Funktionen vorgestellt. Ein bedeutsames Geschäftsfeld, so Webster. «Wir gehen davon aus, dass in spätestens fünf Jahren zwischen 30 und 50 Prozent der Quartzuhren connected sein werden. Daran möchten wir Anteil haben und versprechen uns davon ein Wachstum, so dass wir den meisten Marken um ein Jahr Voraus sind.»