Die Empfangsdame weiss zunächst nicht, wer gemeint ist. «Okairos?», fragt sie und durchsucht die Liste der Mieter des Bürozentrums OBC Basel. Das Biotech-Unternehmen Okairos hat sich hier eingemietet, nahe dem Hauptbahnhof. Die Reaktion der Empfangsdame zeigt: Die Firmenzentrale ist weitgehend unbekannt.

Auch wenn die Aussenwirkung von Okairos bescheiden ist, branchenintern haben die Schweizer Impfstoff-Forscher viel Aufmerksamkeit erfahren. Die Ebola-Epidemie mit bisher über 1000 Toten stellt das Schweizer Start-up in den Fokus: Ihr Impfstoff gegen die Seuche soll noch dieses Jahr in die klinische Testphase gehen, wie der britische Mutterkonzern GlaxoSmithKline bestätigt. Bisher gibt es weder Medikamente noch Impfungen gegen die Krankheit.

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Ebola-Forschung war lange ein Randprojekt

Auch für Okairos war die Ebola-Forschung lange eher ein Randprojekt. Das Unternehmen wurde 2007 mit rund 30 Mitarbeitern gegründet und 2012 vom führenden Branchenmagazin «Fierce Biotech» unter die 15 hoffnungsvollsten Privatfirmen weltweit gewählt. Ein Jahr später griff der britische Pharmariese GlaxoSmithKline (GSK) zu und kaufte das Unternehmen für umgerechnet 300 Millionen Franken. Im Fokus bei der Übernahme stand die Forschung an weit verbreiteten Infektionskrankheiten wie Malaria, der Grippe, HIV und Hepatitis C.

Okairos sei bei Impfstoffen mit vielversprechendem genetischen Ansatz «mit der Entwicklung am weitesten vorangeschritten und näher an der Zulassung als andere», sagte Emmanuel Hanon, Leiter der Impfstoff-Forschung bei GSK, nach dem Kauf gegenüber dem «Wall Street Journal».

Mit der Übernahme erwarb GSK auch die Ebola-Forschung – und ist damit der einzige Pharmariese, der ein solches Projekt verfolgt, in Zusammenarbeit mit der US-Gesundheitsbehörde Niaid. «Wir haben mit der Forschung an einem Ebola-Impfstoff begonnen, weil vorausgehende Studien zeigten, dass unser Ansatz effektiver sein könnte als andere», so Okairos-Mitgründer Riccardo Cortese. Es sei dabei immer mehr um die wissenschaftliche Herausforderung gegangen und die Aussicht, den derart aggressiven Virus bekämpfen zu können. «Einen grossen kommerziellen Erfolg haben wir nicht erwartet.»

500'000 Euro für die Forschung in fünf Jahren

Die Ebola-Forschung ist nach wie vor ein Stiefkind der Branche, zu gering waren bisher die Ansteckungszahlen und zu gering die Aussichten auf kommerziellen Erfolg eines Mittels. Auch wenn laut WHO in den vergangenen zehn Jahren gute Fortschritte erzielt wurden, hängen die meisten Projekte an den entscheidenen Tests am Menschen. Am stärksten investieren noch die US-Gesundheitsbehörden – sie fürchten, der aggressive Virus könnte als biologische Waffe bei einem Terror-Anschlag eingesetzt werden.

Die Höhe der Forschungsgelder ist entscheidend dafür, wie schnell der Impfstoff entwickelt wird. «Ich sage das nicht gerne, aber es hängt von der finanziellen Unterstützung für die kleinen Firmen ab, die diese Impfstoffe entwickeln», sagte Virologe Thomas Geisbert dazu gegenüber der Fachzeitschrift «Scientific American». Der Wissenschaftler forscht an der Universität von Texas an dem Virus.

Bescheiden waren auch die Mittel, die Okairos in die Ebola-Forschung steckte: Ungefähr 500'000 Euro hat das Start-up in der Zeit von 2008 bis 2013 investiert, wobei noch Gelder von anderen Projektteilhabern in die Forschung flossen. Nicht viel, wie Firmengründer Cortese selbst sagt. Die Summe war nur ein Bruchteil der Mittel des Konzerns. «Und doch hoffen wir, die Krankheit bekämpfen zu können.»

Neue Prioritäten der Pharmakonzerne

Jetzt ändert sich die Prioritätenliste der Pharmakonzerne. Die US-Zulassungsbehörde FDA setzte das Okairos-Mittel vergangene Woche auf «Fast Track», wie die «Handelszeitung» berichtete. Das bedeutet, dass die Entwicklung eines Medikamentes eilt, weil es gegen die entsprechende Krankheit weder Prävention noch Heilmittel gibt. GSK hat mittlerweile bestätigt, dass man angesichts des historisch schwersten Ausbruchs der Seuche gemeinsam mit Niaid daran arbeite, die Entwicklung des Impfstoffs zu beschleunigen. Wann der Impfstoff zur Verfügung stehen könnte, da will sich GSK jedoch nicht festlegen.

Auch das Medikament vom kanadischen Konkurrenten Tekmira wurde kurz darauf zurück auf den Eilstatus «Fast Track» gesetzt. Sicherheitsbedenken hatten die US-Behörde den Prozess im Juli zwischenzeitlich stoppen lassen. Tekmira war im Mai das erste Unternehmen gewesen, dessen Forschung für dringend erklärt wurde.

Tekmiras Beispiel zeigt, dass die Ebola-Forschung derzeit von ihrem Nischendasein erlöst ist: Der Kurs des Unternehmens stieg am selben Tag, an dem dessen Ebola-Forschung aufgewertet wurde, um 45 Prozent.