«Für die Verbandsspitze war das ein Schock», sagt ein Vorstandsmitglied von Economiesuisse. Auslöser war der im April vom Bundesrat gefällte Entscheid, die Ventilklausel anzurufen. Damit will die Regierung die Zuwanderung aus der EU einschränken. Economiesuisse hat sich strikte dagegen ausgesprochen. Gewarnt wurde davor, dass sich der Fachkräftemangel verschärfen könnte. Die Warnungen fruchteten nichts, ja der Bundesrat ging gar nicht erst auf eine Diskussion mit Economiesuisse ein.

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Vor den Kopf gestossen fühlte sich manches Vorstandsmitglied auch von FDP-Bundesrat Johann Schneider-Ammann; selbst der Wirtschaftsminister befürwortete die Anrufung der Ventilklausel. Dabei war Schneider-Ammann einst Unternehmer – und Vizepräsident von Economiesuisse. Zudem wurde er 2010 von Gerold Bührer empfohlen für das Bundesratsamt – Bührer war damals Präsident des Wirtschaftsdachverbands.

«Da war auch dem Hintersten klar, dass wir politisch nur noch ein Leichtgewicht sind», meint ein anderes Vorstandsmitglied. Seither wird auf höchster Verbandsstufe diskutiert, wie man Ansehen und Durchsetzungskraft zurückgewinnen könne. Kaum in die Gespräche involviert ist Präsident Rudolf Wehrli. Seit der Minder-Abstimmung habe er sich zurückgezogen, auch sein Selbstverständnis sei erschüttert. Die Führung des 66-köpfigen Vorstands liege nun bei den Vizepräsidenten Hans Hess, Christoph Mäder und Patrick Odier. Wehrli hat gerüchteweise seinen Rücktritt angeboten – nach nur einem Jahr als Präsident.

Sein Rücktritt käme manchem Vorstandsmitglied gelegen. Am liebsten sähe man Hans Hess im Sattel. Schon bei der letzten Präsidentenwahl stand sein Name auf der Kandidatenliste, doch er lehnte ab. Vor zwei Monaten meinte Hess gegenüber BILANZ: «Ich bin durch und durch ein Industrieller, zudem erst zwei Jahre und sehr gerne Präsident von Swissmem.» Präsident der Economiesuisse aber, das ist immer eine Nummer grösser. Hess dürfte seine Meinung ändern – falls sich bei Swissmem ein Nachfolger finden liesse. «Zu personellen Gerüchten nehme ich keine Stellung», meint er nur. Hinter dieselbe Floskel duckt sich auch Economiesuisse-Direktor Pascal Gentinetta.

Beim Branchenverband der Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie könnte einer der Vizepräsidenten, Christoph Lindenmeyer oder Aleardo Cattaneo, nachrücken. Die besseren Chancen werden Lindenmeyer eingeräumt. Er ist CEO bei Schindler Aufzüge und seit kurzem Präsident bei der Ammann Group.

Die nächste Jahresversammlung der Economiesuisse, der «Tag der Wirtschaft», wird am 30. August in Lausanne über die Bühne gehen. Spätestens dann stellt sich heraus, ob Rudolf Wehrli abgibt – und wer in seine Fussstapfen tritt.