Doch selbst wenn sich die Weltwirtschaft in der schlimmsten Rezession seit 80 Jahren befindet, so erwarten auch die ärgsten Schwarzmaler derzeit nicht eine vergleichbare Depression.

Besonders in der Schweiz scheint noch immer Gelassenheit zu herrschen. Verwüstungen von Bankiersvillen, wie sie der verhasste Fred Goodwin, Ex-Chef der Royal Bank of Scotland, in Grossbritannien erleben musste, oder die Geiselnahme von Managern, wie sie unlängst durch aufgeheizte Arbeiter in Grenoble passierte, sind hierzulande kaum zu befürchten. Der Grossteil der kleinen und mittelgrossen Firmen ist solide finanziert und hat eine starke Stellung am Weltmarkt, und die Sterne von Weltkonzernen wie Novartis, Roche, ABB oder Nestlé leuchten weiterhin hell.

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Doch Entwarnung ist fehl am Platz. Die Jobangst hat auch die Schweiz erfasst, wie unsere Titelgeschichte zeigt (siehe rechts). Neben der gebeutelten Finanzindustrie sind jetzt auch die chemische Industrie, die Reisebranche und die Autozulieferer stark betroffen. Und das ist sicher noch nicht alles: Jeder Grosskonzern durchforstet seine Abteilungen nach unproduktiven Stabsstellen, und neue Chefs – wie bei UBS oder Swiss Re – bedeuten für jeden Mitarbeiter einen Neustart mit ungewissem Ausgang.

Das Staatssekretariat für Wirtschaft prognostiziert für 2010 eine Arbeitslosenquote von 5,2 Prozent. Darum würden uns unsere Nachbarn noch immer beneiden: Im EU-Raum dürfte die Quote dann mindestens doppelt so hoch sein. Doch es wäre ein Rekordwert für die Schweiz, und zudem haben sich zuletzt fast alle Prognosen als zu optimistisch erwiesen. Und schliesslich: Die Arbeitslosenzahl ist immer dann am höchsten, wenn die Wirtschaft schon wieder anzieht – und dieser Zeitpunkt ist noch weit entfernt.

Es lasse sich also niemand täuschen von den fehlenden Schlangen vor den Arbeitsämtern. Heute sind die typischen Arbeitslosen Hochqualifizierte, die um vier Uhr nachmittags vor dem Fernseher sitzen. Und deren Zahl wird auch in der Schweiz steigen.

Dirk Schütz
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