Einige Spritzer mag Brady Dougan, der amerikanische Chef der Credit Suisse mit Wohnsitz in Erlenbach, zwar schon abbekommen haben. Doch zwei Zahlen belegen so deutlich wie keine anderen den Unterschied zum ewigen Rivalen UBS: Die Credit Suisse hat gerade mal 2 Milliarden Dollar in Subprime-Produkte investiert, bei der UBS waren es fast 40 Milliarden. Dass der 48-Jährige, der vor seinem Arbeitsbeginn um 5.30 Uhr gern noch eine halbe Stunde laufen geht, da cool bleibt, ist verständlich (Seite 30). Jedoch: Vor dem Ausverkauf an den Börsen schützte das die CS-Aktie nicht. Zu gross ist die Unsicherheit.

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Doch nicht nur im Anlageverhalten bietet diesmal der kleinere Rivale seinem langjährigen Vorbild Anschauungsunterricht. Gross ist die Entrüstung, dass mit dem Singapurer Staatsfonds GIC ein Investor aus einem autokratischen Staat zum grössten Einzelaktionär der UBS aufsteigt. Nur zur Erinnerung: Bei der Credit Suisse ist seit Jahren die Olayan Group ein bedeutender Aktionär, und dessen Heimatstaat Saudi-Arabien hat sich kaum als demokratisches Musterland hervorgetan. Die Zusammenarbeit mit den Herren aus dem Mittleren Osten läuft reibungslos. Denn auch Investoren aus autoritären Regimen wollen vor allem eines: eine attraktive Rendite. Der Vorwurf mangelnder Transparenz ist nur wenig überzeugend. Hedge Funds oder Private-Equity-Gesellschaften aus unseren Breitengraden zeichnen sich kaum durch grössere Offenheit aus. Und von der Gefahr politischer Einflussnahme wird bisher nur geredet. Noch ist kein Fall bekannt, und es ist auffällig, wie willfährig die neuen Grossaktionäre auf Einsitznahme in den Verwaltungsräten verzichten, um sich keinen falschen Verdächtigungen auszusetzen. Für die Grossinvestoren aus China, Singapur oder dem Mittleren Osten gilt deshalb: Statt sie argwöhnisch zu beäugen, sollte man ihnen dankbar sein. Denn mit ihren Kapitalspritzen in gebeutelte Finanzkonzerne wie Citigroup, Merrill Lynch, Morgan Stanley oder eben die UBS stützen sie das Finanzsystem in einer der schwierigsten Phasen seit Jahrzehnten. Und wenn der Rauch verzogen ist, wird sich auch an den Finanzplätzen in New York, London oder Zürich widerspiegeln, was in der Realwirtschaft längst Realität ist: Der Schwerpunkt der Weltwirtschaft hat sich nach Asien verlagert.

Noch weiss jedoch niemand, ob die Krise sich dem Ende nähert oder bloss dem Ende vom Anfang. Wie hilflos die Akteure zwangsläufig sein müssen, zeigen schon die Bewertungsinstrumente. Die unschöne Wahrheit ist: Wenn die Finanzgiganten in diesen Tagen ihre Zahlen für den Jahresabschluss testieren, können sie für die hochkomplexen und häufig potenziell wertlosen Papiere in ihren Büchern auf kein einheitliches System zurückgreifen. Für die Subprime-Positionen etwa verwenden manche Banken den ABX Index, andere arbeiten mit eigenen Modellen. Gleiches gilt für weitere gefährdete Anlageklassen. Das heisst: Nicht einmal die Abschreibungen sind vergleichbar. «Die Krise verläuft so, wie wenn eine tektonische Platte nach der anderen ins Rutschen geriete», betont Konrad Hummler, weitsichtiger Teilhaber der Privatbank Wegelin (Seite 82). «Da glaubt man, man stehe endlich auf solidem Granit, und Wochen später gerät auch dieser ins Rutschen.»

Dirk Schütz, Chefredaktor BILANZ

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