Fast 13% hat das Life-Science-Unternehmen Lonza seit Anfang Jahr an der Börse zugelegt. Der Leitindex SMI hingegen hat mehr als 3% abgegeben, Pharmafirmen wie Roche und Novartis sind im gleichen Zeitraum gar um 10% bzw. beinahe 20% eingebrochen. Trotz der Kurssteigerung von Lonza empfehlen die meisten Analysten die Aktie weiter zum Kauf.
Kein Wunder: Das Unternehmen ist innerhalb des ohnehin zukunftsträchtigen Life-Science-Sektors gut aufgestellt. Besondere Hoffnungen ruhen auf dem Bereich Exklusivsynthese und Biopharmazeutika, der mit 1538 Mio Fr. (2008) den Umsatz leicht vor Life Science Ingredients mit 1354 Mio Fr. dominiert. In Letzterem werden noch klassische Chemieprodukte wie Nahrungsmittelzusätze und Desinfektionsmittel hergestellt.
Im Bereich Exklusivsynthese und Biopharmazeutika produziert Lonza Wirkstoffe für die weltweit wichtigsten Pharma- und Biotechunternehmen. Die Ebit-Marge liegt bei 18,5%. Laut Helvea-Analyst Martin Flückiger ist Lonza hier in mehreren Gebieten weltweit führend: So bei den Säugetierzellkulturen, der mikrobiellen Fermentation (über Pilze und Bakterien) und bei den Biopharma Services (der Bereitstellung von Produktionstechnik im Biotechbereich) und bei der Kundensynthese für pharmazeutische Wirkstoffe. Bei biotechnologischen Wirkstoffen für Kunden ist Lonza mit einem Marktanteil von 35% Weltspitze.
Ein neuer, wegweisender Vertrag
Die langfristigen Wachstumsaussichten von Lonza beruhen auf diesem Bereich. Bis 2013 will die Firma den Betriebsgewinn um durchschnittlich 15 bis 20% jährlich steigern. Im laufenden Jahr wird das Wachstum gemäss Lonza allerdings tiefer ausfallen.
Erst Ende Mai konnte Lonza den jüngsten Erfolg vermelden: Ein grosses, ungenanntes Pharmaunternehmen - Insider vermuten Roche - hat mit Lonza einen Vertrag zur Verwendung der Mikroreaktor-Technologie (MRT) abgeschlossen. Die von Lonza selbst entwickelten Mikroreaktoren ermöglichen die Produktion von Wirkstoffen für klinische Versuche wie auch für die Grossproduktion. Den Lonza-Umsatz beeinflusst der Deal zwar nur unwesentlich - doch steht er beispielhaft für das Innovationspotenzial des Unternehmens.
Überrascht hat Lonza auch mit dem im Januar bekannt gewordenen Joint Venture mit der israelischen Teva, dem weltweit führenden Generikahersteller. Hier steigt das Basler Unternehmen in einen neuen und potenziell ebenfalls zukunftsträchtigen Markt ein: Geplant ist die Entwicklung und spätere Produktion von Biosimilars. Dabei handelt es sich um Nachahmerprodukte von Biotechmedikamenten, die eine ähnliche Bedeutung erlangen könnten wie Generika bei herkömmlichen Medikamenten.
Potenzial bei den Peptiden
Grosses Potenzial schlummert auch im Bereich der Peptide, die zum Bereich der Exklusivsynthese zählen. Bei diesen Eiweissgrundstoffen für Medikamente hat Lonza zwar 2008 noch draufgelegt, doch der Vergleich mit der Peptid-Spezialistin Bachem zeigt, was möglich ist. Die Ebit-Marge beläuft sich da auf 36% und Bachem rechnet mit einem jährlichen Wachstum von 8 bis 10%. Laut Analyst Martin Flückiger von Helvea werden sich die Margen bei Lonza allerdings nicht auf diesem Niveau bewegen.
Allerdings hat Lonza gemäss der Bank Sarasin für die Bereitstellung von Produktionsanlagen seit 1998 kumuliert 2 Mrd Fr. weltweit investiert. Das grösste Risiko für das Unternehmen besteht daher in einer tiefen Auslastung. Tatsächlich ist diese seit 2007 ständig zurückgegangen.
Kein Wunder, sucht Lonza nach Wegen, die Pharmakunden noch stärker an sich zu binden. Lonza verspricht sich deshalb viel von umfassenden Pipeline-Angeboten. Das Unternehmen bietet hier einem Pharmaunternehmen gleich das vollständige Outsourcing der Pipeline-Produktion eines Wirkstoffs an: Von der Entwicklungsphase über die Marktzulassung bis zum Patentablauf. Mit Novartis wurde noch im letzten Jahr ein erstes solches Abkommen getroffen. Weitere sollen laut Lonza folgen. Doch auch damit hängt das Basler Unternehmen, das einst noch zur Chemiebranche zählte, immer mehr am Schicksal von Big Pharma und deren Produkten.