Die US-Firma Hyperloop Transportation Technologies (HTT) verwirklicht in Kalifornien das, was der Tesla-Gründer Elon Musk vor zwei Jahren skizziert hat: Ein zugähnliches Transportsystem, bei dem Kapseln mit bis zu 1200 Stundenkilometern von San Francisco nach Los Angeles flitzen. Der Superzug wäre damit das schnellste Massentransportmittel der Welt, doppelt so schnell wie die japanische Magnetschwebebahn Maglev, die im April auf einer Teststrecke die Marke von 600 Kilometern pro Stunde durchbrochen hat.

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Konkret sieht der Vorschlag Stahlröhren auf Stelzen vor, in denen Kapseln für jeweils bis zu 28 Passagiere sausen. Die enormen Geschwindigkeiten sind nur innerhalb eines Fast-Vakuums möglich, sonst wäre der Luftwiderstand zu gross.

Vekselberg an Bord

Um diese zentrale Herausforderung zu meistern, ist die US-Firma Hyperloop eine Partnerschaft mit einer Tochter des Schweizer Industriekonzerns OC Oerlikon eingegangen. Sechs Mitarbeiter von Oerlikon Leybold Vacuum sind für das Projekt abgestellt. Sie unterstützen die US-Firma mit ihrer Expertise, berechnen zum Beispiel die Luftverdrängung der Kapseln bei verschiedenen Geschwindigkeiten, ermitteln, wie tief der Druck im Röhrensystem sein muss, damit der Zug auf einem feinen Luftfilm optimal gleiten kann. Oder beschäftigen sich mit Fragen wie: Welche Vakuumpumpen braucht es, um einen gewissen Unterdruck zu erzeugen? Wie kann das Vakuum stabil gehalten werden? Wie wird der Kabinendruck aufrechterhalten und die Luftzufuhr zum Zug sichergestellt, wenn rundherum ein Teilvakuum herrscht?

Die Vakuum-Tochter des von Viktor Vekselberg kontrollierten Konzerns liefert für dieses Projekt vorerst keine Ausrüstung in die USA. Sollte der Superzug aber die Projektphase überstehen, hofft Oerlikon auf Folgeaufträge, wie Carl Brockmeyer, Leiter der Unternehmensentwicklung, sagt. Ausserdem erhält die Oerlikon-Tochter pro geleisteter Arbeitsstunde eine Aktienoption für das US-Unternehmen, das im nächsten Jahr an die Börse gehen will.

CERN als Blaupause

Brockmeyer bezeichnet die Erfolgsaussichten des ambitiösen Projektes als «durchaus realistisch». Technisch gesehen sei es «kein Problem», ein Vakuum zu erzeugen, um Kapseln mit Schallgeschwindigkeit durch eine Stahlröhre zu schiessen. Die eigentliche Herausforderung bestünde darin, die Kosten tief zu halten, den Energieverbrauch zu optimieren und den Materialeinsatz sowie -verschleiss möglichst klein zu halten. Zudem muss die Sicherheit der Passagiere gewährleistet sein.

Rein vakuumtechnisch gesehen habe die Oerlikon-Tochter schon weitaus schwierigere Projekte stemmen müssen. Im CERN, dem Genfer Forschungszentrum für Teilchenphysik, habe die Firma ein 27 Kilometer langes Ultrahochvakuum geschaffen. Im Vergleich dazu sei das erforderliche Vakuum in den Röhren, durch die der Superzug rasen soll, wesentlich niedriger, und damit einfacher zu realisieren und stabil zu halten. Dennoch: Die Technologiepartnerschaft mit dem CERN ist eine Blaupause für die Zusammenarbeit mit Hyperloop. «Wir waren bereits früh Technologiepartner, als die Realisierung und der Erfolg des Projektes noch in den Sternen stand», sagt Brockmeyer. Seither arbeitet Oerlikon immer wieder eng mit den Genfer Forschern zusammen.

Politische Hürden

Dieselbe Erfolgsstory verbindet das Unternehmen mit dem weltgrössten Spiegelteleskop Gran Telescopio Canarias – kurz Grantecan. Der Spiegel, zusammengesetzt aus 36 Komponenten und Sensoren, verwendet Technologie von Oerlikon Vacuum. 1998 hatte ein Astrophysiker die Idee, ein riesiges Spiegelteleskop zu bauen. Manche bezeichneten das Vorhaben als verrückt. Elf Jahre später nahm es den Betrieb auf.

Ob dereinst aber tatsächlich ein Superzug mit Oerlikon-Wissen und Oerlikon-Technik mit Schallgeschwindigkeit von San Francisco nach Los Angeles düst, wie von Elon Musk erdacht, sei noch nicht klar, ergänzt Brockmeyer. Letztlich sei es nicht nur eine Frage der technischen Realisierbarkeit und der Kosten. Die Kalifornier müssen den Bau auch noch durchwinken: Es gibt Gesetze, Verordnungen, Fristen, Einsprachen. Diese Aspekte könnten die Realisation des Projektes in den USA verzögern. Oder sogar verunmöglichen.

Interesse aus China

Offenbar haben aber bereits mehr als 20 andere Interessenten an die Tür von Hyperloop geklopft, wie Brockmeyer sagt. Statt zwischen zwei US-Metropolen könnte der schnellste Zug der Welt bald durch die Vereinigten Arabischen Emirate oder China düsen. Ähnliches kennt man bereits aus Deutschland: Mit 400 Kilometern pro Stunde sollte eine Magnetschwebebahn von Berlin nach Hamburg düsen. Milliarden wurden in das Vorhaben gesteckt. Realisiert wurde die Hochgeschwindigkeitsstrecke letztlich zwischen Schanghai und Peking.

Im nächsten Jahr beginnt Hyperloop jedenfalls mit dem Bau der acht Kilometer langen Teststrecke in Kalifornien. 2018 sollen erstmals Personen befördert werden. Über 400 Ingenieure aus mehr als 21 Ländern arbeiten mittlerweile für die Realisierung von Elon Musks Vision. Alle haben dasselbe Arrangement wie OC Oerlikon getroffen: Statt Geld gibt es Aktienoptionen für das Projekt.