Seitdem der Austritt Grossbrittanniens aus der Europäischen Union beschlossene Sache ist, buhlen Paris, Dublin und Frankfurt um die Mitarbeiter der Grossbanken in London. Der Wegzug aus London wird für viele Finanzinstitute nötig, weil sie nach geltendem Recht keine Produkte mehr in die 27 EU-Länder vertreiben können, sobald der Austritt Grossbritanniens aus der Europäischen Union vollzogen ist.

Seit dem Brexit-Votum tröpfeln immer wieder Nachrichten über Jobverlagerungen weg aus London. Die Finanznachrichtenagentur Bloomberg hat alle diese Bewegungen zusammengefasst. Dabei zeigt sich: Frankfurt ist bisher der grosse Gewinner und auf dem Weg zur neuen Finanzmetropole Europas. Wie Bloomberg berichtet, haben sich bereits die US-Investmentbank Morgan Stanley, die US-Grossbank Citigroup, die britische Grossbank Standard Chartered und die japanische Investmentbank Nomura Holdings dafür entschieden, die Grossstadt am Main als neuen Hub für ihre Europa-Aktivitäten zu wählen.

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UBS erwägt Frankfurt als EU-Standort

Nach Informationen aus Finanzkreisen ziehen dies auch die US-Investmentbank Goldman Sachs sowie die UBS in Betracht. Das Institut HSBC erwägt hingegen den Umzug nach Paris, während die Bank of America für Dublin plädiert. Wohin die Credit Suisse ihre UK-Banker verschiebt, ist hingegen noch nicht entschieden.

Von der Deutschen Bank wird erwartet, dass sie ihren Hauptstandort in Frankfurt weiter ausbauen wird. Aus London werden laut Bloomberg bis zu 4000 Stellen des grössten deutschen Geldinstitutes abwandern – die Mehrzahl davon wohl nach Frankfurt.

Insgesamt sind nach Bloomberg-Berechnungen bisher für Frankfurt bis zu 3050 Arbeitsplätze zugesagt, 1400 für Paris – darunter die HSBC, die alleine 1000 Jobs an die Seine verlagern will – und 150 für Dublin (siehe Bildergalerie oben).

Mehr als 10'000 Bank-Jobs auf der Kippe

Insgesamt könnte laut Bloomberg London im Zuge des Brexit mehr als 10'000 Bank-Jobs und 20'000 Beschäftigungsverhältnisse im Bereich Finanzdienstleistungen verlieren, weil Kunden bis zu 1,8 Billionen Euro aus der Stadt an der Themse abziehen dürften.

Vom Umzug zahlreicher Londoner Banker kräftig profitieren könnte in den kommenden Jahren hingegen Frankfurt sowie das gesamte Rhein-Main-Gebiet. Nach Schätzungen von Wissenschaftlern der WHU Otto Beisheim School of Management im Auftrag der Finanzplatz-Lobby Frankfurt Main Finance dürfte der Wechsel jedes Bankers, der wegen des Brexit von der Themse an den Main zieht, für bis zu vier Jobs ausserhalb des Finanzsektors sorgen – zum Beispiel im Transportgewerbe, der Baubranche, dem Bildungs- oder dem Gesundheitswesen. In einem ihrer Szenarien halten die Autoren der Studie sogar bis zu 88'000 zusätzliche Jobs in der Region Frankfurt für möglich.