Im am 7. April veröffentlichten Enforcementbericht der Finanzmarktaufsicht Finma wird – wie in solchen Fällen üblich anonymisiert – dem «Effektenhändler X» eine Marktmanipulation mit dem Ziel, Gewinne zu maximieren vorgeworfen. Beim im Bericht erwähnten «Effektenhändler X» handelt es sich um Leonteq, wie das Unternehmen auf Anfrage von «Bilanz» bestätigt.

Leonteq ist ein in Zürich ansässiger Anbieter von strukturierten Produkten, an dem die Raiffeisen-Gruppe 29 Prozent hält. CEO ist Leonteq-Mitgründer Jan Schoch. Die Untersuchung wurde im Oktober 2015 abgeschlossen und erst jetzt veröffentlicht.

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Happige Massnahmen

Die Finma ordnete happige Massnahmen an: Gewinneinziehung im Umfang von knapp 3,2 Millionen Franken sowie Überprüfung der Umsetzung von Massnahmen durch einen Prüfbeauftragten. Die Verfügung der Finma wurde nicht angefochten und ist damit rechtskräftig.

Die von der Finma gerügte Marktmanipulation betrifft ein von Leonteq 2010 entwickeltes strukturiertes Produkt mit dem Namen «Raiffeisen Express Zinspapier Aktien Schweiz CHF 10/2015». Mehrere tausend Raiffeisen-Kunden sollen dem Vernehmen nach das Zinspapier, das einen Kapitalschutz und attraktive Zusatzgewinne versprach, gezeichnet haben.

Ungewöhnlicher Taucher

Es gründete auf einem Korb von vier Aktien und sah vor, den Anlegern einen Coupon auszuzahlen, falls an vorher bestimmten Beobachtungstagen alle vier Aktien über einem vordefinierten Trigger-Level schlossen. 2013 schien das so weit zu sein: Am vorbestimmten Tag, dem 7. Oktober, lagen alle vier Aktien über dem Niveau. Zwölf Franken Coupon pro hundert Franken standen den Kunden in Aussicht. Zumindest bis kurz vor Börsenschluss, als eine Aktie – jene der Zurich – plötzlich stark zu sinken begann und ganz knapp, um 20 Rappen, unter dem Trigger schloss. Damit wurde die Auszahlung nicht fällig.

Der ungewöhnliche Taucher von 2013 blieb den Regulatoren nicht verborgen. Die Finma leitete eine Untersuchung ein und kam zu folgendem Schluss: «In der Schlussauktion eines der Beobachtungstage tätigte X derart umfangreiche Transaktionen in einem der Basiswerte, dass der Kurs des Basiswertes unter das Trigger-Level fiel und den Anlegern der Coupon nicht ausbezahlt werden musste.»

Wirtschaftlich notwendiges Absicherungsgeschäft

Das Unternehmen habe ihre Marktaktivitäten mit wirtschaftlich notwendigen Absicherungsgeschäften begründet. Doch das lässt die Finma nicht gelten: «Die Finma kommt zum Schluss, dass X, um Gewinne zu maximieren, den Kurs des Basiswerts gezielt knapp unterhalb des Trigger Level drückte.» 

Leonteq bestätigt in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber «Bilanz», dass sie im Oktober 2015 «wegen eines Verstosses gegen Marktverhaltensregeln in einer seltenen Marktkonstellation zu einer Zahlung verpflichtet wurde». Diese sei im Jahresabschluss 2015 verbucht worden. «Wir teilen die Einschätzung der Finma nicht in allen Punkten», hält Leonteq ausserdem fest.

«Die Verfügung akzeptiert»

Insbesondere den Vorwurf der Marktmanipulation mit dem Zweck der Gewinnmaximierung habe man im Verfahren ausdrücklich zurückgewiesen. «Jedoch anerkennen wir, dass unser Vorgehen und die damaligen internen Weisungen in der spezifischen Situation unzulänglich waren, und haben daher die Verfügung akzeptiert.»

Die Finma hat in ihrem Bericht nicht nur eine Marktmanipulation, sondern auch ein «mangelndes Risikomanagement» geortet: «Der Effektenhändler hatte kaum Vorkehrungen getroffen, um zu verhindern, dass mit den eigenen Absicherungsgeschäften in der relevanten Schlussauktion das Trigger-Level durchschritten wird.» Man habe seit dem mehrere Jahre zurückliegenden Ereignis «die Abläufe rasch und umfassend optimiert und Mitarbeiterschulungen ausgebaut, um jederzeit regelkonforme Abläufe zu gewährleisten», hält Leonteq fest.

 

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