Die UBS habe systematisch und absichtlich amerikanische Gesetze verletzt und müsse jetzt die Konsequenzen daraus tragen, lautet die amerikanische Position im Streit mit der Grossbank. Die US-Behörden bestehen weiterhin auf der Herausgabe von Kundendaten, am 13. Juli kommt es in Miami zum Prozess, wenn sich die Parteien nicht vorher auf einen teuren aussergerichtlichen Vergleich einigen.
Die UBS warnte in ihrem Quartalsbericht jedoch nicht nur vor allfälligen «substanziellen» Zahlungen, sondern wies auch noch auf etwas anderes hin: Die Steueraffäre in den USA habe das Interesse von Aufsichts- und Steuerbehörden in anderen Ländern geweckt. Die Behörden würden sich auch für die grenzüberschreitenden Tätigkeiten von anderen Banken interessieren.
Verstösse nicht sanktioniert
«Die Rechtsverletzungen der UBS hatten Ursachen, die auch auf andere Banken zutreffen», bestätigt Michael Kunz, unabhängiger Rechtsberater für Compliance im Finanzsektor. So seien etwa die entsprechenden Compliance-Vorschriften nicht eingehalten worden, weil deren Verletzung nicht sanktioniert, sondern über das Bonus-System sogar noch belohnt wurde.
Um in den USA nicht mehr angreifbar zu sein, greifen viele Institute nun zu einem heftigen Gegenmittel: So trennen sich etliche Schweizer Banken rigoros von ihren amerikanischen Kunden. «Damit reagieren die Banken nur auf den unmittelbaren Druck, anstatt ihre gesamte Geschäftspolitik auf die Gesetze in den einzelnen Ländern auszurichten», kritisiert Kunz.
Viele der ausländischen Regulatorien für das Crossborder-Geschäft sind strenger als in der Schweiz. Besonders stark eingeschränkt werden die Tätigkeiten der ausländischen Bankinstitute in den USA und in Deutschland.
Laut Experten gibt es jedoch Unterschiede zwischen der angewandten Praxis der Behörden und dem geltenden Recht der verschiedenen Länder. Deshalb hätten sich die Banken weltweit bisher zu wenig um die Einhaltung von ausländischem Recht gekümmert. Dies bedeutet, dass sich die Private Banker, die im Ausland Kunden betreuen, zum Teil in rechtlichen Grauzonen bewegen. «Diese Grauzonen werden jetzt immer schmaler», so Kunz. Nicht nur die Behörden sind hellhöriger geworden und nehmen das grenzüberschreitende Private Banking verstärkt ins Visier. Auch die Bankinstitute selber wollen aus Angst vor schwerwiegenden Reputationsrisiken einen Verstoss gegen ausländisches Recht vermeiden.
Weitreichende Gesetze
Dies zeigt das Beispiel der Credit Suisse. Die Grossbank hat französische Kunden, die französische Wertpapiere halten, angeschrieben, um ihr Einverständnis zur Offenlegung der Kundennamen zu erhalten - und zwar für den Fall, dass die französische Behörde dies verlangen sollte. Denn nach französischem Recht kann die Behörde dies jederzeit tun.
Ob die Schweizer Banken bei ihren grenzüberschreitenden Tätigkeiten ausländisches Recht beachten, überprüft die Schweizer Aufsichtsbehörde Finma. Sie ist in ihrem Bericht über die Untersuchung des grenzüberschreitenden Geschäfts der UBS mit US-Kunden zum Schluss gekommen, dass die UBS in schwerer Weise gegen das Gewährs- und Organisationserfordernis des Bankengesetzes verstossen hat. Compliance hört also nicht an der Landesgrenze auf.