HSBC Holdings Plc, die grösste europäische Bank gemessen an der Marktkapitalisierung, hat in dieser Woche erklärt, sie erwäge «extreme Lösungen» für einige ihrer Geschäftsbereiche. Royal Bank of Scotland Group Plc reduziert die Mitarbeiteranzahl im US-Handel und zieht sich aus zwei Drittel der Länder, wo sie tätig ist, zurück. JP Morgan Chase & Co. schliesst Filialen, erhöht die Gebühren für gewisse institutionelle Einlagen und sucht nach Wegen, den Handelsbereich zu schrumpfen.
Die zunehmend strengen Kapitalvorschriften in den letzten drei Jahren könnten zur Zerschlagung der Finanzsupermärkte führen, die in dem Jahrzehnt vor der Finanzkrise aufgebaut wurden. Banken, die nicht mehr wie früher in der Lage sind, mit geliehenem Geld möglichst viel von ihrem Geschäft zu finanzieren, haben die Rentabilitätsziele gesenkt und erwägen drastischere Massnahmen, um diese zu erreichen.
Aktiva abgestossen
«Es gibt mittlerweile Diskussionen, dass diese Kapitalanforderungen so hoch sind, dass diese Unternehmen ernsthaft darüber nachdenken, ob sie einige ihrer Gesellschaften ausgliedern sollen, um ihren systemischen Fussabdruck zu verringern», sagte US-Notenbankchefin Janet Yellen gegenüber dem Finanzdienstleistungsausschuss des Repräsentantenhauses. «Und offen gesagt, das ist genau das, was wir sehen wollen.»
Seit der Finanzkrise haben die Banken Aktiva abgestossen, kleinere Einheiten verkauft und Derivate, die mit hohen Kapitalaufschlägen verbunden waren, aufgelöst. Die jüngsten Massnahmen stellen eine Kapitulation dar, bei der viele der grössten Banken ihre Ambitionen, sämtliche Dienstleistungen in allen Regionen anzubieten, aufgeben könnten.
Die Instrumente
Zu den Instrumenten der Aufsichtsbehörden gehörten Mindest- Eigenkapitalquoten, Stresstests und Forderungen, dass mehr Banken-Aktiva leicht in einer Krise zu verkaufen sind. Diese Kombination, zusammen mit flauem Wirtschaftswachstum und niedrigen Handelsniveaus, haben bei zehn der grössten Banken die Eigenkapitalrendite von 17 Prozent im Jahr 2006 auf durchschnittlich 3,3 Prozent im vergangenen Jahr gedrückt.
«Die Banken haben sicherlich erwartet, in welche Richtung es bei den Eigenkapitalrichtlinien gehen wird, jedoch nicht das Ausmass. Das ist der Grund, zusammen mit dem niedrigen Wirtschaftswachstum, warum wir wiederholte Veränderungen bei den Strategien sehen, um die Eigenkapitalrendite zu verbessern», schreibt Jon Peace, Analyst bei Nomura Holdings Inc., in einer E-Mail.
«Sehr viel stärkerer Druck»
Während die Entscheidungen von RBS von sieben Verlustjahren in Folge angetrieben wurden, dürften andere Banken unter Druck stehen abzuspecken, weil die Gewinne den Anforderungen der Investoren nicht genügen. Bank of America Corp. und Citigroup Inc., die beide auf Aktiva von jeweils mehr als 1,8 Billionen Dollar kommen, haben seit der Finanzkrise eine Eigenkapitalrendite von 7 Prozent nicht überschritten.
Die Deutsche Bank AG erwägt Stellenstreichungen, den Abbau von Geschäftsaktivitäten bei der Investmentbank und den Verkauf von Aktiva, einschliesslich der Postbank-Sparte, im Rahmen einer Strategieüberprüfung, berichtete eine informierte Person im vergangenen Monat.
«In 18 bis 36 Monaten wird es bei einer Reihe von Banken sehr viel stärkeren Druck hinsichtlich einer Aufspaltung geben», sagt Gary Parr, Vice Chairman bei Lazard Ltd. im vergangenen Monat in einem Interview mit Bloomberg TV.
Gesamtkapitalrendite gesunken
Der Vorstandsvorsitzende von JP Morgan, Jamie Dimon, der die profitabelste der zehn Banken leitet, hat die stärkste Position gegen eine radikale Veränderung eingenommen. Dimon hat seine Bank gegenüber Anregungen von Analysten in Schutz genommen, dass sie nach einer Aufspaltung mehr wert wäre. Der JP-Morgan-Chef argumentierte, dass die Struktur der Bank das sei, was die Kunden wollen und stellte 18 Milliarden Dollar an zusätzlichen Erträgen und Kosteneinsparungen in Aussicht.
Aber nicht nur die Vorschriften zwingen die Banken, ihre Abhängigkeit von Fremdkapital mit geringer Rentabilität zu reduzieren. Die Gesamtkapitalrendite, eine Rentabilitätsmessgrösse, die angibt, wie viel Gewinn eine Bank für jeden Dollar ihrer Vermögenswerte machen kann, ist ebenfalls gesunken. Bei den zehn grössten europäischen und US-Banken ist der Gewinn je 100 Dollar Vermögenswert in der Bilanz von 81 Cent 2006 auf 22 Cent im letzten Jahr gefallen.
Hohe Fremdkapitalquote
Trotz der Kapitalvorschriften weist das Bankengeschäft verglichen mit anderen Branchen immer noch eine hohe Fremdkapitalquote aus. Das aus diesem Modell resultierende Risiko hat dazu geführt, dass Aufsichtsbehörden sicherstellen wollen, dass Banken in einer Krise abgewickelt werden können.
Erst sah es so aus, als ob die Vorschriften nicht so belastend sein würden. Es gibt nichts im US-Dodd-Frank-Act oder den weltweiten Kapitalvorschriften, was die Banken zu einer Aufspaltung auffordert, erläutert Thomas Hoenig, Vice Chairman bei der US-Einlagenversicherung Federal Deposit Insurance Corp. Das Gesetz besagt, sie sollten in einer Krise abgewickelt werden können, was einige Firmen bewegt, zu
schrumpfen, fügte er hinzu.
Botschaft angekommen
«Wir werden sie nicht zerschlagen, aber wir möchten, dass sie sich restrukturieren, sodass ein Zusammenbruch das nächste Mal nicht die Wirtschaft mit nach unten reisst», sagt Hoenig. «Wenn das mit der gegenwärtigen Organisationsstruktur nicht möglich ist, sollten Aktiva verkauft werden, um dahin zu kommen.»
Diese Botschaft ist mittlerweile angekommen. «Jeder wusste, dass die Eigenkapitalniveaus steigen müssten, aber das Ausmass dessen, was die Aufsichtsbehörden nun plann, übersteigt wohl die Vorstellungen der meisten», sagt Carola Schuler, Co-Leiterin europäische Banken-Ratings bei Moody’s Investors Service. «Diese höheren Eigenkapitalanforderungen könnten auch als Eingeständnis interpretiert werden, dass der Rahmen zur Eindämmung von too- big-to-fail nicht sauber funktioniert.»
(bloomberg/tno)