Senatorin Hillary Clinton greift ein Thema auf, das mit ziemlicher Sicherheit im Zusammenhang mit den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2008 von grosser Bedeutung sein wird. Sie warnt vor der «wirtschaftlichen Verwundbarkeit» der USA aufgrund der hohen Auslandverschuldung.
In Gesprächen im Senat sowie in einem Brief an den Leiter der US-Notenbank, Ben Bernanke, und den US-Finanzminister Henry Paulson sagte Clinton, die Wirtschaftspolitik des republikanischen Präsidenten George W. Bush hätte zu einer «Erosion der wirtschaftlichen Souveränität der Vereinigten Staaten» geführt. Ausserdem sei es «unbestreitbar, dass das exponenzielle Wachstum der Auslandschulden in den vergangenen sechs Jahren unsere wirtschaftliche Stellung unterwandert» habe.
Die Kommentare von Hillary Clinton, der wahrscheinlichen demokratischen Spitzenkandidatin für die Präsidentschaftswahl, zeigen deutlich, dass das wachsende Unbehagen im Zusammenhang mit der Globalisierung und dem freien Handel eines der Hauptthemen im Wahlkampf 2008 sein wird. Schon im vergangenen Jahr gewannen viele demokratische Kandidaten Wahlkämpfe dadurch, dass sie einerseits damit argumentierten, der globale Handel führe zu Jobverlusten und niedrigeren Löhnen. Anderseits warnten sie, der Staat baue zu sehr darauf, den Bedarf im Inland durch Auslandschulden zu decken, und habe ein zu hohes Haushaltsdefizit. Nachdem sich in Umfragen gezeigt hat, dass viele Wähler sich um Jobs und Löhne sorgen, werden sich vermutlich auch die Mitglieder der republikanischen Partei in Zukunft zu diesem Thema äussern.

Auch interessant
 
 
 
 
 
 

Abhängigkeit vom Ausland

Derzeit importieren die USA mehr Güter aus Ländern wie China, als sie selbst dorthin exportieren, was zu einem Handelsdefizit und hohen Auslandsschulden zur Finanzierung der nationalen Investments führt. Ausländische Beteiligungen halten rund 2,2 Billionen Dollar US-Staatsanleihen oder 52% der Verschuldung der öffentlichen Haushalte. Zu Beginn der 90er Jahre unter der Regierung von Bill Clinton waren es erst 20%. Die Vereinigten Staaten setzen auf ausländisches Kapital, weil die Amerikaner nicht genügend sparen, um Investitionen im Inland finanzieren zu können.
An der Frage, wie dieses Problem zu lösen ist, scheiden sich jedoch die Geister. Hillary Clinton schlug in ihrem Schreiben die Einführung einer Benchmark vor, bei deren Überschreitung das Weisse Haus entsprechende Massnahmen ergreifen müsste.

US-Notenbank ist gefordert

Der persönliche Berater der Präsidentschaftskandidatin, Senator Christopher Dodd aus Connecticut, der Vorsitzender des Senate Banking Committees ist, sagte, so etwas könnte die Märkte durcheinander bringen und erfordere umfangreiche Beratungen mit der Notenbank. Ähnliche Bedenken äusserten auch der Berater des demokratischen Kandidaten Senator Barack Obama aus Illinois, sowie einer der führenden republikanischen Ratgeber im Präsidentschaftswahlkampf von Senator John McCain aus Arizona, der den Sinn einer derartigen Benchmark infrage stellte.
Einig sind sich jedoch alle darin, dass die zunehmende Abhängigkeit von ausländischen Investoren für die Vereinigten Staaten riskant ist. Einige raten dazu, durch den Abbau des 248-Mrd-Dollar-Haushaltdefizits Geld im Inland zu sparen, Überschüsse zu erzielen und Geld für absehbare Belastungen wie etwa in der Sozialversicherung zur Seite zu legen.

Öffentlichkeit sensibilisieren

Edwin Truman, in der Clinton-Regierung Staatssekretär im Finanzministerium und heute Senior Fellow im Peter G. Peterson Institut für Internationale Wirtschaft, einem Think Tank, der die Globalisierung befürwortet, sagte, es sei schon richtig, dass Hillary Clinton die Öffentlichkeit für das Thema Auslandschulden sensibilisiere. Er glaube aber nicht, dass es irgendeine «magische Grenze» für staatlichen Handlungsbedarf gäbe. Clinton schrieb in ihrem
Brief, sie habe im vergangenen Jahr Gesetzen zugestimmt, die «eine Warnung vorsehen, wenn die US-Auslandschulden 25%
des Bruttoinlandprodukts übersteigen oder das Handelsdefizit
5% des Bruttoinlandprodukts erreicht».
«Als Aufruf, das gesamte Spektrum makroökonomischer Massnahmen zu überprüfen (…) ist das gut. Wenn sie damit jedoch eine Art finanziellen Protektionismus in Gang setzen möchte nach dem Motto ‹Wir sollten kein Geld mehr ins Land lassen›, dann halte ich das für problematisch», sagte Truman.
Henry Paulson hält Clintons Warnungen für falsch und sagt, die Bereitschaft von ausländischen In-vestoren, US-Staatsanleihen zu kaufen, halte die Zinsen niedrig und sei ein Beweis für die Stärke der amerikanischen Wirtschaft. «Unser wirtschaftliches Schicksal haben wir selbst in der Hand. Wenn wir unser Wirtschaftswachstum beibehalten, werden sie bei uns investieren», sagte Paulson in der ABC-Sendung «This Week».