Wie oft in Krisen besteht rasch Einigkeit, dass sie sich nicht wiederholen dürfen und dass etwas getan werden muss. Dazu ist jedoch eine umfassende Analyse der Ursachen der Krise unabdingbar. Auf internationaler Ebene werden die Bemühungen um eine Lösung im Rahmen des Financial Stability Forums (FSF) koordiniert. Im FSF sind die Finanzminister und Zentralbanken der führenden Industrienationen sowie mehrere internationale Finanzbehörden vertreten. In seinem Bericht zuhanden der Finanzminister der G7-Nationen hat das FSF unter anderem folgenden Handlungsbedarf definiert:

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Verstärkte Überwachung und Management von Kapital, Liquidität und Risiken.

Erhöhung der Transparenz und bessere Bewertungsverfahren.

Änderung der Rolle und der Bedeutung von Kredit-Ratings.

Vorkehrungen, um mit Phasen erhöhten Drucks im Finanzsystem zurechtzukommen.

Das FSF schlägt beispielsweise vor, die Eigenkapitalunterlegung komplexer Finanzinstrumente zu erhöhen. Und um künftige Liquiditätsprobleme im System abzufangen, sollen «Liquiditätspuffer» geschaffen werden, um Schocks besser abzufedern. Zudem soll den Notenbanken neue Instrumente in die Hand gegeben werden. Sie könnten die Möglichkeit erhalten, Geld gegen eine breite Palette von Wertpapieren und über eine grosse Spanne von Laufzeiten in das System einzuschiessen. Zudem ist vorgesehen, dass die Notenbanken rasch auf Liquidität in einer Fremdwährung zugreifen können.

Insgesamt dürften all diese Massnahmen auf eine stärkere Regulierung und Überwachung des Finanzsektors hinauslaufen. Angesichts der Schäden, welche die Krise bisher angerichtet hat, ist das Bedürfnis, die Zügel straffer anzuziehen, verständlich. Aber mehr Regulierung hat auch Nachteile: Eine schon bekannte Folge stärkerer Regulierungen wäre, dass, wie es der Ökonom Nouriel Roubini, Wirtschaftsprofessor an der New York Stern University ausdrückt, eine «Regulierungsarbitrage» entstünde. Aktivitäten würden dann von stark regulierten Institutionen in weniger rigoros regulierte Institutionen ausgelagert. Ein Prozess, der schon den Aufstieg der Hedge-Fonds begünstigt hat und zu einem «Schattenfinanzsystem» (Roubini) geführt hat. Findige Juristen und Finanzingenieure würden auch jetzt wieder bei einer schärferen Regulierung immer neue Konstruktionen entwickeln, um das Regelwerk zu umgehen.

Das grosse Problem bei all diesen Vorschlägen ist jedoch, dass sie an der wirklichen Ursache der Schwierigkeiten vorbeizielen. Und die liegen zum einen darin, dass die Notenbanken zuvor viel zu viel billiges Geld in das System eingeschossen haben, und zum anderen darin, dass das Bankensystem zu viele Möglichkeiten hat, Geld sozusagen aus dem Nichts zu schaffen. Hier würde denn auch Sean Corrigan, Chief Investment Officer bei Diapason Commodities Management, den Hebel ansetzen. «Die Ursachen der heutigen Krise hängen mit der Konstruktion unseres Bankensystems zusammen», analysiert Corrigan. «Im Grunde genommen ist der Kern der Sache der, dass ein Fractional-Reserve-Bankensystem, wie wir es heute kennen, mit einem System freier Märkte inkompatibel ist. Man kann sagen, dieses System wurde den Märkten aufgezwungen», sagt Corrigan. Banken müssten aus seiner Sicht deutlich höhere Eigenmittel halten. Zudem sollten unterschiedliche Funktionen der Banken voneinander abgeschottet werden. Corrigan denkt dabei an folgende Funktionen der Banken:

1. Aufbewahren von Geld, Wertschriften etc. gegen eine Gebühr.

2. Die Abwicklung von Zahlungen inklusive Devisentransaktionen.

3. Fristenkongruentes Ausleihen von Geld. Also ein Kunde gibt der Bank beispielsweise Geld für drei Monate und diese sagt ihm, sie leihe dieses für drei Monate an den Kaufmann XY aus. Damit wäre die Bank ein Intermediär zwischen effektiven Ersparnissen und Nachfragern von Geld. Dieses Geld wäre dann strikte von anderen Kapital-Pools getrennt.

4. Die Banken können mit ihrem eigenen Kapital Spekulationen tätigen und die Kunden daran teilhaben lassen.

Corrigan sieht aber noch in einem weiteren Bereich Handlungsbedarf. So solle die Anreizstruktur für Bank- und Fondsmanager geändert werden. «Dann könnte beispielsweise ein Teil des Gehalts während fünf Jahren auf ein Konto einbezahlt werden. Dieses Geld würde der Manager, nachdem er die Bank respektive den Fonds verlassen hätte, erst Jahre später erhalten und auch nur dann, wenn er kein Chaos hinterlässt», schlägt Corrigan vor. Ziel dieser Massnahme wäre, das langfristige Denken zu fördern und den Sinn für Risiken zu schärfen.

Auch Notenbank in der Kritik

Ein weiterer wichtiger Reformpunkt wäre allerdings auch, dass die Notenbanken im Falle einer Krise weniger bereit wären, einfach neues Geld in das System einzuschiessen. Und die Notenbanken müssten davon abkommen, ihre Geldpolitik nur an eng definierten Indizes für Konsumentenpreise auszurichten. Sie sollten sich auch an den Märkten für Vermögenswerte orientieren und beobachten, ob hier spekulative Blasen entstehen. Das würde dazu führen, dass wahrscheinlich schon zu einem früheren Zeitpunkt die Geldpolitik gestrafft würden und somit künftige Spekulationsblasen nicht mehr die Dimensionen erreichen, die wir gegenwärtig erleben.