Die Anfrage der BILANZ kommt Kirstin Henze, Kommunikationschefin bei Leica Microsystems im deutschen Wetzlar, hörbar ungelegen: «Zu all Ihren Fragen werden wir nichts sagen. Es handelt sich um ein laufendes Verfahren.» Henze spielt den Ball weiter an die Eigentümerin, die Private-Equity-Beteiligungsgesellschaft Permira. Aus der Londoner Filiale tönt es identisch: «No comment.» Leica Microsystems steht zum Verkauf. Doch solange der Deal nicht unterschrieben ist, wird nicht informiert.

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Es ist der nächste Akt in der wechselvollen Leica-Historie. In den Blütejahren beschäftigte die Vorgängerfirma Wild Leitz allein am Hauptsitz in Heerbrugg SG noch 4000 Leute. Dann ging es bergab, in den neunziger Jahren verhökerte Besitzer Stephan Schmidheiny sein industrielles Tafelsilber in drei Etappen: Zuerst trennte sich der Ostschweizer Optik- und Hightechkonzern von der Kameraproduktion, die unter dem Brand Leica Camera 1996 an die Börse ging. Nach kurzem Hoch verpasste die Firma den Trend zur Digitalfotografie und befindet sich nun in böser Schieflage. Dann wurde die Sparte Leica Microsystems für 461 Millionen Euro an Schroder Ventures Europe verkauft und im Permira-Fonds platziert. 1997 übernahm die englische Investment-Firma Investcorp für 450 Millionen Franken die Vermessungsspezialistin Leica Geosystems und verabschiedete sich bereits drei Jahre später wieder anlässlich des Börsengangs. Seit kurzem sorgt hier bekanntlich das Übernahmeangebot der schwedischen Hexagon für viel Gesprächsstoff.

Alle drei Leica-Firmen sind heute voneinander unabhängig. Leica Microsystems sah sich kürzlich genötigt, darauf explizit hinzuweisen. Die negativen Schlagzeilen zur maroden Leica Camera hatten auch Microsystems-Kunden verunsichert. Aufträge wurden storniert, weil man die Leistungs- und Lieferfähigkeit anzweifelte. Genau dies kann man am Hauptsitz in Wetzlar zurzeit überhaupt nicht gebrauchen, soll doch die Braut für den nächsten Bewerber herausgeputzt werden.

An Eigenlob mangelt es auf alle Fälle nicht, präsentiert sich Leica Microsystems doch als «weltweit führender Entwickler und Hersteller von innovativen optischen Hightech-Präzisionssytemen». Tatsächlich zählt Leica zu den «Big Four» der Mikroskopie, gemeinsam mit Nikon, Olympus und Zeiss. Leica Microsystems hat zehn Produktionsstätten, in 19 Ländern Vertriebs- und Servicegesellschaften und erwirtschaftete letztes Jahr mit 3700 Mitarbeitenden einen Umsatz von 533 Millionen Euro. In der Schweiz sind es nur noch rund 200 Beschäftigte.

Das Unternehmen ist in vier Geschäftsfeldern tätig, in denen man sich überall zu den Marktführern zählt: bei den Mikroskopen und Systemen – unter anderem mit konfokaler Lasertechnik und dreidimensionalen Bildanalysesystemen – für Medizin und Industrie, als Komplettanbieter für die Vorbereitung medizinischer und industrieller Proben, ferner bei speziellen Operationsmikroskopen sowie für Mess- und Inspektionssysteme der Halbleiterhersteller.

Leica Microsystems gibt keine Ertragszahlen bekannt. Vorbesitzer Schmidheiny hatte mehrfach die schwache Ertragslage kritisiert. Unter den Fittichen des neuen Kapitaleigners, Permira, blieb kein Stein auf dem andern. Eine Reihe von Produktionslinien wurde nach Fernost verlagert, die betrieblichen Prozesse und die Produktionsbasis rationalisiert und das Working-Capital-Management verbessert. All dies reichte indes nicht aus, um Leica Microsystems für einen Börsengang fit zu trimmen. Nun sucht Permira den Ausstieg über einen Verkauf.

Wie die Beteiligungsgesellschaft geschäftet, brachte Thomas Krenz, Deutschland-Chef von Permira, kürzlich gegenüber der «Financial Times» auf die simple Maxime: «Ziel ist es, die richtigen Unternehmen zu kaufen und sie nach einigen Jahren zu einem höheren Wert wieder zu verkaufen.» Im Schnitt wird eine Beteiligung nicht länger als sieben Jahre gehalten. So gesehen ist die Leica-Halbwertszeit nun abgelaufen.

Ihren Geldgebern – meist Investment-Gesellschaften, Banken, Versicherungen und Pensionsfonds – versprechen die Firmenjäger Renditen von 20 Prozent und mehr pro Jahr. Häufig wird nach dem Leveraged-Buy-out-Muster verfahren: Dabei finanzieren die Geldgeber rund drei Viertel des Kaufpreises, und nur den Rest bringen die Fonds selber ein. Die Zinsen muss dann das übernommene Unternehmen berappen. Ist das Unternehmen auf Kurs, halten die Eigentümer die hohle Hand hin und kassieren ihren Obolus vom Gewinn. Die Betroffenen fühlen sich nicht selten ausgesaugt. Bei den deutschen Nachbarn haben sich Private-Equity-Firmen denn auch die Gattungsbezeichnung «Wanderheuschrecken» eingehandelt. Die gescholtenen Beteiligungskapitalisten sehen das naturgemäss anders und halten sich für Retter in der Not.

Es darf spekuliert werden, wo Leica Microsystems nun landet. Alle Optionen sind offen, so auch der Verkauf an einen anderen Finanzinvestor oder an einen Mitbewerber. Neben den bereits genannten ist die amerikanische Ametek ein möglicher Kandidat. Das börsenkotierte Unternehmen mit gewichtiger Geschäftstätigkeit in der Hochpräzisionsmessung für Optik, Forschung und Halbleiterindustrie ist in Europa derzeit auf Shoppingtour. Mitte Juni kaufte Ametek die deutsche Analysegerätefirma Spectro. Mit Leica Microsystems würde man noch stärker zum Systemanbieter. Und die Dealmaker kennen einander bereits: Im vergangenen Jahr hat Permira die englische Präzisionsinstrumentenfirma Taylor Hobson an Ametek verkauft.