Man nennt ihn gerne den «Midas der Investoren». Und tatsächlich wird vieles zu Gold, was der schweizstämmige Brasilianer Jorge Paulo Lemann anfasst. Mit seiner Beteiligungsgesellschaft 3G Capital kaufte er etwa Burger King und brachte den Konzern nach zwei Jahren wieder an die Börse – mit Milliardengewinn.

Gross wurde der heute 74-jährige Sohn eines Emmentaler Käsehändlers zuvor mit seiner Investmentbank Banco Garantia, mit der er unter anderem Beteiligungen am Brauriesen Ambev und dem Detailhandelskonzern Lojas Americanas aufbaute. Heute lebt der Investor den grössten Teil seiner Zeit am Zürichsee. Das Wirtschaftsmagazin «Bilanz» schätzt sein Vermögen auf 20,5 Milliarden Franken. Lemann ist damit der drittreichste Schweizer.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Lemann lebt zurückgezogen, über sein Privatleben ist so gut wie nichts bekannt. Die brasilianische Journalistin Cristiane Correa schrieb nun ein Buch über seinen Aufstieg. Sie erhielt während ihrer Recherchen aussergewöhnliche Einblicke in das Leben des Erfolgsmannes.

Was ist eigentlich das Rezept für den Erfolg des Geschäftsmanns Jorge Paulo Lemann?
Cristiane Correa: Fokussierung, Disziplin und langfristiges Denken. Zudem weiss er, gute Leute um sich zu scharen, die besten Leute ihres Faches.

Und wie kam Lemann dazu, von Brasilien aus auch weltweit erfolgreich zu sein?
Er und seine Partner brachten die Meritokratie nach Brasilien. In den Achtzigerjahren war das ein völlig neues Konzept für das Land. Lemann gab eine klare Botschaft aus: Arbeite viel, übertriff deine Ziele, bring Resultate und dann wirst du reich und kannst bei uns Partner werden.

Das klingt nach dem Motto eines Workaholic. Moderne Unternehmen versuchen heute aber gerade das Gegenteil zu erreichen und ihren Mitarbeitenden eine Balance zwischen Arbeit und Freizeit zu ermöglichen.
Das ist sicher so. Doch Lemann und seine Partner suchen sich ganz einfach Leute, die ihre Ziele eins zu eins leben. Und das klappt. Bei seinem Brauereikonzern Ambev bewerben sich jeweils 80'000 Leute für etwas mehr als 20 Stellen.

Hat die schweizerische Abstammung Jorge Paulo Lemann geprägt?
Ich glaube der protestantische Hintergrund spielt eine Rolle. Der Glaube, dass Erfolg keine Sünde ist und Status nicht wichtig. Er lebt ja selbst recht einfach. Man sagt, in der Schweiz nehme er den Zug und seine Kinder gingen mit dem Velo zur Schule. Seine Arbeitsmoral ist zudem von Disziplin geprägt. Er plant und führt dann aus. Er improvisiert nicht, er kontrolliert.

Lemann verliess Brasilien von einem Tag auf den anderen. Warum?
Es gab Ende der Neunzigerjahre den Versuch, seine Kinder in São Paulo auf dem Schulweg zu entführen. Er hatte keinen Erfolg. Der Fahrer der Kinder konnte die Kriminellen abschütteln. Am nächsten Tag hatte Lemann seine Familie bereits ausser Landes gebracht.

Und warum ging er in die Schweiz?
Der Entführungsversuch passierte bei den Kindern aus zweiter Ehe. Seine Frau Susanna ist Bürgerin von Zürich. Die Kinder aus erste Ehe sind schon älter und wohnen weiterhin in Brasilien.

Eine der grössten Erfolge Lemanns war die Gründung der Banco Garantia, die später von der Credit Suisse gekauft wurde. Warum stiess er das Institut überhaupt ab?
Lemann und seine Partner schufen eine Leistungskultur. Das war der grosse Antrieb. Diese Kultur erlaubte es auch, so verschiedene Beteiligungen wie Ambev (Bier), Detailhandel (Lojas Americanas) und eine Investtmentbank unter einen Hut zu bringen. Das Modell war sehr erfolgreich. 1991 machte die Bank eine Milliarde Dollar Gewinn. Das Geld konnte nicht alles investiert werden und so schütteten die Partner das Geld ans Team aus. Die Leute wurden über Nacht sehr reich. Dadurch wurde es schwierig langfristig zu denken. Und weil sie so erfolgreich waren kam auch der Glaube an eine Unbesiegbarkeit auf. Dadurch wurden immer risikoreichere Deals eingegangen. Durch den Ausbruch der Asienkrise 1997 wurde die Bank kalt erwischt. Sie ging nicht pleite, verlor aber viel an Glaubwürdigkeit. Lemann wollte damals die Führung an eine jüngere Mannschaft abgeben. Doch niemand wollte übernehmen. Der Verkauf an die Credit Suisse war die Lösung.

Leemann agierte seine ganze Karriere im Team zusammen mit Marcel Telles und Beto Sicupira. Warum?
Jeder der drei hätte auch alleine Erfolg. Sie sind aussergewöhnlich. Doch die Kombination der drei ist extrem stark. Das Trio ist seit vierzig Jahren zusammen und man vernahm nie etwas von Zwist.

Cristiane Correa ist Journalistin und arbeitete früher für das Wirtrschaftsmagazin Exame. Sie ist auch Autorin des Buches «Sonho Grande» über die Karriere von Jorge Paulo Lemann, Marcel Telles e Beto Sicupira.

Das Interview erschien zuerst in einer längeren Fassung auf Swissinfo.