Helvetia Schweiz Superwoman

Jetzt erst recht! Warum die Schweiz für die Corona-Krise gut gewappnet ist

Florence Vuichard
Von Bastian Heiniger und Florence Vuichard
am 11.06.2020 - 09:00 Uhr

Helvetia schlägt zurück: Die Schweiz hat, was es jetzt braucht – einen guten Branchenmix, einen gewichtigen Pharmasektor, eine tiefe Staatsverschuldung, ein gutes Auffangnetz sowie kurze Wege zwischen Wirtschaft und Politik.

Quelle: Shutterstock

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Geht nun alles bachab? Von wegen. Die Schweiz ist so gut aufgestellt wie kaum ein anderes Land.

Das grösste Plus der Schweiz sei der breite Branchenmix, sagt Christoph Schenk, Anlagechef der Zürcher Kantonalbank (ZKB). Gerade der hohe Anteil an Pharma, IT, Telekommunikation und nichtzyklischem Konsum sei perfekt für die jetzige Konjunkturphase. Es sind auch jene Branchen, die vom Lockdown kaum betroffen sind. «Derart gut aufgestellt sind neben der Schweiz nur die USA.» Es sind denn auch die einzigen Aktienmärkte, welche die ZKB derzeit mit «Übergewichten» einstuft.

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Neben Chemie und Pharma ist besonders die Maschinenindustrie mit 325 000 Arbeitsplätzen ein zentraler Pfeiler der Schweizer Exportwirtschaft. Allerdings wurde sie von der Corona-Krise hart getroffen, 80 Prozent der Unternehmen haben Kurzarbeitsanträge eingereicht.

Industrie ist krisenerprobt

Swissmem-Präsident Hans Hess ist trotzdem überzeugt, dass die Industrie in der Krise ihre Stärke nicht verliert. «Einen 30-prozentigen Umsatzeinbruch über sechs Monate hatten wir schon öfters. Das haut das Gros der Firmen nicht gleich aus den Socken.» Nicht alle Firmen werden diese Krise überleben, aber ein grosser Teil der Maschinenindustrie wird gemäss Hess dank der Anpassungsfähigkeit, Kreativität und starkem Unternehmertum diese Flaute erfolgreich meistern.

Geberit
Foto: Ben Huggler ©
Foto: Ben Huggler ©

Die Schweizer Maschinenindustrie ist sich Krisen gewohnt, vor fünf Jahren kämpfte sie gegen den Frankenschock. Die jetzige Krise sieht Hess weniger problematisch, weil weltweit alle Unternehmen gleich betroffen sind. Es handelt sich also nicht um ein strukturelles Problem, wie jenes des starken Schweizer Frankens.

Hess glaubt gar, dass die hiesige Industrie nach Corona im internationalen Vergleich zu den Gewinnern zählen wird. «Schweizer Unternehmen in der Maschinenindustrie haben einen ausgeprägten Kampfgeist, höher als viele Konkurrenten in Deutschland, die in den letzten Jahren stark von der Euro-Schwäche profitierten.» Auch seien selbst kleine Firmen im globalen Vergleich höchst innovativ, hocheffizient und hätten einen hohen Automatisierungsgrad. Und sie sind oft in Nischen unterwegs, bieten Produkte an, die nur schwierig zu ersetzen sind.

Führend in der Anwendung von künstlicher Intelligenz

Die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz ist gleichzeitig ihr grösstes Risiko. Denn als kleine, stark exportorientierte Wirtschaft leidet sie mit, wenn es den wichtigsten Handelspartnern schlecht geht. «Wir können die beste Antwort der Welt liefern, aber das nützt uns nichts, wenn die Welt untergeht», sagt Avenir-Suisse-Ökonom Marco Salvi. «Wir sind nun mal keine Insel.»

Die Schweiz hat zwar – etwa im Gegensatz zu den USA – kein Facebook, Apple, Google oder Microsoft hervorgebracht. Entscheidend sei jedoch besonders, welche Länder neue Technologien für den Geschäftserfolg einsetzen könnten, sagt Simone Wyss Fedele von Switzerland Global Enterprise. «Und die Schweiz ist führend in der Anwendung von künstlicher Intelligenz, Robotics, Automatisierung, Blockchain und personalisierter Gesundheit.»

Tech-Giganten mit Schweizer Standort

Ohnehin haben viele amerikanische Tech-Giganten längst hierzulande wichtige Forschungsstandorte aufgebaut – von Google, Facebook, Oracle bis zu Disney, IBM und Apple. Wyss Fedele hofft nun, die Googles von morgen zu gewinnen. «Im Moment organisieren viele internationale Firmen ihre Wertschöpfungsketten neu. Wir haben also eine gute Chance, wenn wir uns weiterhin als einen stabilen, weltoffenen, technologieführenden und innovativen Wirtschaftsstandort positionieren.»

Angelockt würden neue Unternehmen und internationale Start-ups dank dem Zugang zu Toptalenten, Zukunftstechnologien und einem starken Wirtschaftscluster. Und natürlich dank der ETH Zürich und der EPFL Lausanne.