Es ist das letzte wichtige Dossier, das Nestlé-Präsident Peter Brabeck persönlich betreut. Doch es dürfte ihm derzeit wenig Freude bereiten. In der Frage, was mit der Beteiligung am Kosmetikkonzern L’Oréal geschehen soll, hat sich der Handlungsspielraum dramatisch verkleinert. Von der Übernahme, die VorgängerHelmut Maucher als Ziel formulierte, ist Nestlé weiter entfernt denn je.

Denn mit Jean-Paul Agon sitzt seit kurzem der vehementeste Verfechter der Unabhängigkeit von L’Oréal auf dem Präsidentensessel des Kosmetikriesen. Agon hatLindsay Owen-Jones abgelöst und ist als Chairman und CEO nun der starke Mann. An L'Oréal halten Nestlé und die Familie Bettencourt je rund 30 Prozent. Agon ist ein Vertrauter von Liliane Bettencourt, der 88-jährigen Tochter des Firmengründers.

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Agon argumentierte immer wieder gegen eine Übernahme von L’Oréal durch Nestlé. Er versprach dies zudem wichtigen Partnern persönlich. Etwa 2006, als L’Oréal die Kosmetikfirma The Body Shop kaufte und die Besitzerin Anita Roddick, bekannt für ihr ethisches Unternehmertum, sich Sorgen machte, dass ihre Firma dereinst bei Nestlé landen würde. Der Konzern aus Vevey, der in den siebziger Jahren Schlagzeilen mit dem Babymilchskandal machte, entsprach der sozialkritischen Unternehmerin nicht. Agon machte Roddick klar, dass L’Oréal nie in Nestlés Hände fallen würde, wie Insider berichten. Roddick betonte, der Verkauf sei «im Vertrauen auf Agon» erfolgt.

Doch nicht nur die Wahl Agons setzt für Nestlé ein Zeichen. Parallel zur Berufung des neuen Präsidenten hat Grossaktionärin Bettencourt der Zeitung «Le Figaro» ein Interview gewährt und darin betont, sie habe keinerlei Absicht, ihre Aktien an Nestlé zu verkaufen. Sie wolle sich weiter für die Unabhängigkeit von L’Oréal einsetzen, auch als Verwaltungsrätin. «Ich glaube nicht, dass Nestlé eine gegensätzliche Position in Bezug auf die Interessen und die Unabhängigkeit von L’Oréal vertritt», sagte die Milliardärin.

Im Interview verkündete sie zudem, dass der Konflikt mit ihrer Tochter Françoise Bettencourt-Meyers beigelegt sei und wieder Frieden im Clan herrsche. Damit haben sich auch die in der Vergangenheit kursierenden Spekulationen zerschlagen, die Tochter und Erbin sei jene Schwachstelle dank der Nestlé das Bollwerk L’Oréal dereinst doch noch erobern könne.

Erik Nolmans
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