In der Schweiz wäre das undenkbar. Kaum im Amt, hat der österreichische Verkehrsminister Norbert Hofer bei den Österreichischen Bundesbahnen ÖBB aufgeräumt: Sieben von acht Aufsichtsräten müssen gehen, wie er vergangenen Freitag an einer ausserordentlichen Hauptversammlung beschloss. Hofer von der rechtskonservativen FPÖ trimmt das zuvor linkslastige Gremium auf seinen Kurs.
Dem Umbau fällt auch ein prominenter Vorstand aus der Schweiz zum Opfer: Paul Blumenthal. Der 63-Jährige Walliser sass zwischen 1999 und 2009 in der Konzernleitung der SBB, zuletzt als Chef des Personenverkehrs. Danach wurde er in den Verwaltungsrat der ÖBB geholt.
Österreicher verzichten auf SBB-Expertise
Dass nun Blumenthal ausscheidet, überrascht. Österreichische Medien spekulierten zuvor, dass Hofer wohl auf die Expertise des ehemaligen SBB-Manns nicht verzichten wolle. Blumenthal selbst dürfte kaum mit seinem Aus gerechnet haben. Zu Hofers politischen Säuberungsaktion möchte er sich allerdings nicht äussern, zu hohe Wellen wirft in Österreich der mediale Sturm um die Absetzung der Aufsichtsräte. So viel sagt Blumenthal aber: «Ich bin Bahn-Sachverständiger und kein Politiker.»
Als eingefleischter Bähnler konnte er im Nachbarland einiges bewirken. Als Schweizer sei er respekt- und hochachtungsvoll aufgenommen worden, sagt Blumenthal. Dabei half ihm seine langjährige Erfahrung in der SBB-Konzernleitung. «In Österreich gilt eine schon beinahe mystische Betrachtung des Schweizer Bahnsystems: insbesondere seine Pünktlichkeit und die dichte Vertaktung der SBB bewundern unsere Nachbarn offen.»
Trotzdem eine positive Bilanz
In den letzten Jahren habe die ÖBB viele bewährte Schweizer Ansätze übernommen, sodass sie inzwischen als Qualitätsbahn im europäischen Vergleich ganz vorne anzutreffen sei.
Trotz des abrupten Ausscheidens, zieht Blumenthal denn auch eine positive Bilanz. So konnte die Bahn ihre Güterverkehrstochter RCA sanieren, eine neue Vertriebsplattform im Personenverkehr entwickeln und erfolgreich in den europäischen Nachtverkehr einsteigen – nachdem die Deutsche Bahn Ende 2016 ihre Nightliner aufgegeben hatte.
Nun ist Blumenthal wieder voll und ganz in der Schweiz tätig. Neben seiner Consultingfirma leitet er seit letztem August zusammen mit dem Management-Team interimistisch den Bahncaterer Elvetino. Eingesprungen ist er, als der damalige CEO Wolfgang Winter überraschend freigestellt wurde. Wie nun seine Zukunft bei Elvetino aussieht, wollte Blumenthal nicht kommentieren.