Coca-Cola, IBM, McDonald’s, Google, Disney: alles klangvolle Markennamen. Die klangvollsten, um genau zu sein. Sie stehen in den Top Ten der wertvollsten Marken der Welt, die Interbrand 2009 ermittelte. Bei der neuesten Ausgabe der Studie «Best Global Brands», die Mitte September herauskommen wird, dürfte es ähnlich sein.

Und noch etwas wird sich nicht ändern: Die USA dominieren diese Liste. Rund die Hälfte der Top-100-Marken stammen auch dieses Jahr aus den Vereinigten Staaten. Sie sind die unangefochtenen Markenweltmeister.

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Kein Wunder, schliesslich gibt es nur wenige Wirtschaftsdisziplinen, in denen die USA nicht Weltmeister sind, nur schon aufgrund von ihrer schieren Grösse. Doch setzt man die Markenpower eines Landes ins Verhältnis zu seiner Wirtschaftsleistung, ergibt sich plötzlich ein ganz anderes Bild.

Auf dem ersten Platz ist nun auf einmal Finnland: Pro Milliarde Dollar Wirtschaftsleistung erzielen die Skandinavier stolze 161  114 Dollar Markenwert. Anders ausgedrückt: In keinem anderen Land ist das Branding so wichtig für die Wirtschaft. Allerdings handelt es sich hierbei um eine One-Man-Show, pardon, One-Brand-Show: Allein Nokia mit ihrem Markenwert von rund 30 Milliarden Dollar hat Weltruf.

Als die wahren Markenweltmeister dürfen sich dafür die Schweizer fühlen. Letztes Jahr war die Schweiz mit vier Marken – Nescafé, Nestlé, Rolex und UBS – in der Liste vertreten, heuer wird es eine mehr sein. Die fünf Top-Brands haben einen kumulierten Wert von 34,7 Milliarden Dollar. Auf jede Milliarde des Bruttoinlandprodukts entfallen damit knapp 110  000 Franken Markenwert. Für das wirtschaftliche Wohlergehen des Landes ist dieser hohe Wert zentral: «Die Schweiz verdankt ihren Erfolg und ihren Reichtum zu einem guten Teil der Stärke ihrer Marken», sagt Nik Stucky, Global Practice Leader Brand Valuation bei Interbrand und verantwortlich für die Studie. Denn starke Marken sind Voraussetzung für einen erfolgreichen Export, die Basis des Wohlstands. «Marken machen Nationen», bringt es Stucky auf den Punkt.

Reich ohne Marken. Gleichwohl gibt es reiche Nationen, die in der Liste der weltweit wertvollsten Marken gar nicht vertreten sind: Russland etwa, Brasilien, Saudi-Arabien beziehungsweise der gesamte Mittlere Osten. Es sind Länder, die ihren Wohlstand fast ausschliesslich den Bodenschätzen verdanken. Für den Export von Öl, Kupfer oder Uran aber braucht es keine Marken (und falls Sie bei Russland automatisch an auch hierzulande bekannte Wodka-Marken denken: Fast alle russisch klingenden Wodka-Labels wurden durch ausländische Firmen aufgebaut).

Noch etwas fällt auf im Ranking der wertvollsten Marken: «Alle Länder, die Marken in den Top 100 haben, sind stark serviceorientiert», sagt Stucky. Bei Dienstleistungen spielt die Marke traditionell eine stärkere Rolle als bei Gütern, da die Dienstleistung als immaterielles Gut vor dem Kauf nicht ausprobiert werden kann.

Seit zehn Jahren gibt es die Liste der Best Global Brands. In dieser Zeit hat die US-Dominanz tendenziell abgenommen (siehe Chart im Anhang). Politische Gründe sieht Interbrand-Mann Stucky nicht: «Der American Way of Life hat zwar nicht mehr die gleiche Attraktivität wie auch schon», sagt er. Doch dafür interpretierten ihn manche US-Marken – wie Apple oder Google – überaus erfolgreich neu. Der relative Bedeutungsverlust der USA ist denn auch hauptsächlich durch den Aufstieg anderer Markennationen begründet.

aufsteiger. So haben die Labels aus Deutschland und Frankreich, Spanien und Italien aufgeholt, weil sie in den neuen Märkten in Osteuropa deutlich präsenter sind als US-Brands – etwa bei Autos, Konsum- oder Luxusgütern. Ähnliches gilt für den Milliardenmarkt Indien. Andere Aufsteiger sind innovationsgetrieben, sei es dank ihrer Technologie (Kanada mit dem Blackberry-Hersteller RIM und dem Informationsanbieter Thomson Reuters) oder dank ihrer überlegenen Logistik (Schweden mit H&M und Ikea, Spanien mit Zara).

Eine Markenstory par excellence haben Südkorea ganz allgemein und Samsung im Speziellen zu bieten: Bis Mitte der neunziger Jahre war Samsung vor allem als namenloser Lieferant für andere Markenhersteller tätig und bediente etwa Sony mit Bildschirmen oder IBM mit Computern. 1999 entschied man sich in Seoul, Samsung als alleinige Obermarke für alle eigenen Produkte zu etablieren. Unter dem Slogan «Digit All» propagierte man die Konvergenz von IT und Unterhaltungselektronik, die – sehr erfolgreichen – Handys wurden dabei das Aushängeschild. «Seit 2001 tritt Samsung weltweit mit einem einheitlichen ‹Look and Feel› auf, es gibt eine Konsistenz in der Markenaussage und in der Botschaft», konstatiert Stucky. Damit hat es Samsung unter die Top 20 der wertvollsten Brands geschafft. Der Aufstieg der Wirtschaftsnation Südkorea als Ganzes spiegelt sich auch in ihrem kumulierten Markenwert, der in zehn Jahren von 6,4 auf 25,5 Milliarden Dollar gestiegen ist.

Noch nicht in der Liste der wertvollsten Marken der Welt vertreten sind hingegen die aufstrebenden Wirtschaften der BRIC-Staaten: Brasilien, Russland, Indien, China. Eine Frage der Zeit: «Marken aus diesen Ländern stehen kurz vor dem Durchbruch», sagt Stucky. Sie sind bereits auf einem ähnlichen Wachstumspfad, wie man ihn zuvor in Südkorea beobachten konnte. So finden sich auf der Watchlist von Interbrand denn auch Firmen wie der Flugzeughersteller Embraer (Brasilien), die Brauerei Baltika (Russland), der Mischkonzern Tata (Indien) oder der IT-Riese Huawei (China).

Für die Markennation Schweiz verheisst die erneute Verlagerung in den Osten nichts Gutes. Sie wird sich noch mehr anstrengen müssen, um ihre Position – und damit ihren Wohlstand – zu behalten. Besonders in der Kommunikation: «Liefern statt lafern», nach diesem Motto gehen heute viele Schweizer Unternehmen vor. Häufig sind sie vom Produkt her in ihrer Disziplin an der Weltspitze – und international dennoch weitgehend unbekannt. Sonova etwa, technologisch führender Hersteller von Hörgeräten, der Kaffeemaschinengigant Franke oder der Bieler Speichenhersteller DT Swiss, weltweit die Nummer eins – aber kein Brand. «Schon allein mit dem Namen DT Swiss kriegt man keine Marke hin», sagt Stucky. Understatement ist im globalen Wettbewerb nicht die richtige Strategie. Die Schweizer Unternehmen sind daher gut beraten, bei der Markenbildung systematischer und zielgerichteter vorzugehen. «Die Investitionen in die Marke dürfen nicht nebenher passieren, sondern müssen Teil der Kernkompetenz werden», so Stucky.

Damit zwischen Google, Disney und IBM auch das eine oder andere Schweizer Label prangt.