Zimmer heisst der Sieger im Übernahmekampf um die Winterthurer Centerpulse. Das kommt wenig überraschend. Denn der englische Mitbieter Smith&Nephew hatte auf ein höheres Angebot für die Centerpulse-Aktionäre verzichtet. Nach Ablauf der Angebotsfrist besitzt Zimmer nun 67% der ausstehenden Aktien von Centerpulse und 98,9% an deren grössten Aktionärin InCentive Capital. Damit sei die Minimalbedingung (66,67%) für den Kauf des Schweizer Konzerns erfüllt, gab das US-Unternehmen bekannt.

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Zimmer gehört mit Stryker und Biomet zu jenen Gesellschaften, die ihre Ursprünge im Orthopädie-Geschäft haben. Daneben finden sich noch andere Gemeinsamkeiten bei den dreien. So haben Biomet und Zimmer ihren Firmensitz am selben Ort, nämlich in Warsaw, Indiana, derweil Stryker im Bundesstaat Michigan zuhause ist.

Stryker und Zimmer haben ihre Entstehung einem Firmengründer mit gleichem Namen zu verdanken, wobei der «Grundstein» für Zimmer Ende der 20er Jahre im Keller von Zimmers Haus gelegt wurde und jener für Stryker, die diesen Namen erst seit 1964 führt, zu Beginn der 40er Jahre (Strykers «Forschungs- und Entwicklungsabteilung» [F&E] war im Keller eines Spitals untergebracht). Danach verlieren sich die Gemeinsamkeiten aber.

Die 1977 gegründete Biomet ist die mit Abstand jüngste der drei Firmen und mit einer Marktkapitalisierung von heute rund 7,6 Mrd Dollar auch die kleinste. Zimmer, die 1972 von Bristol-Myers übernommen und 2001 in einem Spin-off wieder ausgegliedert wurde, ist die zweitgrösste mit 10 Mrd. Dollar Marktkapitalisierung. Nochmals 5 Mrd Dollar grösser ist Stryker.

Das Orthopädie-Geschäft, das bei Zimmer und Stryker rund 80%, bei Biomet beinahe zwei Drittel des Umsatzes ausmacht, wurde inzwischen bei allen erweitert und umfasst vor allem auch chirurgisches Material und Geräte. Das Wachstum in diesem Segment lag laut Katherine Martinelli von Merrill Lynch im zweiten Quartal 2003 bei 19%, wobei die Währungsentwicklung einen Beitrag von 5 bis 6 Prozentpunkten leistete. Zimmer und Stryker vermochten im zweiten Quartal die Erwartungen der Analysten u.a. dank der Dollarschwäche zu übertreffen.

Umkämpfter Kreislaufmarkt

Biomet, die im Heimmarkt relativ schwächer abschnitt, im Ausland jedoch eine beachtliche Leistung erbrachte, enttäuschte insgesamt leicht. Bei der Beurteilung durch Analysten wird Zimmer trotz eines Kurs-Gewinn-Verhältnisses (KGV) von 34 derzeit, auf Grund der Übernahme von Centerpulse, gegenüber den anderen beiden favorisiert, bei denen eher eine Kursentwicklung im Rahmen des Marktes erwartet wird. Lawrence Keusch, Analyst bei Goldman Sachs, begründet seine Einstufung beispielsweise von Stryker mit «in-line» damit, dass die Stärke des Unternehmens im Aktienkurs bei einem KGV von 33 bereits enthalten ist.

Mehr Wachstumspotenzial orten Analysten allerdings bei Herzkreislauf-Produkten, besonders bei den Stents. Dieser Begriff beschreibt kleinste metallene Gitterröhrchen, die in Blutgefässe eingeführt werden, um diese offen zu halten. Eine neue Dimension eröffnete sich hier mit der Einführung von medikamentenbeschichteten Stents, denen Keusch bis 2004 einen Anteil von 80% am gesamten Stent-Markt einräumt.

Lieferschwierigkeiten bei Johnson & Johnson

Diesen Anteil hat sich vorerst der Pharma- und Healthcare-Konzern Johnson & Johnson (J&J) gesichert, der das Rennen um die schnellste Markteinführung machte. Konkurrenten wie Guidant, Medtronic und Boston Scientific lachen sich dabei aber ins Fäustchen, denn J&J konnte das Potenzial auf Grund von Lieferschwierigkeiten bisher nicht voll ausschöpfen. Es wird geschätzt, dass bis Ende Jahr der Anteil bei «nur» etwa 65% liegen wird. Das bedeutet aber dennoch Umsatzeinbussen bei den drei Konkurrenten, die ihre eigenen medikamentenbeschichteten Stents wohl frühestens 2004 auf den Markt bringen werden.

Der Kampf im Stent-Geschäft lässt sich unter anderem auch an den Rechtsstreitigkeiten erahnen, in die alle Mitspieler irgendwie verwickelt sind. Eine aussergerichtliche Lösung in einem Patentstreit streben dabei J&J und Guidant an.

In einer Übereinkunft haben die beiden Parteien im April 2000 beschlossen, ein Schiedsgericht einzuberufen, das über eine Patentrechtsverletzung sowie das Ausmass des Schadens entscheidet. Unabhängig vom Entscheid des Schiedsgerichts gaben die Parteien ihr Einverständnis auf gegenseitige Zuerkennung von Lizenzen auf die involvierten Patente.

Jüngst entschied nun die beurteilende Instanz bei einem der Patente auf eine Verletzung durch Guidant. Diese wurde verpflichtet, J&J eine Entschädigung von 425 Mio Dollar zu entrichten. Guidant hat für diesen Betrag aber bereits zuvor Reserven geäufnet und konnte so vergangene Woche zum einen die Gewinnprognosen für das dritte Quartal und das Gesamtjahr bestätigen. Gleichzeitig kündigte das Unternehmen ein Aktienrückkaufsprogramm über 250 Mio Dollar über den Zeitraum von zwölf Monaten an.

Das Potenzial im Stent-Geschäft spiegelt sich in den Analysten-Empfehlungen, die vielfach «kaufen» lauten. Allerdings haben diese Titel auch ihren Preis, gemessen am KGV, das bei Medtronic bei 37 und bei Boston Scientific bei stolzen 57 liegt.

Günstige Guidant

Die mit Abstand kleinste der drei J&J-Konkurrenten, Guidant, ist mit einem KGV von 22 relativ günstig zu haben, was für Keusch nur eines der Kaufargumente ist. Ein Stück von diesem Kuchen will sich aber auch der Pharma- und Healthcare-Konzern Abbott abschneiden, der im Mai den Kauf von Stent-Segmenten der an der Schweizer Börse kotierten Jomed gemeldet hat.

Vergangene Woche kündigte Abbott nun den Spin-off seiner Spitalprodukte-Sparte an, wovon sich Analysten einen Vorteil für das bei Abbott verbleibende Geschäft versprechen. Denn dieses wird höhere Wachstumsraten aufweisen als der Bremsklotz Spitalprodukte.