«Besuchen Sie uns, bevor die Touristen kommen.» So wirbt das südasiatische Bangladesch, eines der ärmsten Länder der Welt, für den Fremdenverkehr. Ende Oktober schickt Kuoni eine Gruppe hin. Der firmeninterne Studienreisen-Spezialist Cotravel legt eine Reise auf, die auch die negativen Seiten des Landes zeigen soll.

Der Reisekonzern hat Erfahrung mit Trips, die mehr als Sonne, Sand und Sehenswürdigkeiten bieten: Seit Jahren führt man mit der Organisation Green Cross Reisen nach Tschernobyl durch, in die Region des Reaktorunfalls in den achtziger Jahren. Auch Bangladesch sorgte jüngst für schlimme Nachrichten: 2013 stürzte in der Nähe der Hauptstadt Dhaka ein mehrstöckiges Gebäude ein und begrub über tausend Textilarbeiter. Das löste eine weltweite Debatte über die Arbeitsbedingungen im Billiglohnland aus.

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Der Geruch des «Greenwashing»

Auf dem Kuoni-Trip soll die Situation der Arbeiter im Textilsektor angesprochen werden, sagt Cotravel-Geschäftsführer Henning Rahn. Neben Teeplantagen wird eine Seidenfabrik besucht, Nachtessen mit Angestellten inklusive. Solchen offiziellen Besuchen haftet oftmals der Geruch des «Greenwashing» an – weil Ausländern in der Regel herausgeputzte Beispiele gezeigt werden. Rahn sieht den Trip weder als Katastrophentourismus noch als Greenwashing-Event: «Es ist eine Reise für Asien-erfahrene Gäste, die sich in einem Land mit positiven und negativen Seiten auseinandersetzen und auch hinter die Kulissen blicken wollen.» Zum Highlight dürfte das Treffen mit Muhammad Yunus werden, dem Gründer der Grameen Bank, Mikrokredit-Promotor und Friedensnobelpreisträger.

Kein Gerangel um austauschbare Destinationen

Gut für Kuoni-Konzernchef Peter Meier: Mit dieser Reise muss sich der Schweizer Reisegigant für einmal nicht mit tiefpreisiger Konkurrenz im Gerangel um austauschbare Destinationen anlegen. Einen solchen Entwicklungsland-Trip dürfte keiner der grossen Konkurrenten im Programm haben. Zum Tiefpreis ist die zweiwöchige Reise zur düsteren Seite der Welt nicht zu haben. Die Kosten: 6450 Franken pro Person.

Andreas Güntert
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