Dass das Gemeinschaftsunternehmen Twint den Abgang seines CEO Thierry Kneissler ankündigt, dürfte niemanden wirklich überrascht haben. Kneissler galt als angeschlagen, man spürte ihn nicht mehr. Letztmals trat er im Februar in einem Zeitungsartikel auf. Doch die damaligen Sätze stammten nicht von ihm, sondern vom Pressesprecher. Mit den Journalisten hatte Kneissler nicht gesprochen. Nicht mehr, könnte man auch sagen.

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Dass Kneissler Twint verlässt, ist nachvollziehbar und logisch. Twint war einst sein Baby. Von der Postfinance mit viel Geld ausgestattet, durfte er innerhalb des Staatskonzerns ein Startup für Handy-Zahlungen aufziehen. Twint war modern und laut. Und verfolgte einen speziellen Ansatz: Es sollte für den Handel möglichst günstig sein und so eine Alternative zu den teuren Kredit- und Debitkarten darstellen. Finanzieren wollte Kneissler das ganze über Kundendaten und Werbung.

Doch dann kam die Wende, der grosse Schulterschluss. Weil auch die SIX Group der Banken auf den Zug mit dem Handy-Payment aufsprang und versuchte, Twint zu kopieren, wurde Kneissler in eine Allianz gedrängt. Die Post gab ihr eigenes Projekt auf und fusionierte es mit der Banken-App. Im Gegenzug zur Kontrollaufgabe der Post akzeptieren die Banken den Namen «Twint». Und Twint-Chef Kneissler. Doch fortan hatte dieser nichts mehr zu sagen.

UBS-Manager übernahmen die Kontrolle

Hinter den Kulissen übernahmen UBS-Leute die Kontrolle über die Bezahl-App. Entsprechend wurde diese ausgebaut und in die klassischen Strukturen des Kreditkartengeschäfts eingebunden. Erste Folge: Die Gebühren stiegen an, mehr Firmen sollten an den Umsätzen partizipieren. Kneissler hatte plötzliche zahlreiche Chefs mit widersprüchlichen Vorstellungen. Einziger gemeinsamer Nenner: Twint sollte die Schweizer Bankkunden davon abhalten, mit Bezahl-Apps von Apple oder Samsung zu bezahlen. Reduit-Gedanke statt Disruption.

Jetzt übernimmt ein Mann von aussen. Markus Kilb ist seit längerem für die deutsch-italienische UniCredit tätig, zuletzt im Bereich für Kleinkredite und Kreditkarten. Er versteht bestimmt etwas vom Business und ist gleichzeitig nicht vorbelastet mit Sympathien für einzelne Twint-Aktionäre. Das hilft. Hinzu kommt, dass mit dem Payment-Profi Worldline ein neuer Aktionär zu Twint stösst, der eigentlich auch wissen sollte, die das Geschäft funktioniert. Und der ebenfalls eine internationale Perspektive einbringen kann.

Die grosse Frage bleibt jedoch, wie lange es geht, bis auch der neue Mann im Netz der divergierenden Interessen der Twint-Aktionäre und Partnerbanken festhängt. Er muss hinterfragen, was Twint sein soll und sein kann. Und welche Aufgaben Twint der Konkurrenz überlassen muss. Sonst bleibt Twint die Möchtegern-eierlegende-Wollmilchsau, die für die Schweizer Banken alle Payment-Probleme lösen soll. Und es deswegen nie schaffen wird.