Anfang September beginnt der designierte CEO Ulf Mark Schneider seine Einarbeitungszeit beim Lebensmittel-Riesen Nestlé. Der Deutsch-Amerikaner, der 13 Jahre den deutschen Gesundheitskonzern Fresenius geleitet hatte, ist der erste Chef seit 1922, den Nestlé extern rekrutiert. Insider sehen in der Benennung des Externen ein Risiko, vor allem mit Blick auf das Verhältnis von Schneider zu seinem künftigen Verwaltungsratspräsidenten, Noch-CEO Paul Bulcke.

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Nach Recherchen der «Bilanz» war Schneider nicht der Wunschkandidat Bulckes. Dieser habe die Asien-Chefin Wan Ling Martello bevorzugt, heisst es. Die Berufung des zurückhaltenden Deutschen, der in der Schweiz so gut wie unbekannt ist, gilt als letzter Coup des im kommenden April abtretenden Nestlé-Präsidenten Peter Brabeck, so Konzernkreise.  

Auf die Finger schauen

Offiziell stützt Bulcke die Berufung des Deutschen mit US-Pass. «Schneider hat langjährige Erfahrung als CEO, hat eine Firma regelrecht  gebaut, die heute mit über 200'000 Mitarbeitern auch eine relevante Grösse hat», sagt Bulcke zu «Bilanz». Gleichzeitig kündigt er an, in seiner neuen Funktion als Verwaltungsratspräsident den neuen Chef genau auf die Finger schauen zu wollen. «Als Chairman muss man sich auch um Dinge kümmern, zu denen der CEO nicht kommt oder in die er noch nicht so gut eingearbeitet ist.»

Brabeck war die treibende Kraft hinter Schneiders Berufung, bestätigen mehrere Quellen. Der scheidende Präsident wolle mit der Berufung des hochgelobten Top-Managers aus dem Health-Business Nestlés strategische Hinwendung zum Gesundheitsmarkt untermauern. So sagt Peter Brabeck zu «Bilanz»: «Ich erwarte natürlich von ihm, dass er die Erfahrung von Fresenius, wo er einen weltweit agierenden Healthcare-Konzern gegründet hat, zu uns herüber nimmt.»

Bulcke dagegen betont: «Es ist nicht so, dass wir jemanden von aussen holen, um als Botschaft auszusenden: Wir krempeln diese Firma um.»

Grosse Erwartungen

Ende Juni hatte Nestlé mit der Nachricht überrascht, den Chef des deutschen Gesundheitskonzern Fresenius, Ulf Mark Schneider, ab 2017 zum neuen CEO zu machen. Der zurückhaltende Deutsche, der an der HSG und in Harvard Betriebswirtschaft studiert hat, konnte in seiner 13jährigen Amtszeit den Umsatz Fresenius um den Faktor vier auf 27,6 Milliarden Euro steigern. Der Gewinn legte gar um den Faktor zwölf auf 1,4 Milliarden Euro zu. In seine Amtszeit fallen einige spektakuläre Übernahmen, wie jene des Krankenhausbetreibers Helios.

Nestlé dagegen dürfte in diesem Jahr zum vierten Mal in Folge die eigene Vorgabe eines organischen Wachstums von zwischen fünf und sechs Prozent verfehlen. Das Management rechnet für 2016 mit einem Wert von 4,2 Prozent. Angesichts Schneiders Leistungsausweis sind die Erwartungen der Börsianer riesig: Seit der Ankündigung seiner Berufung hat die Aktie rund neun Prozent zugelegt.

Als neuer Nestlé-CEO steigt Ulf Mark Schneider schlagartig zum mächtigsten Manager der Schweiz auf. Doch wer ist der neue Mann, über den auch in seiner Heimat so wenig bekannt ist? Das erste ausführliche Portrait über den neuen Nestlé-Chef, was er mitbringt und was er beim Nahrungsmulti dazulernen muss, lesen Sie in der neuen «Bilanz», ab Freitag am Kiosk oder mit Abo jeweils bequem im Briefkasten.

Holger Alich
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Dirk Ruschmann
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