Die Golf-Region ist in Aufruhr, es gibt ein Embargo gegen Katar. Bedeutet das für die nationale Fluggesellschaft des Oman, Oman Air, ein gutes oder schlechtes Geschäft?
Paul Gregorowitsch*: Oman ist wie die Schweiz, wir sind neutral. Uns geht es in dieser Situation sicherlich nicht primär darum, ob wir mehr Geld verdienen. Das Embargo gegen Katar, das auch den Luftverkehr betrifft, begann während des Ramadan. Das bedeutet, dass viele Kataris nicht mehr nach Hause fliegen konnten. Daher haben wir zusätzliche Flugzeuge eingesetzt, um diese Menschen nach Hause zu bringen. Vielleicht haben diese Reisenden somit gute Erfahrungen gesammelt mit Oman Air. Das kann also für uns eine gute Investition in die Zukunft sein. Alles in allem waren das aber vielleicht nur fünf, sechs zusätzliche Flugzeuge, die wir im Einsatz hatten.

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Sie sind ein erfahrener Aviatiker, waren bei KLM und Air Berlin, bevor Sie Chef von Oman Air wurden. Haben Sie solch eine Situation schon mal erlebt, dass plötzlich ein Land wie Katar vom Luftverkehr abgeschnitten ist?
Nein, ich war auch total überrascht, zumal so ein Schritt gemäss internationalen Regeln im Luftverkehr überhaupt nicht erlaubt ist.

Was bedeutet diese Entwicklung für den Nahen Osten, der als Umsteigeort für viele europäische Flugpassagiere sehr beliebt ist?
In Europa haben sich vielleicht einige Passagiere gesagt, dass sie nun nicht mehr über Golf-Hubs fliegen wollen. Ich denke allerdings nicht, dass diese Meinung zutrifft. Denn Dubai ist immer noch ein sehr grosser und wichtiger Umsteigeort für Flugreisende und ist überhaupt nicht betroffen. Hinzu kommt, dass man auch weiterhin nach Katar fliegen kann, allerdings nicht mehr über den Luftraum von Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten, wie das bisher der Fall gewesen ist.

Und wie laufen Ihre Geschäfte in der Schweiz?
Wir sind sehr zufrieden. Wir haben seit 2012 eine Verbindung sechs Mal pro Woche von Zürich nach Muskat im Oman. Seit April haben wir sogar eine tägliche Verbindung auf dieser Route, sie ist zu 75 Prozent ausgelastet. Mit Lufthansa haben wir ein Code-Share-Abkommen für 52 Europa-Destinationen. Damit können wir einen Morgenflug von Genf nach Frankfurt anbieten, um von dort nach Muskat weiterzufliegen. So haben wir einen Abendabflug ab Zürich und einen Morgenabflug ab Genf Richtung Oman. Da wir immer mehr Touristen aus der Schweiz Richtung Oman fliegen sowie darüber hinaus wie etwa nach Indien, Nepal, Thailand, die Philippinen und nach Malaysia, erwägen wir, sogar zweimal täglich von Zürich nach Muskat zu fliegen. Das ist aber noch nicht entschieden.

Auf wen zielen Sie primär? Ferienreisende oder Geschäftsleute?
Schweizer reisen gerne. Ihre Währung ist stark, das ist ein Vorteil für Ferien im Oman. Viele Reisende, die in Oman umsteigen, bleiben ein bis zwei Tage dort. Geschäftsreisen in die Region nehmen allerdings auch zu, weil die Öleinnahmen im Nahen Osten sinken und die lokalen Regierungen verstärkt auf Joint Ventures mit europäischen Firmen und Privatisierungen setzen. Davon profitiert auch die Schweiz.

Oman Air war bisher nicht profitabel und wird von Oman finanziell unterstützt. Wie lange noch?
Unsere Buchhaltung ist völlig transparent. Im Jahr 2016 haben wir noch staatliche Hilfen bekommen. Damit ist im Jahr 2017 allerdings Schluss.

Das heisst, Sie müssen nun schwarze Zahlen liefern?
Nein, das ist nicht notwendig.

Das muss ja ein toller Job sein, wenn Sie gar keinen Zwang haben, profitabel zu sein.
Es ist für uns wichtig, einen Beitrag zur wirtschaftlichen Lage des Oman zu leisten. Die Regierung will unabhängiger von Öleinnahmen werden und den Tourismus fördern. Dafür braucht es auch Oman Air. Ausserdem sollen wir ein wichtiger Arbeitgeber sein, denn rund 60 Prozent der Menschen im Oman sind zwischen 25 und 40 Jahre alt. Man darf nicht vergessen, dass auch viele europäische Airlines über viele Jahre hinweg Staatshilfen erhalten haben. So war es auch bei uns, von 2009 bis 2016 haben wir Hilfe vom Staat erhalten, nun müssen wir liefern.

Ab wann müssen Sie profitabel sein?
Es geht nicht darum, ein konkretes Jahr zu nennen, sondern einen wichtigen Beitrag zur Wirtschaft des Oman zu leisten. Man kann schnell profitabel sein, indem man Routen schliesst und die Kosten senkt, aber das ist kurzfristig gedacht.

Sie sind Niederländer, haben bisher für westliche Airlines gearbeitet. Wie läuft der Job für den Sultan vom Oman? Sie sagen ihm, was Sie brauchen und er macht das möglich?
So läuft das überhaupt nicht. Schauen Sie sich an, wie lange es zum Beispiel in Berlin dauert mit dem neuen Flughafen. Dort gibt es nur Streit. Im Oman ist hingegen die Richtung klar. Seine Majestät hat in 47 Jahren den Oman aufgebaut und modernisiert. Ich brauche nicht mit Politikern zu streiten, die Richtung für den Oman ist klar: Mehr Touristen, eine moderne Infrastruktur, inklusive neuem Flughafen und eine Airline wie Oman Air. Es gibt einen Zehnjahresplan, für den müssen wir liefern. Und das tun wir.

Ihr Job macht Ihnen mehr Spass als zuvor bei der krisengeplagten Air Berlin?
Auch Air Berlin war eine tolle Erfahrung. Das war vielleicht nicht immer eine einfache Angelegenheit, aber wir konnten dort sehr viel erreichen.

Wie stellen Sie sicher, dass Sie nicht so enden wie Etihad Airways, die auch stark wachsen wollten und nun erheblich unter Druck sind?
Oman soll nicht zur türkischen Riviera werden, wir wollen keinen Massentourismus. 70 Flugzeuge für 75 Destinationen, das reicht uns. Es geht um eine nachhaltige Entwicklung. Wir werden nicht das Geschäftsmodell von Emirates, Etihad und Qatar Airways kopieren. Unser neuer Flughafen in Muskat wird eine Kapazität von 12 Millionen Menschen pro Jahr haben, nicht 100 Millionen wie in Dubai. Klein, aber fein - das ist unser Motto.

Auf welchen Routen werden Sie ausbauen?
Wir konsolidieren auf den Strecken, wo wir schon sind. Wir werden nicht nach Australien und in die USA fliegen. Das machen wir über Kooperationen mit Lufthansa.

Gibt es bald ein richtiges Joint Venture?
Mal sehen, wie sich die Zusammenarbeit entwickelt.

Der ehemalige Swissair-Pilot François Bouteiller hat im Oman eine Billigfluggesellschaft lanciert. Bereitet Ihnen das Kopfschmerzen?
Nein, denn wir arbeiten eng zusammen. Er bringt mit seiner Salam Air Zubringerpassagiere für uns, und wir für ihn. Die Regierung von Oman hat entschieden, dass es auch eine Billigfluggesellschaft gibt, das ist wichtig für das Land.

* Paul Gregorowitsch ist seit dem Jahr 2014 Chef von Oman Air, der nationalen Fluggesellschaft im Oman, die im Jahr 1993 gegründet wurde und derzeit 42 Flugzeuge einsetzt. Zuvor arbeitete der Niederländer für Air France/KLM sowie Air Berlin.

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