Frachtschiffe gelten als besonders umweltschädliche Form des Transportes. Die meisten Schiffe verwenden Schweröl und geben grosse Menge Schwefel in die Umwelt ab. Dennoch erfolgen 90 Prozent des Welthandels übers Meer. Eine Lösung dieses Problems ist deshalb ein zentrales Anliegen des Umweltschutzes.

In den Häfen von Rotterdam und Antwerpen zeichnet sich eine Möglichkeit für die Zukunft ab. Dort verkehren seit diesem Jahr die ersten elektrischen Binnenschiffe von Port Liner. Sie liefern Waren aus dem Hinterland an die Terminals der zwei grössten Häfen Europas. Das Experiment hat deshalb durchaus Gewicht, auch wenn die elektrische Hochseeschifffahrt noch in weiter Ferne scheint.

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Bis 35 Stunden Fahrtzeit

Die Binnenschiffe von Port Liner sind 145 Meter lang und 11,45 Meter breit. Sie können 280 Seefracht-Container aufnehmen und sind damit sogar ein bisschen grösser als typische dieselbetriebene Binnenschiffe. Die Batterien sind unter dem Fahrerstand platziert und können mit einem Ladekran ausgetauscht werden. Zudem lassen sich die sogenannten Powerboxen in vier Stunden auch direkt an Bord aufladen.

Laut Port Liner ermöglichen die Batterien bisher eine Fahrtzeit von bis zu 35 Stunden. Sie wurden gemeinsam mit H2-Industries in München entwickelt. Die Firma ist führend im Bereich der Energiespeicherung mit dem flüssigen organischen Wasserstoffträger Liquid Organic Hydrogen Carrier (LOHC).

«Tesla-Schiffe»

Alles an den neuen Elektro-Binnenschiffen sei auf die Zukunft ausgerichtet, schreibt das Fachportal Ingenieur.de. Dazu gehören die Möglichkeit, die im globalen Handel oft eingesetzten 40-Fuss-Container zu transportieren, die Batterieboxen, die sich leicht upgraden lassen und der Plan die Barken nach dem Testbetrieb autonom, also ohne Besatzung, fahren zu lassen.

Die holländischen Medien bezeichnen die Transporter als «Tesla-Schiffe», obwohl der US-Autobauer nicht an der Entwicklung beteiligt war. Allerdings setzen beide Hersteller auf starke Elektromotoren. Und der erste Nutzer, das holländische Logistikunternehmen GVT, setzt die Schiffe zwischen Rotterdam und dem Industriegebiet Tilburg ein, wo auch Tesla einen Standort hat.

Nachträgliche Umrüstung

Das Potenzial der Schiffe ist schon in der Binnenschifffahrt gewaltig. Gemäss Port Liner und H2-Industries lassen sich Dieselschiffe nachträglich auf Strom umrüsten. Alleine in Europaschätzen die Firmen den Markt an umrüstbaren Diesel-Binnenschiffen auf 15'000, davon 7300 Frachtschiffe. Im grössten Markt China könnten sogar fast 200'000 Schiffe umgebaut werden, schreiben die Firmen in einer Mitteilung. Gut möglich also, dass auch der Rheinhafen in Baselin Zukunft von automatischen Elektroschiffen angelaufen wird.

Vorerst plant Port Liner den Bau von 15 Schiffen in den nächsten zwei Jahren. Die EU unterstützt das Vorhaben mit einem Infrastrukturzuschuss von 7 Millionen Euro. Ein erster Schritt in Richtung einer umweltfreundlicheren Schifffahrt, auf den noch viele weitere folgen müssen.