Das Verdikt ist deutlich, ja überdeutlich. Die so genannte Selbstbestimmungs-Initiative ist mit weit über 60 Prozent durchgefallen. Das Stimmvolk, das zeigt das heutige Ergebnis, hat sich nicht einlullen lassen von einer SVP-Kampagne, die buchstäblich als Mogelpackung – in oranger Farbe und ohne klaren Absender – daherkam.
Der Anteil an Ja-Stimmen lässt zudem darauf schliessen, dass die Rechtspartei nicht einmal ihre eigene Wählerschaft voll zu überzeugen vermochte, obwohl mit der Hornkuh- und Versicherungsdetektive-Abstimmung weitere SVP-Themen an der Urne zu entscheiden waren. Zu diffus war der Vorstoss aus dem Rechtslager.

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Selbst promovierten Juristen stritten sich monatelang über Inhalt und Rechtskraft der Initiative. Kurzum: Sie war ein Pfusch, der in den Augen der meisten mehr Fragen offen liess als klärte. Und sie war deshalb letztlich überflüssig. Da wurde ein einzelner Entscheid vom Bundessgericht in Lausanne aus dem Jahr 2012 zur Schicksalsfrage hochstilisiert («Fremde Richter»), was nicht nachvollziehbar war. Dabei hätte der neue Verfassungsartikel keine Klarheit gebracht, sondern nur noch zusätzliche Rechtsunsicherheit.

Reputation der Schweiz stand auf dem Spiel

Wenn die SVP tatsächlich meint, Schweizer Bundesrichter seien Defätisten und durch internationales Regelwerk fremdbestimmt, dann soll sie doch ihre Parteimitglieder auf allen Gerichtsstufen von ihrem angeblichen Irrglauben abzubringen versuchen.

Internationale Verträge, die wir in der Vergangenheit ausgehandelt und abgeschlossen haben, müssen wir deshalb nicht aufs Spiel setzen. Und unsere Reputation als verlässlicher Vertragspartner in Sachen Welthandel auch nicht.

Dass sich nicht nur Economiesuisse, sondern auch die bodenständige Swissmem und der regional verankerte Gewerbeverband dezidiert und grossmehrheitlich gegen die Initiative aussprachen, hätte den SVP-Strategen, die sich gerne als letzte Wirtschaftsvertreter verkaufen, schwer zu denken geben müssen. Diese Initiative barg Risiken für die Exportindustrie, aber auch fürs Schweizer Gewerbe. 

Initiative als Scheingefecht

Dass Pol-Parteien mit überrissenen Forderungen für Unsicherheit in Chefbüros, bei Investoren und unter Arbeitnehmern sorgen, das war in der Vergangenheit das Privileg der Linken. Wir erinnern uns an Abstimmungen über Mindestlohn, 1:12, Erbschaftsteuer, bedingungsloses Grundeinkommen oder Vollgeld-Initiative.
In jüngster Zeit gefällt sich leider auch die Rechte als Spielverderber einer prosperierenden Wirtschaft, siehe Selbstbestimmungs-Initiative oder Begrenzungs-Initiative. Wer es immer noch nicht gemerkt hat: Der internationale Wettbewerb spitzt sich zu, es wird um jeden Firmensitz, jeden Investitionsfranken, jeden Arbeitsplatz gerungen, oft mit unfairen Mitteln.

Hilfreich wäre es, wenn auch die SVP, die stärkste Partei im Land, wieder einmal einen konkreten Beitrag leisten würde zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit – etwa bei der AHV- Finanzierung, der Steuerreform, bei der Digitalisierung von KMUs oder beim Abbau der Staatsbürokratie. Scheingefechte wie die Selbstbestimmungs-Initiative bringen uns nicht weiter.