Der Schraubenhändler Bossard ist dabei, 
mit einer 186-jährigen Tradition zu brechen. Bisher haben sich die Zuger auf den Handel und die Beratung konzentriert. In Zukunft könnte Bossard das Spektrum um die Herstellung von Verbindungs- und Präzisionsteilen erweitern.

Der Auslöser für diesen Wandel findet sich in einer disruptiven Technologie. Theoretisch lassen sich mit 3-D-Druck sämtliche Teile, die Bossard vertreibt, drucken. Der Händler wäre ausgebremst.

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Kooperation mit zwei Herstellern

Doch von so einem Szenario ist man sehr weit entfernt. «Noch ist der 3-D-Druck für grössere Stückzahlen viel zu langsam und auch viel zu teuer», sagt Bossard-Chef David Dean. Auf die leichte Schulter nimmt man die neue Technologie bei Bossard jedoch nicht. Dean: «Auch wenn bei vielen Anwendern Ernüchterung eingekehrt ist. Früher oder später wird sich 3-D-Druck verbreiten.»

Um die Chancen und Risiken einschätzen zu können, steigt das börsenkotierte Unternehmen jetzt selbst ins Geschäft mit 3-D-Druckern ein. In einem ersten Schritt steht eine Kooperation mit zwei Herstellern von solchen Printern auf dem Programm. «Die erste Vertriebsvereinbarung mit einem Produzenten für 3-D-Kunststoffdrucker ist unter Dach und Fach, und die erste Maschine ist bereits verkauft», sagt Dean. Das Unternehmen heisst German RepRap und hat seinen Sitz am Stadtrand von München. Mit einem zweiten deutschen Hersteller werden noch Verhandlungen geführt. Klappt der Deal, wird Bossard die Maschinen der beiden Unternehmen in der Schweiz vertreiben.

Testmarkt Schweiz

Die Schweiz ist der Testmarkt. Läuft das Pilotprojekt, ist eine Ausweitung in alle 26 Bossard-Märkte geplant. «Die Hersteller haben tolle Maschinen, wir den Zugang zu ihren Kunden», sagt Dean. Später seien Beteiligungen an den Partnern oder Zukäufe denkbar.

Doch damit sind die Ambitionen Bossards im 3-D-Geschäft noch nicht fertig erzählt. «Über den Verkauf der Maschinen versuchen wir, möglichst viel über die neue Technologie zu lernen», sagt Dean. Bis sich das Know-how im 3-D-Druck verbreitet, könnte Bossard die Firmen darin schulen oder für Kunden Konstruktionen anfertigen.

Plattform zur industriellen Produktion

Bei einem «Field Trip» in Deutschland wurden jetzt Firmen aus dem 3-D-Druck-Universum besucht. Ein Abstecher führte in eine Halle voller Printer, wo Aufträge für die Industrie ausgeführt werden. In diese Richtung könnte es auch bei Bossard gehen. Zukunftsvision ist eine Plattform zur industriellen Produktion von Präzisionsteilen. Bossards Kunden übermitteln Zeichnungen. «Wir oder unsere Partner stellen die Produkte dann her», sagt Dean. Die drei industriellen Herstellungsarten 3-D-Druck, Blechbearbeitung und Fräsen/Drehen sollen ins Programm aufgenommen werden. «So versuchen wir, dem Wettbewerb einen Schritt voraus zu sein», sagt Dean.

Massenproduktion ist im 3-D-Druck nicht geplant. Die ist wegen des Fehlens von Skaleneffekten in dieser Technik derzeit auch gar nicht möglich.

 

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Erich Gerbl
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