Wer früher wissen wollte, wer schneller auf Skis den Berg hinunterkommt, der musste im direkten Wettrennen gegeneinander antreten. Dann wusste man zwar, wer Erster war, aber nicht, ob man mit den Geschwindigkeiten der Profis mithalten könnte. Noch schwieriger war die Messung des höchsten Sprungs über die Schneerampe. Das Ergebnis, ermittelt nach der Methode Pi mal Daumen, führte nicht selten zum Streit auf der Piste.

Doch damit soll schon bald Schluss sein. 2018 will Rossignol einen Ski auf den Markt bringen, der nicht nur mit einem integrierten Sensor die nötigen Daten sammelt, um solche Streitfälle zu lösen, sondern der auf den Stundenkilometer oder den Zentimeter genau entscheidet, wer schneller war oder höher gesprungen ist.

Besser trainieren

Die Bretter zeigen die Ergebnisse des Wettrennens auch gleich auf einem integrierten Display im vorderen Drittel des Skis an. Das Smartphone muss man nur noch aus der Jacke holen, wenn man den angezeigten Parameter von Geschwindigkeit auf Höhe, G-Kraft oder Kurvenwinkel umstellen will.

Die Digitalisierung und damit professionelle Vermessung ist endgültig auch im Hobbysport angekommen. Bei der Sportartikelmesse ISPO Anfang Februar in München stellten gleich mehrere Unternehmen Systeme vor, die Sportgeräte intelligenter machen und das Training verbessern sollen.

Multifunktionales Gerät

Die smarten Ski ermöglicht ein Sensor des französischen Startups PIQ. Der ist etwa so gross wie ein Zwei-Euro-Stück und soll gleich in mehreren Sportarten einsetzbar sein. Bis der Ski mit Display nächstes Jahr auf den Markt kommt, kann man den Sensor schon um den Skischuh schnallen und die gemessenen Daten nach der Abfahrt auf dem Smartphone auslesen. Im Sommer könnte man denselben Sensor beim Golf, Tennis, Boxen oder Kitesurfen einsetzen. «Bis 2020 wollen wir 20 Sportarten abdecken», sagt Florian Hutterer, der PIQ auf der ISPO vertritt.

Billig ist die Vermessung des Hobbysports nicht. Der Ski-Sensor kostet in Deutschland 198 Euro, will man ihn für eine der vier anderen Sportarten nutzen, muss man eine zusätzliche Aktivierungskarte für 29 Euro pro Sportart kaufen. Erst dann kann der Sensor am Tennisschläger oder im Golfhandschuh getragen auch die Schwünge analysieren und Verbesserungsvorschläge machen.

Wearbles auf dem nächsten Level

«Wir wollen keinen Trainer ersetzen», sagt Hutterer. Stattdessen soll der sportliche Wettkampf im Vordergrund stehen. In einem eigenen sozialen Netzwerk kann man die Messergebnisse mit denen seiner Freunde oder denen einiger Profi-Athleten vergleichen.

Diese Idee wiederum ist nicht neu. Schon seit einigen Jahren sind Fitnessapps, bei denen sich die gelaufenen oder auf dem Rad zurückgelegten Strecken und Geschwindigkeiten vergleichen lassen, auf dem Markt. Die nötigen Daten sammeln meist smarte Armbanduhren, sogenannte Wearables. Doch die neuen Sensoren gehen deutlich weiter, sie machen die Sportgeräte selbst zum Smart-Device und bauen so auf dem Wearables-Trend der letzten Jahre auf.

Sporthändler spüren den Trend

Nun lassen sich Golf-Schwünge genau analysieren und korrigieren, Ski-Fahrer können sich anzeigen lassen, in welchem Winkel sie den letzten Schwung am Hang absolviert haben, Boxer können die Kraft ihrer Schläge messen. «Die Wearables sind ein wesentlicher Trend im Sportfachhandel», sagt auch Jochen Schnell, Deutschland-Chef des Sporthändler-Verbundes Intersport.

Der Verbund gibt jedes Jahr eine Liste der wichtigsten Lieferanten heraus, wer hier oben dabei ist, ist bei den Hobbysportlern angesagt. In diesem Jahr machte vor allem Garmin einen grossen Sprung nach vorn. Das Unternehmen bietet Smartwatches für Sportler an.

Profi-Analyse für Hobby-Spieler

Doch für das Start-up PIQ mit seinen Sensoren sind nicht nur die etablierten Smartwatch-Hersteller Konkurrenten. Einige Stände weiter hat das amerikanische Unternehmen Zepp auf der ISPO ganz ähnliche Sensoren im Angebot. Doch es gibt einen entscheidenden Unterschied: Bei Zepp hat man nach den Golfern, Tennis- und Baseballspielern seit vergangenem Oktober auch schon die in Europa grösste Zielgruppe ins Visier genommen: Hobby-Fussballspieler.

Für 99 Euro bekommt man einen Sensor, den man sich mithilfe einer Art Socke um die Wade schnallen kann. Nach der Partie können Trainer oder Spieler dann wie bei den Profis die Leistung auf dem Handy auswerten. Angezeigt wird dann nicht nur die zurückgelegte Distanz während des Spiels, sondern auch die Zahl der Sprints, die Maximalgeschwindigkeit, die Zahl der Schüsse und die Schussgeschwindigkeit. Dinge, die man bisher nur aus dem Fernsehen von Stars wie Cristiano Ronaldo oder Thomas Müller kannte.

Bisher ein teurer Spass

Bislang konnten sich die Vermessung nur semiprofessionelle Teams leisten. Polar, ein weiterer Hersteller von Wearables, bietet beispielsweise das sogenannte Team Pro Shirt an. In das Unterhemd sind bereits die nötigen Sensoren integriert.

Doch das Set mit zehn Shirts und Sendern, einem iPad zur Datenanalyse und einer Basisstation für die Sensoren kostet laut Polar zwischen 5000 und 6000 Euro. Privatleute sind daher nicht die Zielgruppe. Für sie gibt es bei Polar die klassischen Brustgurte, die per GPS ebenfalls Beschleunigungswerte und zurückgelegte Strecke messen. Auf die eigene Sportart zugeschnitten wie bei PIQ und Zepp sind die Sensoren jedoch noch nicht.

Vorteil Teamsport

Wie viele Hobbykicker schon die eigenen Leistungen per Sensor messen, will Bill Longacre, Vertriebschef von Zepp, noch nicht verraten. Man sei ja erst seit wenigen Wochen mit dem Fussballsensor auf dem Markt. Bei den Ballsportarten hätten die Zepp-Sensoren immerhin schon mehr als 134 Millionen Schläge von Golfern, Tennis- und Baseball-Spielern analysiert.

Longacre ist überzeugt, dass die Sensoren schon bald zum Hobbysport gehören wie der Fussball oder der Tennisschläger. «Wer Sport treibt, will wissen, wie die eigene Leistung war», sagt Longacre. «Wir sehen, dass, wenn der erste Spieler einer Mannschaft damit anfängt, schon nach wenigen Tagen das ganze Team mit Zepp spielt.»

Dieser Text ist zuerst bei unserer Schwester-Publikation «Die Welt» unter dem Titel «Jetzt kommt der Ski mit eingebautem Tacho» erschienen.

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