Vor zwei Wochen liess die Schweizerische Nationalbank (SNB) die Katze aus dem Sack und gab völlig überraschend den Ausstieg aus dem Mindestkurs bekannt. Inländische Aktien wurden damit auf Talfahrt geschickt. Doch auch international war die Detonation folgenschwer.

In Aukland schlägt die Bombe aus der Schweiz um 22.30 Ortszeit ein. Mit einem festeren Franken hat auch hier 18760 Kilometer vom Sitz der Schweizerischen Nationalbank entfernt niemand gerechnet. Die Wetten der Devisenspekulanten auf einen schwächeren Franken sind auch hier in Neuseeland plötzlich nichts mehr wert. Von «Francogeddon» ist die Rede. Die Verluste der Kundschaft werfen den Broker Global  Brokers NZ aus der Bahn und aus dem Geschäft.

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«Eine der schlechtesten Entscheidungen die je getroffen wurde»

2000 Kilometer westlich über die Tasmanischen See hält Nick Parsons, Research-Chef der National Australia Bank in Sydney seine Meinung über den Schritt der SNB nicht zurück:  «Es ist ziemlich sicher eine der schlechtesten Entscheidungen die von einer Notenbank je getroffen wurde».

In Hongkong kommt ein Online-Banking-System mit dem Tempo der Frankenaufwertung nicht mehr mit. Kunden nutzten die Schwachstelle aus und decken sich am Abend günstig mit Franken ein.

Ganze Städte kommen aus dem Takt

Thomas Jordan bringt selbst Wien aus dem Takt. Mit einem Schlag erhöhen sich die in Franken aufgebauten Schulden der österreichischen Hauptstadt um 276 Millionen Euro. Rechtskonservative Politiker fordern den Rücktritt einer sozialistischen Finanzstadträtin und wollen sie für den Schaden zur Verantwortung ziehen. Die Städte in Nordrhein-Westfalen kostet die Franken-Aufwertung 400 Millionen Euro.

In Polen sind 700.000 Haushalte von der Verteuerung ihrer Immobilienkredite  betroffen. 40 Prozent aller Immobilienkredite sind in Schweizer Franken abgeschlossen. Es wertet nicht nur der  Franken zum polnischen Zloty, sondern auch der 31 Milliarden Franken grosse Schuldenberg der Polen um 30 Prozent auf. Experten prognostizieren, dass tausende Polen ihre Kredite nicht mehr bedienen können. Zwangsversteigerungen drohen.

Die Euro-Skepsis steigt

In Frankfurt verstopft die Extremsituation auf den Devisenmärkten die «Autobahn». Die «Autobahn» ist die Handelsplattform der Deutschen Bank, dem zweitgrössten Währungshändler der Welt. Insider berichten, dass Deutschlands grösstes Geldhaus im Franken-Chaos 150 Millionen Dollar verliert. Auch die Citigroup soll grosse Beträge in den Sand gesetzt haben.

In London wittert man hinter der Abkopplung vom Euro grössere Probleme bei der Einheitswährung. Die Euro-Skepsis steigt. Das britische Pfund schnellt mit 2.5 Prozent so stark in die Höhe wie seit Jahren nicht. Ein Siebenjahreshoch wird erreicht.  Wie in Aukland gibt auch in London ein Devisenhändler auf. Die 300 Mitarbeiter von Alpari UK verlieren ihren Job. Rund 240.000 Kunden haben zuvor die Devisen-Handelsplattform genützt. Zu viele hat das radikale Manöver der SNB auf dem falschen Fuss erwischt. Die meisten Kunden hätten Verluste erlitten die zuerst ihr Eigenkapital und dann das der Bank übertrafen, erklärt die Bank.

300-Millionen-Notkredit für FXCM

Um 7:56, noch bevor der Handel an der Wallstreet traditionell eingeläutet wird, stürzt die Aktie Devisenhandelsplattform FXCM im vorbörslichen Handel um 86 Prozent in die Tiefe. Citigroup-Analysten empfehlen den Verkauf. Weil sich die Verluste der  Kunden mit Franken-Geschäften auf 225 Millionen Dollar summieren, kann der Händler die Anforderungen der Aufsichtsbehörden nicht mehr erfüllen. Nur mit Hilfe eines Notkredites über 300 Millionen Dollar wird  FXCM vor der Pleite gerettet. FXCM führte im vergangenen Quartal für Privatpersonen 1,4 Billionen Transaktionen durch und gehört damit zu den grössten Anbietern.

Der Markt ist voll auf einen schwächeren Franken ausgerichtet. Die US-Commodity Futures Trading Commission zählt netto 2,6 Billionen Shortpositionen. Der stärkste Kursverfall den eine Industrie-Nationen-Währung je gebracht richtete ein Blutbad an. Zu den Opfern zählt MarkoDimitrijevic. Dimitrijevic hat schon viele Krisen überlebt. Von Miami aus hat der in der Schweiz aufgewachsene Hedgefondsmanager Milliarden-Dollar-Beträge vor allem in riskante Wetten in Entwicklungsländern investiert. Zuletzt hat ihm die Russland-Krise viel Geld gekostet. Doch mit einer Wette auf eine Abschwächung des Franken nach dem Goldreferendum hat er sich nun total verspekuliert. Ende Dezember war Dimitrijevics grösster und ältester Fonds noch 830 Millionen Dollar wert. Jetzt muss der Everest Capital Global  Fund schliessen.

Erich Gerbl
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