Die Verluste des gescheiterten Online-Marktplatzes Siroop sind grösser als bisher angenommen. Beim Handelsregister deponierte Bilanzen per Ende April 2018 zeigen, dass beim Joint Venture von Coop und Swisscom unter dem Strich ein Verlust von rund 140 Millionen Franken steht. Siroop hat alleine für Werbung ein Vielfaches seiner Einnahmen ausgegeben.

Die Coop Genossenschaft hat die Überreste von Siroop Anfang Juni in die Muttergesellschaft fusioniert. Zu dem Zeitpunkt waren diese bereits voll im Besitz der Detailhändlerin. Swisscom war Mitte April aus dem gemeinsamen Unternehmen ausgestiegen, worauf Coop bekannt gab, Siroop per Ende 2018 einzustellen und mit der Online-Plattform Microspot zu vereinen.

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Gesamtumsatz von knapp 2 Millionen Franken

Die der «Handelszeitung» vorliegenden Unterlagen zeigen, wie teuer der Start von Siroop war (siehe Ausriss unten). 2017 erzielte die Plattform einen Nettoerlös aus dem Handelsgeschäft von 1,2 Millionen Franken. Hinzu kommen weitere Einnahmen von 0,7 Millionen, womit die Plattform einen Ertrag von knapp 2 Millionen Franken erzielte.Dem stehen Kosten im Umfang eines Vielfachen gegenüber. Für Löhne gab Siroop knapp 19 Millionen Franken aus, für die Werbung sogar gut 21 Millionen Franken. Insgesamt resultiert für 2017 ein Jahresverlust von 55,4 Millionen Franken.

Beim Handelsregister Basel-Stadt hinterlegte Unterlagen: Jahresverlust 2017 von 55 Millionen Franken.

Beim Handelsregister Basel-Stadt hinterlegte Unterlagen: Jahresverlust 2017 von 55 Millionen Franken.

Quelle: HZ/hec

«Heftige Zahlen»

Fachleute taxieren die Zahlen von Siroop, die in dieser Form noch nie an die Öffentlichkeit gekommen sind, als «heftig». Vor allem der vermutete Aussenumsatz zeige, dass das E-Commerce-Startup offenbar trotz grosser Werbeanstrengungen keine grosse Wirkung entfalten konnte. 

Experten gehen davon aus, dass Siroop den teilnehmenden Händlern auf dem Marktplatz eine Kommission von durchschnittlich 8 Prozent in Rechnung stellte. Bei einigen renommierten Playern mag sie tiefer, bei unbekannteren Teilnehmern höher gewesen sein. Nach diesem Schema gerechnet entsprach der Betriebsertrag von 2017 einem Aussenumsatz von 23,8 Millionen Franken. 

Zwar braucht es für Neulinge im E-Commerce immer eine gewisse Anlaufzeit. Doch befragte Experten sagen, dass der offenbar erzielte Aussenumsatz im ersten vollen Geschäftsjahr 2017 von nicht einmal 25 Millionen Franken «unter jeder Kanone sei.» Und auch wenn im ersten Trimester 2018 Fortschritte erkennbar gewesen seien, erstaune es unter diesen Umständen nicht, dass Coop so schnell den Stecker gezogen habe. «Siroop war ein E-Fass ohne Boden», sagt ein Beobachter.

Abschreiber auf immateriellen Werten

Noch grösser war der anteilige Verlust im laufenden Jahr. In den ersten vier Monaten 2018 erzielte Siroop mit 1,7 Millionen Franken zwar fast gleich viel Betriebsertrag wie im ganzen Jahr 2017. Mit 27 Millionen lag jedoch auch der Reinverlust – anteilig – deutlich über dem Vorjahreswert. Grund dafür waren Abschreiber auf immateriellen Werten, die mit der Einstellung von Siroop wertlos wurden. Dazu dürfte wohl auch die glücklose Marke gehören. Coop wollte die Geschäftszahlen auf Anfrage der HZ nicht kommentieren.

Coop rechnet offenbar damit, dass Siroop für die verbleibenden Monaten nur noch mit hohen Rabatten geschäften kann. Auf den eigenen Warenbeständen per Ende April im Wert von 5,3 Millionen Franken hat Coop Wertberichtigungen von 2 Millionen Franken vorgenommen. Laut Bericht der Wirtschaftsprüfer von PWC rechnet Coop damit, dass die Vorräte nur mit Rabatten von 15 und 50 Prozent auf den Einkaufspreis verkauft werden können.

Unter den Strich fusioniert Coop einen grossen Verlust in die Genossenschaft. Dem verbleibenden Eigenkapital von 10,4 Millionen Franken steht eine Passivseite von 138,4 Millionen Franken gegenüber. Oder: Ein Bilanzverlust von 138,5 Millionen Franken.