Lange galt die Pharmabranche als Garant für stete Gewinne. Doch die ruhigen Zeiten sind vorbei, wie eine neue Studie der Beratungsfirma Bain zeigt («The end of healthcare … as we know it?»). «In den nächsten zehn Jahren wird es mehr Veränderungen geben als in den 50 Jahren zuvor», sagtNorbert Hültenschmidt, Leiter Global Healthcare bei Bain sowie Partner im Zürcher Büro.

Der Druck auf die Player steigt. Als Folge von Patentabläufen fällt zwischen 2010 und 2014 ein Umsatzvolumen von rund 80 Milliarden Dollar weg. Die Innovation ist ins Stocken geraten: Die Zahl der Neuzulassungen von Medikamenten hat sich seit Mitte der neunziger Jahre halbiert. Fürs Jahr 2010 war die Zahl der Zulassungen in den USA mit 23 auf einem historischen Tiefstand.

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Als Katalysator für die nun anstehenden Veränderungen sieht Bain den Kostendruck, etwa durch die gestiegene Staatsverschuldung, wodurch das Gesundheitswesen in der heutigen Form nicht länger finanzierbar ist. Angesichts dieses Kostendrucks laufen die Firmen Gefahr, an Geschäft und Profitabilität einzubüssen. «Insgesamt sinken die Margen», so Hültenschmidt. «Nur Player mit differenzierten Geschäftsmodellen können weiter attraktive Gewinne erzielen.» Damit dürften die Pharmafirmen auch an der Börse unter Druck bleiben.

Im Fokus der Studie steht, wie sich die Akteure in diesem veränderten Umfeld positionieren. Sie rät den Firmen zu einer Anpassung der Geschäftsmodelle. Die Anleger wiederum müssen prüfen, ob sich die Firmen auf den Wandel schnell und konsequent einlassen. Als einen der wichtigsten Trends sieht Bain den zunehmend engagierten Patienten, der durch das Internet breiter informiert ist. Der Anteil der selbst zahlenden Patienten werde steigen, dadurch wird der Patient zum Kunden, den die Firmen direkt angehen sollten, etwa durch Websites oder Apps.

Bain identifiziert verschiedene Modelle, um künftig erfolgreich zu sein, etwa jenes der Netzwerk-Innovatoren. Dieses Modell würde sich für forschungsbasierte Konzerne wie Roche unter CEOSeverin Schwan anbieten. Sie müssten mehr in die Forschung und weniger in die Entwicklung investieren, also die Auswertung von Patientendaten in späten Phasen der klinischen Entwicklung vermehrt auslagern. Ein anderes Modell ist jenes der Healthcare-Konglomerate, also von Firmen, die breit diversifiziert sind. Dieses bietet sich etwa fürJoe Jimenez an der Spitze von Novartis an. Ihnen rät die Studie, das Portfolio durch den Kauf und Verkauf von Firmen stetig anzupassen, also eine starke M&A-Abteilung aufzubauen. Zudem sollen die Synergien zwischen den Einheiten verstärkt genutzt werden. Hültenschmidt sieht ein Zeitfenster von nur etwa 18 bis 24 Monaten, um die wichtigsten Veränderungen einzuläuten: «Sonst laufen die etablierten Player Gefahr, den Anschluss an die Zukunft zu verpassen.»