An ihm kommt keiner vorbei. Das weltweit erste Modell des Menzi-Muck-Schreitbaggers von 1966 thront vor dem Haupteingang der Menzi Muck AG in Kriessern SG. Seither hat es die Firma mit ihrem ungewöhnlichen Baugefährt zum Weltmarktführer gebracht. Wer in unwegsamem oder steilem Gelände etwas bewegen will, fährt Menzi Muck – den Bagger mit den spinnenartigen Beinen, die sich in allen erdenklichen Winkeln zum Hang ausrichten lassen. Dafür ist die Marke bekannt, damit hat sie seit Jahren weltweit Erfolg. «Wir bieten Schweizer Qualität und garantieren die Robustheit unserer Maschinen unter schwierigsten Verhältnissen», sagt Firmenchef Hansjörg Lipp.

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Der Schweizer Bagger-Spezialist ist nur ein Vertreter seiner Art: Andere heissen Contrinex, Micro Mobility Systems oder Knobel Maschinenbau. Sie alle sind die Swiss Champions: mittelständische Unternehmen mit weniger als einer Milliarde Umsatz und Sitz in der Schweiz, die sich in ihrer Nische zu den führenden Unternehmen weltweit hochgearbeitet haben. Trotz ihres Erfolgs sind sie der breiten Öffentlichkeit kaum bekannt. Ein sogenannter Swiss Champion aus der Industrie erwirtschaftet im Schnitt einen Umsatz von 19 Millionen Franken und beschäftigt rund 60 Mitarbeiter.

Qualität dank Konkurrenzdruck

Einer der prominentesten Experten im Bereich der unbekannten Weltmarktführer ist der deutsche Professor Hermann Simon. Für sie hat er den Begriff «Hidden Champions» etabliert. Simon zählt rund 100 solcher Firmen in der Schweiz. Die Unternehmensberater von PwC kommen sogar auf rund 130.

Patricia Feubli, Ökonomin der Credit Suisse, wundert es nicht, dass es in der Schweiz so viele führende Mittelständler gibt. «Die Schweiz hat eine der offensten Volkswirtschaften der OECD, daher sind Unternehmen seit je dem internationalen Wettbewerb ausgesetzt.» Und der scharfe Konkurrenzdruck führt dazu, dass «Schweizer Mittelständler sich auf hochqualitative Produkte konzentrieren, da sie im Preiswettbewerb benachteiligt sind. Das gelingt vielen so gut, dass sie in ihrer Nische zu einem Weltmarktführer werden.»

Irdische Probleme

Swiss Champions sind top, kämpfen aber auch mit irdischen Problemen – allen voran der anhaltenden Frankenstärke. Selbst Unternehmen an der Weltspitze müssen zum Teil schmerzhafte Anpassungsschritte vornehmen, um den Kostennachteil durch die hoch bewertete Heimatwährung wettzumachen.

Die Entscheidung der Briten, der EU den Rücken kehren zu wollen, erhöht die Unsicherheit zusätzlich. Zudem steht nun in den Sternen, ob und wie die Schweiz die Verhandlungen mit der EU zur Begrenzung der Zuwanderung zum Erfolg führen kann. «Der Brexit hat die Unsicherheit bezüglich der Wechselkursentwicklung und der Wirtschaftsentwicklung in Europa erhöht. Somit sind auch die Risiken für die Schweizer Unternehmen und die Schweizer Hidden Champions gestiegen», sagt die Credit-Suisse-Ökonomin Feubli. Die Champions, sie stecken derzeit in einem wahren Stresstest.

Gleiche Erfolgsfaktoren

Swiss Champions haben viele Gesichter. Aber sie alle bauen auf den gleichen Erfolgsfaktoren auf, wie die Experten von PwC analysiert haben. Diese Bausteine der DNA umfassen: starke Unternehmerpersönlichkeiten, Krisenresistenz, eine globale Aufstellung, Innovation sowie eine Fokussierung auf eine Nische und den Kunden.

«Um das richtige Produkt herstellen zu können, müssen wir erst unseren Kunden und sein Anwendungsgebiet verstehen», sagt Hansjörg Lipp. Jeder Bagger werde genau an die Bedürfnisse seines Endabnehmers angepasst, Probefahren ist eine Selbstverständlichkeit.

Einzigartiges Produkt

In mehreren Montagehallen werden die Schaufelriesen zusammengeschraubt, verschweisst und vernetzt. Es riecht nach Maschinenöl. Reges Treiben herrscht, die Auftragslage ist gut: Rund 110 Bagger verlassen das Gelände im Jahr, 2015 rollte der 6000. Bagger aus der Halle.

Zudem habe der Absatz des Schreitbaggers in den Exportmärkten markant zugenommen, sagt Lipp. Neben Deutschland und Frankreich exportiert Menzi Muck in Europa unter anderem nach Österreich und Grossbritannien; nach Übersee in die USA oder Indonesien. Insgesamt liefert das Bagger-Unternehmen 60 Prozent seiner Ware ins Ausland, der Rest wird im Heimatmarkt verkauft.

Frankenschock ausgleichen

Die Auswirkungen durch den Frankenschock hat Menzi Muck heute mehr oder weniger ausgleichen können: «Was wir in Euro einkaufen und fakturieren, hält sich das Gleichgewicht.» Wo immer möglich fakturiere das Unternehmen aber in Schweizer Franken. Zudem habe man die Europreise angepasst und mit den Händlern die entsprechenden Margen angeglichen. «Unser Einkaufsvolumen in Euro ist hoch», sagt Lipp.

Neben dem Bestseller-Bagger reihen sich weitere Modelle vor der Halle aneinander. Rund 1,8 Meter Höhe misst der Kleinste, 1,7 Meter allein der Vorderreifen des Schreitbaggers – alles, was das Bauarbeiterherz begehrt. «Egal ob felsig oder weich, der Schreitbagger kann überall arbeiten. Keine Aufgabe ist ihm zu schwierig – das macht unseren Erfolg aus», erklärt der Chef.

Ein Teil der Produktion befindet sich seit Jahren in der Slowakei. Dort betreibt Menzi Muck ein eigenes Werk. Die Einzelteile werden in die Schweiz transportiert, zusammengebaut und von dort aus exportiert – die Schweiz als Qualitätssiegel.

Vorteile Standort Schweiz

Martin Eichler, Chefökonom am BAK Basel, sieht im Standort Schweiz viele Vorteile. «Es herrschen eine liberale Marktordnung, hohe Rechts- und politische Sicherheit. Auch sind die Arbeitnehmer sehr gut ausgebildet.» Dies sei Voraussetzung für Produktinnovationen. Und diese wiederum sind besonders erfolgreich, konzentrieren sie sich auf eine klar definierte Marktnische.

Für eine erfolgreiche Nischenstrategie ist die Knobel Maschinenbau AG mit Sitz in Felben-Wellhausen im Thurgau ein Paradebeispiel: Der Familienbetrieb hat sich auf Giessmaschinen für die Schokoladenindustrie spezialisiert. Und ist dabei Weltmarktführer. «Wir fertigen hier schnellere und präzisere Maschinen als unsere Mitbewerber. Ausserdem sind die Geräte auf dem qualitativ höchsten Stand», sagt der Firmenchef Guido Knobel. Giessmaschinenbauer gebe es auch in Deutschland, Italien, Benelux oder Dänemark, keiner habe es aber bisher geschafft, Knobels Maschinen in Schnelligkeit und Präzision einzuholen.

Erfolg in der Nische

Die Kühlschränke im Testlabor sind randvoll mit Schokolade, hier drängeln sich Hasen in allen Grössen und Formen, Schokoladentafeln und alles, was Kinderherzen begehren. Vor dem Genuss steht allerdings Schweizer Präzision. Erst wenn die Schokolade die optimale Dicke hat und die Düsen im gewünschten Sekundentakt die Förmchen füllen, liefert Knobel aus. «In der 3-D-Giesstechnik sind wir führend.»

Seine Nischenstrategie hat das Familienunternehmen bisher auch Krisenzeiten überstehen lassen. Denn der Schokoladenmarkt ist überschaubar und schwankt wenig. Ausserdem gewinnt das Wartungsgeschäft eine immer grössere Bedeutung. Sie ist die logische Konsequenz des Verkaufserfolgs, denn Knobels Maschinen sind mittlerweile auf der ganzen Welt zu finden. Jährlich verlassen im Schnitt zwischen 50 und 80 Schoko-Giessmaschinen die Produktion. Vertriebspartner sitzen in über 22 Ländern. Europa, die USA, Korea und Japan seien derzeit die attraktivsten Märkte.

Spitzenqualität aus der Schweiz

Dennoch hatte auch Knobel an der Frankenaufwertung zu knabbern. «Zu den besten Zeiten hatten wir 110 Mitarbeiter», sagt er. Heute sind es 70. 98 Prozent seiner Maschinen exportiert Knobel in die ganze Welt. Teile wie Stahl, Steuerungen oder Motoren kauft er im Euroraum ein. Statt zu resignieren, investierte er in die Leistungsfähigkeit seiner Maschinen. «Es ist die Qualität, die zählt», sagt er. «Swiss made» könne gut neben «Made in Germany» bestehen.

Doch selbst Spitzenqualität, mit der sich höhere Preise erzielen lassen, kann die Währungsaufwertung nicht vollständig kompensieren. Daher will auch Knobel nun einen Teil seiner Produktion auslagern. Seit einigen Jahren ist das schon in Planung. Wohin, steht noch nicht fest. Klar ist, einfache Arbeiten wie die Fertigung des Maschinenunterbaus kann sich Knobel in der Schweiz nicht mehr leisten. Der Preisdruck ist zu gross.

Martin Eichler vom BAK Basel betont die Ungewissheit, die derzeit herrscht. Sie mache es den Unternehmen sehr schwer, Entscheidungen auf einer fundierten Basis zu treffen. «Während das Alltagsgeschäft weiterläuft, dürften die Unternehmen Investitionsentscheide wenn möglich eher verschieben, bis die zukünftigen Rahmenbedingungen klarer sichtbar sind», sagt er. Die ausbleibenden Investitionen würden natürlich auch die Nachfrage nach Arbeitskräften und Gütern, insbesondere eben Investitionsgütern senken. Dies verschlechtert die wirtschaftliche Situation weiter, gerade bei Zulieferunternehmen.

Produkte für die Ewigkeit

Unter den Swiss Champions finden sich auch Unternehmen, die in ihrer Geschichte ganz andere Herausforderungen als den Frankenschock oder einen Brexit überstanden haben. Wie die Orgelbau Kuhn AG in Männedorf, die über 150 Jahre alt ist. Das Traditionsunternehmen vom Zürichsee hat zwei Weltkriege und diverse Wirtschaftskrisen überstanden – und hat sich bis heute mit 32 Mitarbeitern und rund sechs Millionen Franken Umsatz seinen Platz unter den grössten Orgelbauern der Welt behauptet.

Geschäftsführer Hans-Peter Keller greift eine der grossen Holzpfeifen aus dem Register und bläst kräftig hinein. Das Instrument gibt einen satten, runden Ton von sich. «Qualität», sagt Keller bedächtig, «Qualität in allen Bereichen, wie hier beim Klang, das ist das Einzige, was unsere Zukunft sichert.»

Die Pfeife gehört zu einer hellen Holzorgel, die Kellers Mitarbeiter derzeit in der elf Meter hohen Werkstatt fertig bauen. Die Front der Orgel mit ihren grossen Pfeifen aus einer selbst gegossenen Zinn-Legierung ist bereits fertig, im Innenraum müssen noch einige der insgesamt 1000 Pfeifen eingesetzt werden. Neun Monate dauert der Bau eines solchen Instruments. «Wir sind unserem Zeitplan voraus», betont Keller.

Im Export kaum wettbewerbsfähig

Eine Wachstumsbranche ist der Orgelbau längst nicht mehr: Kirchen sind tendenziell knapp bei Kasse. Die Frankenstärke lastet auf dem Exportgeschäft: «Beim Orgelbau machen Lohnkosten 80 Prozent vom Preis aus, nur 20 Prozent entfallen auf das Material wie Holz oder Zinn», erklärt Keller. Daher gebe es kaum Möglichkeiten, die Kosten zu drücken. «Wegen der Frankenstärke sind wir im Geschäft mit neuen Orgeln für den Export kaum mehr wettbewerbsfähig, wir konzentrieren uns hier gezielt auf Prestige-Objekte.» Dort seien Kunden weniger preissensibel. So restaurierte Orgelbau Kuhn vor zwei Jahren die Orgel im Nidarosdom im norwegischen Trondheim, eine der grössten Orgeln Europas.

Auch die neue Orgel im Konzertsaal der Royal Academy of Music stammt aus Männedorf. «Bei dem Projekt hat Elton John entscheidend mitgeholfen», sagt Keller. Denn die angesehene Musikhochschule war nach der Finanzkrise zu klamm, um sich eine neue Orgel zu gönnen. «Davon hat Elton John erfahren und kurzerhand zwei Benefiz-Konzerte gegeben, um das Geld für die neue Orgel aufzutreiben.» In der Schweiz stattete Orgelbau Kuhn unter anderem 1876 das Zürcher Grossmünster aus.

Wie einen Familienbetrieb

Gegründet wurde das Unternehmen 1872 vom deutschen Orgelbauer Johann Nepomuk Kuhn. Im Geburtshaus des Unternehmens am See sitzt bis heute die Verwaltung. Die Nachfolgeproblematik löste Nepomuks Sohn Theodor Kuhn mit der Gründung einer Aktiengesellschaft. Die Anteile liegen seitdem bei der amtierenden Geschäftsführung, die die Aktien jeweils an die Nachfolger verkauft.

«Wir führen die Firma daher wie einen Familienbetrieb, auch wenn er streng genommen keiner mehr ist», sagt Miteigentümer Keller. «Daneben konzentrieren wir uns verstärkt auf das Geschäft mit der Orgelpflege in unserem Heimatmarkt.» Denn alle 20 bis 25 Jahre muss eine Orgel einer Revision unterzogen werden. Da die Firma in ihrer langen Geschichte Hunderte von Orgeln für Schweizer Kirchen gebaut hat, dürfte ihr die Arbeit so schnell nicht ausgehen.

Permanente Erneuerung

Qualitätsprodukte stellen alle Swiss Champions her. Doch das allein reicht oft nicht. Die Produkte müssen technisch führend sein. Diese Fokussierung auf die permanente Erneuerung der eigenen Produkte ist für die Experten des Beratungsunternehmens PwC ein Charakteristikum der Swiss Champions. «Sie verstehen Innovationsmanagement als betriebliche Kerntätigkeit, die auf die Wertsteigerung des Unternehmens zielt», schreiben sie in der Studie «Swiss Champions 2016».

So belegt die Schweiz beim Global Innovation Index, den die Eliteschule Insead, die Cornell University und die World Intellectual Property Organization ermitteln, Platz eins. Auch bei der Anzahl angemeldeter Patente in Bezug auf die Bevölkerungszahl erreicht die Schweiz laut der OECD den ersten Rang. «Der Anspruch von Swiss Champions ist es, für die Kunden Lösungsanbieter und Technologiepartner zu sein, nicht nur Produktlieferant», so die PwC-Studie.

Hohe Investitionen in Forschung und Entwicklung

Ein Beispiel für eine konsequente Innovations-Strategie findet sich in der Westschweiz. Genauer gesagt in Givisiez, beim Sensoren-Hersteller Contrinex. «Wenn Sie wissen wollen, wo wir unsere Entwicklungsgelder investieren, brauchen Sie sich nur das Kunststoffgehäuse dieses Sensors anzuschauen», sagt Annette Heimlicher, die Chefin von Contrinex, und streckt ihrem Gesprächspartner einen kleinen blauen Kasten hin. «Allein schon um die Gussform für ein neues Sensorgehäuse zu entwickeln, müssen wir jeweils hohe fünfstellige Frankenbeträge investieren.»

Rund elf Prozent des Umsatzes von zuletzt 50 Millionen Franken steckt der Familienbetrieb jedes Jahr in die eigene Forschung und Entwicklung. Seit der Gründung 1972 hat Contrinex mehr als 30 Patente angemeldet. Das zahlte sich aus, denn das Unternehmen ist Marktführer bei kleinen, induktiven Sensoren. Sie sind quasi die Augen von modernen Produktionsanlagen, sei es im Automobilbau, in der Getränkeindustrie oder bei Windparkanlagen. «Die meisten unserer Sensoren sind technisch besser als jene der Konkurrenz», sagt Heimlicher. «Sie halten länger, messen genauer, sind widerstandsfähiger, halten höhere Temperaturen und Feuchtigkeit aus und lassen sich digital steuern.»

Fokus auf Innovation

An Selbstbewusstsein mangelt es der 39-jährigen Chefin nicht, die die Unternehmensleitung vor vier Jahren von ihrem Vater und Contrinex-Gründer Peter Heimlicher übernommen hat. Tochter Annette organisiert derzeit den Vertrieb neu und setzt zunehmend auf einen eigenen, exklusiven Vertrieb statt auf Joint-Venture-Partner.

Die Fokussierung auf Innovation, die ihr Vater betrieb, hat sie beibehalten. «Das Thema Digitalisierung und Industrie 4.0 hat mein Vater schon im Jahr 2000 als Kernkompetenz erkannt», sagt Heimlicher. Daher sind Contrinex-Sensoren heute quasi kleine Computer. Die Chips dafür entwickeln die Freiburger sogar selbst. «Unsere Sensoren lassen sich problemlos in eine digital gesteuerte Produktion einbinden und aus der Ferne steuern.»

Mehrfach preisgekrönt

Contrinex wurde mehrfach preisgekrönt. 2005 zum Beispiel verlieh Ernst & Young Unternehmensgründer Peter Heimlicher den Preis des «Unternehmers des Jahres». Die Trophäen stehen in einer Vitrine im Eingang des Firmensitzes. Hier sind die Unternehmensführung, die Entwicklung und ein kleiner Teil der Fertigung noch unter einem Dach.

Aber das ist bald vorbei. Denn auch als Weltmarktführer kämpft Contrinex mit der Frankenstärke. Der Firmensitz ist verkauft, bald zieht das Unternehmen in der gleichen Strasse in ein kleineres Gebäude. «Dort werden noch die Entwicklung, die Unternehmensleitung sowie Marketing und Vertrieb angesiedelt sein», so Annette Heimlicher. Dann werden am Firmensitz noch 80 Menschen arbeiten; acht weniger als derzeit. Die Bestückung von Leiterplatten, die heute noch am Firmensitz stattfindet, wird an einen Zulieferer im Ausland vergeben. Die Fertigung der Sensoren selbst ist schon vor Jahren nach Sri Lanka, Ungarn, China und zum kleinen Teil nach Brasilien verlegt worden.

Erfolg trotz Frankenschock

Denn trotz einer technisch führenden Position – höhere Preise als die zumeist deutschen Wettbewerber könne Contrinex nicht verlangen, die Kunden seien am längeren Hebel. Immerhin: Trotz Frankenstärke schreibt das Familienunternehmen schwarze Zahlen. Auch der Brexit trifft Heimlicher nicht unvorbereitet: Schon vor Monaten hat sie sich bei Banken einen Frankenkurs von 1.095 Franken je Euro gesichert.

Und die Chefin bleibt ambitioniert: Bis 2022 will sie die 100-Millionen-Franken-Marke beim Umsatz geknackt haben. «Ohne die Frankenstärke wären wir diesem Ziel viel näher.»

Doch es gibt ein Mittel gegen die Frankenstärke: Globalisierung. Während der Euro zum Franken seit Jahren zur Schwäche neigt, halten sich andere Währungen wie der Dollar vergleichsweise stabil. Je geringer die Abhängigkeit vom EU-Markt, desto weniger leiden Swiss Champions unter der Frankenstärke.

Dafür gibt es ein Beispiel in Küsnacht ZH. Seit 1999 entwickelt und vermarktet Micro Mobility Systems Scooter. Die kleinen soliden Roller kennt in der Schweiz jedes Kind, sie sind für Schüler der Stolz auf jedem Schulhof.

«Ein bisschen wie Ricola»

Gründer und Inhaber Wim Ouboter exportiert seine Scooter in 75 Länder. Die derzeit grössten Wachstumsmärkte seien Korea und Japan, einen grossen Teil des Umsatzes von jährlich rund 60 Millionen Franken generiert Ouboter in Grossbritannien. «Unser Vertreter dort hat nach dem Brexit wegen der Kursabwertung des Pfunds gegenüber dem Dollar zehn Prozent weniger Marge.» Der Unternehmer werde sicher weniger Micro-Kickboards nach Grossbritannien verkaufen. «Was wir aber gut verkraften können.»

Fakturiert wird seit Herbst 2015 nur noch in Dollars. So federt Ouboter den starken Franken ab. Sein USP ist und bleibt die Schweiz, denn seine Idee kommt aus der Schweiz, und damit wirbt er auch. «Wir sind ein bisschen wie Ricola: ‹Wer hat’s erfunden?›» Das kommt auch bei den Prominenten weltweit gut an. Rund 200 VIPs fahren seinen Micro-Scooter. Für Ouboter die beste Werbung.

Marketing und Standort Schweiz

Neben neuen Ideen ist für Wim Ouboter die Marke das Allerwichtigste. Damit konnte sich der Erfinder und Tüftler auf dem hart umkämpften Tretroller-Markt behaupten. Denn den faltbaren Scooter gibt es seit seiner Erfindung 1999 wie Sand am Meer. Günstigere Modelle als die seinen sowieso. Dennoch ist Ouboter Weltmarktführer mit seinem Produkt –dank seinem Marketing und dem Schweizer Hauptsitz.

Ouboter ruht sich nicht auf seinem Erfolg aus – und setzt ebenfalls auf Innovationen: «Die Schweiz ist eines der innovativsten Länder, die Zusammenarbeit mit den Hochschulen ist ausgezeichnet.» Derzeit entwickelt Ouboter mit Studenten der ZHAW den Microlino, einen Nachbau des Kabinenrollers Isetta als Elektroauto. Einen Prototyp gibt es bereits; 2018 soll das Auto für unter 12 000 Franken in den Verkauf gehen. 1600 Mal ist es bereits vorbestellt.

Holger Alich
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