Frau Schnydrig Moser, Wie gut ist Ihr Chinesisch?
Florence Schyndrig Moser: Warum fragen Sie?

Die chinesische Kartengesellschaft Union Pay will in Europa Kreditkarten ausgeben und sucht Partner.
Ich habe zwar zwei Jahre lang in Hongkong gelebt, aber für Chinesisch hat es nicht gereicht. In der Regel lernt man aber ohnehin Mandarin, und in Hongkong wird kantonesisch gesprochen. 

Welches Chinesisch bräuchten Sie für Verhandlungen mit Union Pay?
Ich vermute mal Mandarin.

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Auch Alipay drängt in den Markt. Für Sie eine Gefahr oder eine Chance?
Das kann attraktiv sein, wir prüfen natürlich alle Möglichkeiten. Die Entwicklung zeigt, wie interessant unsere Branche ist. Es kommen viele neue Player und es fällt auf, dass viele von ihnen auf etablierte Partner setzen. Am Ende werden die Kunden jene Marken wählen, denen sie mehr vertrauen. Und da sind wir mit Swisscard gut aufgestellt. Wichtig ist unseren Kunden, dass wir in der Schweiz zu Hause sind und hier auch unser Callcenter betreiben. Was passiert, wenn Sie bei einer Online-Bank wie Revolut ein Problem haben? Da gibt es oft gar kein Callcenter. Und wenn, dann meistens nicht auf Deutsch.

Revolut ist ein spannendes Beispiel: In einem Markt mit austauschbaren Produkten konnte die britische Online-Bank in kürzester Zeit viele Kunden gewinnen. Weil sie ein paar Dinge anders gemacht hat – und günstiger ist.
Revolut hat eine einfache Story: Sie hat nur ein Produkt mit einer guten digitalen Umsetzung. Diese setzt eine Benchmark, an der wir uns orientieren. Wir arbeiten an einer neuen App, mit der unsere Kunden den Einsatz ihrer Kreditkarten besser steuern und in Echtzeit ihre Transaktionen überwachen können. Aber ansonsten ist Revolut nicht mit uns vergleichbar. 

«Wir müssen die Kunden davon überzeugen, dass es sicherer und bequemer ist, mit der Karte zu bezahlen.»

Was ist nicht vergleichbar?
Weil die Firma nur eine Prepaid-Karte ausgibt und nicht von der Finma in der Schweiz beaufsichtigt wird, muss sie viel weniger strenge Anforderungen erfüllen als ein Herausgeber von Kreditkarten. Der Kunde hat den Nachteil, dass er das Geld im Voraus aufs Konto einzahlen muss. 

Viele Schweizer wollen gar keinen Kredit. Sie bezahlen gerne mit Karten, die direkt ab dem Konto belasten. Der Anteil der Kreditkarten im stationären Handel liegt bei weniger als einem Fünftel. 
Kreditkarten haben grosse Vorteile. Sie sind eine Firewall zwischen dem Verkäufer und Ihrem Bankkonto. Bei einer Debitkarte ist das Geld weg, sobald die Zahlung ausgelöst ist. Sie können auch bei der Kreditkarte die Rechnung sofort begleichen. Aber Sie haben dreissig Tage Zeit, die Buchungen zu hinterfragen und falsche Zahlungen anzufechten. 

Und trotzdem scheinen die Schweizer sehr an der Debitkarte zu hängen.
Das ist gar nicht unser Problem. Unser Fokus liegt vielmehr auf dem Bargeld, das in der Schweiz noch immer 70 Prozent der Transaktionen und 50 Prozent der Umsätze ausmacht. Wir müssen die Kunden davon überzeugen, dass es sicherer und bequemer ist, mit der Karte zu bezahlen. 

Interview mit Florence Schnydrig Moser, CEO Swisscard, für HZ
Quelle: Rita Palanikumar

«Ich habe kein Portemonnaie. Ich habe nur das Handy. In der Hülle stecken ein paar Karten und für Notfälle ein Zehnernötli.»

Florence Schnydrig Moser, CEO Swisscard

Wie bezahlen Sie selbst?
Manchmal mit dem Handy, meistens aber mit Karte. Bargeld nutze ich nie. 

Können wir Ihr Portemonnaie kontrollieren?
Ich habe kein Portemonnaie. Ich habe nur das Handy. In der Hülle stecken ein paar Karten und für Notfälle ein Zehnernötli. 

Als Apple Pay und Samsung Pay in der Schweiz lanciert wurden, hat Swisscard lange gezögert. Google Pay haben Sie gar nicht eingeführt. Warum? 
Wir waren schneller als die meisten Mitbewerber. Mittlerweile unterstützen wir Apple und Samsung bei allen Karten für Privatkunden. Wir wollten da erst die Kundenbedürfnisse abklären und bei einigen Produkten mussten wir auch auf die Partner Rücksicht nehmen. Wir fragen immer: Ist das nötig und ist das von Anfang an nötig? Wenn der Bedarf da ist, machen wir es. 

Wie weit sind Sie mit Google Pay?
Wir beobachten den Markt und prüfen alle relevanten Angebote für mobiles Bezahlen. Und wir entscheiden und kommunizieren, sobald es für uns stimmt. Ein Kriterium ist dabei auch der Datenschutz, der für Swisscard sehr wichtig ist. 

Letztes Jahr verloren Sie Coop als Partner, die Supercard-Kreditkarte wird jetzt von der UBS herausgegeben. Wie viele Kunden haben Sie verloren?
Ich kann keine Zahlen nennen, aber wir sind zufrieden. Wir haben als Ersatz die kostenlose Cashback-Karte lanciert und konnten die Mehrheit der Kunden davon überzeugen, auf dieses Produkt zu wechseln. 

Der Ersatz ist gratis, unterstützt Mobile Payment und bietet einen Umsatzbonus von bis zu 1 Prozent. Wie erklären Sie mir, dass ich für eine andere Karte eine dreistellige Jahresgebühr bezahlen soll?
Sie haben bei der Cashback-Karte nie die gleichen Leistungen wie etwa bei einer Platinum-Karte von American Express. Da geht es um kostenlose Zusatzleistungen wie Versicherungen, Reisebüros, Lifestyle und andere Dienstleistungen. Jeder Kunde wertet das anders. Und daher wird es immer viele unterschiedliche Karten geben.

Swisscard-CEO Florence Schnydrig Moser im Gespräch mit HZ-Redaktor Michael Heim
Quelle: Rita Palanikumar

«Swisscard ist sicher nicht der Hinterhof der Credit Suisse.»

Florence Schnydrig Moser, CEO Swisscard

Ihre weniger offensichtlichen Gebühren sind hoch: Trotz SNB-Negativzinsen bezahle ich bei Ihnen einen Kreditzins von 12 Prozent. Das ist doch Wucher!
Das kann ich so nicht stehen lassen. Wucher ist ein Straftatbestand. Der zulässige Maximalzins ist streng reguliert und wird von Swisscard eingehalten. 

Sie schöpfen ihn voll aus.
Die Kunden wissen, was ein Kredit kostet. Und sie können die Kreditkarte auch ohne die Kreditfunktion nutzen. Trotz strenger Kreditprüfung gibt es immer wieder Forderungen, die wir abschreiben müssen, und dieses Risiko müssen wir über den Kreditzins abdecken. Allein von den Gebühren, die der Handel bezahlt, können wir das System nicht betreiben. Wir investieren in Technologie und beschäftigen viele Mitarbeitende. Das alles kostet. Sicherheit hat einen Wert, aber auch einen Preis. 

Sie verdienen auch ziemlich gut an Fremdwährungstransaktionen. Ein Test der «Handelszeitung» zeigte, dass Sie beim Euro eine Devisenmarge von mehr als 4 Prozent haben. 
Die Zuschläge auf Fremdwährungstransaktionen sind je nach Produkt unterschiedlich. Auch das ist eine der Einnahmen, von denen wir leben. Aber der Kunde bekommt auch etwas dafür, denn er muss sich kein Bargeld besorgen. Das Bargeld, das Sie früher vor den Ferien auf der Bank gewechselt haben, war auch nicht gratis. 

Welche Rolle hat Swisscard im Konzern Credit Suisse? Als Sie im September Swisscard-CEO wurden, schrieb «Inside Paradeplatz», Sie wechselten in den «Hinterhof der Credit Suisse». 
Swisscard ist sicher nicht der Hinterhof der Credit Suisse. Ich führe eine eigenständige Firma mit rund 650 Mitarbeitenden, die je zur Hälfte der Credit Suisse und American Express gehört. Die CS ist einer unserer wichtigsten Partner, allerdings mit deutlich weniger als der Hälfte des Umsatzes. Keine Kartengesellschaft ist so breit aufgestellt wie wir, wir sind die Nummer eins. Wir haben keine grossen Abhängigkeiten, weshalb wir auch die Trennung von Coop verkraften konnten. 

Wie hat sich Ihr Alltag mit dem Wechsel verändert?
Ich habe von einem grossen, globalen Betrieb in ein KMU gewechselt. Ich habe jetzt eine breite End-to-end-Verantwortung, das gefällt mir. Und wir befinden uns mit der Payment-Branche in aufregenden Zeiten. Ich kannte Swisscard aber schon vorher, denn über meine Funktion bei der CS sass ich im Verwaltungsrat von Swisscard. 

Was war der Auslöser für den Wechsel?
Ich wollte mal diese Verantwortung über ein ganzes Unternehmen haben und nicht einfach eine Dienstleistung erbringen.

Für die Credit Suisse arbeiteten Sie auch in Australien und Asien. Was haben Sie da über das Banking gelernt?
Gut, das ist schon ein paar Jahre her. Der Markt in Australien ist spannend und war damals in gewissen Bereichen weiter als die Schweiz. Es gibt auch grosse kulturelle Unterschiede: In Sachen Diversity ist Australien der Schweiz weit voraus, Hongkong sowieso. Die grossen Unternehmen machen inzwischen zwar auch in der Schweiz recht viel – von der Rekrutierung bis zur Beförderungspolitik. Aber ich sehe noch viel Nachholbedarf in der Politik. Doch zu politischen Themen möchte ich mich nicht äussern. 

Florence Schnydrig Moser, CEOSwisscard fotografiert von Rita Palanikumar
Quelle: Rita Palanikumar
Zur Person: Florence Schnydrig Moser, Swisscard

Name: Florence Schnydrig Moser

Funktion: CEO Swisscard

Familie: verheiratet, Mutter zweier schulpflichtiger Kinder

Ausbildung: Studium der Mathematik an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (EPFL) in Lausanne, Lehrpatent als Gymnasiallehrerin für Mathematik, CFA (Chartered Financial Analyst)

Das Unternehmen Die Kreditkartengesellschaft Swisscard gehört je zur Hälfte der Credit Suisse und American Express. Derzeit hat Swisscard gut 1,5 Millionen Karten im Umlauf. Als einziger Issuer vertreibt Swisscard in der Schweiz Karten von American Express. 

Michael Heim Handelszeitung
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