Sie sind Präsident und CEO von Hailo Japan. Was ist Ihr Geschäftsmodell?
Ryo Umezawa*: Wir verbinden Taxifahrer und Unternehmen über eine App mit ihren Kunden. Diese App ist für beide Seiten gratis. Dafür müssen uns die Fahrer einen kleinen Teil des Fahrpreises abgeben.
Das tönt im Prinzip ganz nach Uber oder nicht?
Es gibt Ähnlichkeiten aber auch Unterschiede. Uber bietet neben der Taxivermittlung viele weitere Serviceleistungen an, etwa Kurierdienste oder Car-Sharing. Zudem konzentriert sich Uber auf die Vermietung von privaten Fahrern und ihren Autos. Wir dagegen fokussieren uns auf Taxis.
Und was bedeutet das?
Wir versuchen, so viele Taxi-Firmen wie möglich zu sammeln, um die Abläufe für die Fahrer und die Kunden effizienter zu gestalten. Mit diesem Modell bieten wir Sicherheit, weil all unsere Fahrer versichert und lizenziert sind. Bei unserer Konkurrenz ist das teilweise anders. Für das Taxi-Geschäft ist Hailo besser als Uber.
Aber ist das im Vergleich zu Uber nicht ein Schritt zurück? Schliesslich basiert der Erfolg der Firma auf dem Sharing-Economy-Gedanken und den tieferen Preisen.
Wir sehen uns als «konstruktive Innovatoren». Und wir glauben ans traditionelle Taxi-Business, das beispielsweise in London – in unterschiedlichen Formen – seit 400 Jahren existiert. Deshalb versuchen wir, die Einnahmen der Taxifahrer durch moderne Technologie zu maximieren und die Abläufe in der Branche effizienter zu gestalten.
Was heisst das konkret?
Viele Taxis sind oft leer. Die Suche nach Kunden gleicht heute einer Lotterie und die Fahrer verbringen teilweise einen Drittel der Zeit mit sinnlosem Umherfahren. Mit dem Smartphone kann das verbessert werden. Hier sehen wir ein riesiges Potenzial. Anstatt nur auf die Preise zu achten, wollen wir die Effizienz der bestehenden Taxi-Industrie verbessern.
Taxis sind also gleich teuer mit der Hailo-App?
Ja, der Preis ist derselbe.
Warum soll ich dann als Konsument die App benutzen? Ist Hailo nicht einfach eine weitere Taxizentrale auf dem Smartphone?
Es gibt gute Gründe, die App zu nutzen. Zwei Klicks reichen und das Taxi kommt direkt an die Tür. Zudem sind die Taxis, weil wir in den Städten grosse Pools haben, sehr schnell da. Bei der herkömmlichen Bestellung ist das ja eher Glücksache. Und ganz wichtig: Die Fahrer sind sicher und kennen sich in ihren Städten aus.
Bei Uber gibt es da ja ziemlich üble Geschichten mit kriminellen Fahrern.
Abzockerei oder verbrecherische Fahrer sind in meinem Bereich in Japan zwar nicht unbedingt das Problem. Aber wir haben sehr hohe Standards, was die Fahrer betrifft. Sie müssen Profis sein. Und unsere User können die Fahrer bewerten und die Fahrer die User.
Uber steht ja inzwischen weltweit unter Beschuss und wurde an vielen Orten gar verboten, weil sich Taxifahrer und Taxiunternehmer gegen die neue Konkurrenz sträuben. Das dürfte für Ihre Firma dagegen kein Problem sein.
Genau. Unter dem Strich hilft unsere App, mehr Jobs für Taxifahrer zu schaffen. Hailo wurde von drei Londoner Taxifahrern und drei Unternehmern gegründet. Es liegt damit in der DNA unserer Firma, dass wir die Taxi-Industrie unterstützen und aufbauen. Vor rechtlichen Problemen haben wir zudem auch deshalb keine Angst, weil wir den Markteintritt in neuen Ländern in enger Zusammenarbeit mit den jeweiligen Regierungen vorbereiten und uns genau an die Gesetze halten.
Hailo ist vom Startup zu einer recht grossen Firma herangewachsen und macht inzwischen einen jährlichen Umsatz von 100 Millionen Dollar. Wo werden diese Einkünfte generiert?
Hailo gibt es inzwischen in Grossbritannien, Irland, Spanien, Singapur und Japan. Wir geben keine Umsatz-Zahlen zu den einzelnen Niederlassungen bekannt. Ich kann aber sagen, dass wir in London sehr stark sind. Von 20'000 Taxis sind rund 15'000 bei Hailo dabei. Und in Dublin nutzen uns etwa zehn Prozent der Bevölkerung. Zudem können wir überall ein starkes Wachstum verzeichnen. Insgesamt haben wir 1,8 Millionen registrierte Nutzer. Den Erfolg haben auch die Investoren bemerkt, bei denen wir bisher mehr als 100 Millionen Dollar einsammeln konnten, unter anderem von Richard Branson.
Gibt es Pläne für die Schweiz?
Europäische Städte sind generell sehr attraktiv für uns und auch in der Schweiz gibt es sicher einige mögliche Kandidaten, die wir in Zukunft anschauen werden.
Aber ist denn der Aufstieg von Uber nicht ein Zeichen, dass das traditionelle Taxi-Business vor dem Aus steht? Schliesslich sprechen heute alle von der sogenannten Sharing-Economy.
Wir verteidigen nicht einfach den Markt, sondern wir wollen die Taxi-Industrie erneuern. Unsere Konkurrenten mögen andere Ansichten haben und neue Transportmodelle entwickeln, doch wir konzentrieren uns auf die Verbesserung des Bestehenden. Das ist unsere Strategie.
Sie glauben also daran, dass sich am Ende die echten Taxis gegen die billigeren Amateur-Fahrer durchsetzen?
Das ist eine sehr schwierige Frage. Natürlich mag der Preis für einige Fahrgäste und Märkte wichtig sein. Doch es gibt auch andere Faktoren. Für viele Kunden sind beispielsweise Sicherheit und Pünktlichkeit genauso entscheidend. Ich glaube, dass die Chancen für hochwertigen Service im Transportbereich intakt sind. Taxis wird es deshalb noch lange geben.
*Ryo Umezawa (31) ist CEO von Hailo Japan und versucht die Londoner App in seinem Heimatland zu etablieren. Der junge Unternehmer war zuvor schon am Aufbau von Startups beteiligt. Am St. Gallen Symposium wurde Umezawa zwei Mal unter die Leaders of Tomorrow gewählt. Zudem ist er Mitglied der Global Shapers des WEF. Handelszeitung.ch hat den Manager an der internationalen Startup-Konferenz Start Summit in St. Gallen getroffen.