Der Ölpreis ist seit vergangenem Sommer um rund 50 Prozent gefallen - senken Sie nun auch Ihre Ticketpreise um 50 Prozent?
Temel Kotil: Ich hatte das bisher nicht geplant. Aber eine Reduktion wird ganz automatisch passieren. Die Ticketpreise werden um 20 Prozent sinken.

Um 20 Prozent? Das klingt gut für Passagiere. Sind Sie sicher?
Natürlich. Denn die Ticketpreise werden durch die Passagiere bestimmt, nicht von den Fluggesellschaften. Je mehr Passagiere es gibt, desto höher sind auch die Flugpreise. Wenn nun der Preis für Öl sinkt und damit die Treibstoffkosten, werden viele Fluggesellschaften ihr Angebot ausweiten, während die Passagierzahlen gleich bleiben. Das führt automatisch zu niedrigeren Preisen für Flugtickets.

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Das ist aber nicht unbedingt gut für Sie.
Hier hilft uns die firmeneigene Effizienz. Genau das macht uns zu dem, was wir sind: Eine Low-Cost-Airline mit einem grossartigen Produkt.

Aber Sie erwarten weniger Gewinn?
Nein, wir machen seit 13 Jahren jedes Jahr Gewinn und werden das auch weiterhin tun. Allerdings fallen nun unsere Kosten geringer aus. Die Kosten für Treibstoff betragen rund 40 Prozent unserer Gesamtkosten. Als im Jahr 2008 die Ölpreise sehr hoch waren, haben wir dennoch die Ticketpreise niedrig gehalten. Wir waren in dem Jahr die sechst profitabelste Airline. Dann, im Jahr 2009, fielen die Rohstoffpreise wegen der Finanzkrise stark. Trotzdem war es ein perfektes Jahr für uns. Denn wir sind sehr effizient.

Wie wichtig ist die Schweiz für Sie? Wollen Sie eher türkische Urlauber in die Alpen bringen oder Schweizer Geschäftsleute in die Türkei?
Die Schweiz ist sehr wichtig für uns. Es geht uns sowohl um Touristen als auch um Geschäftsleute. Das Airlinegeschäft ist global.

In der Schweiz kontrollieren Sie die Flughäfen Basel und Genf: Kaum jemand  ausser Ihnen fliegt von dort Istanbul direkt an.
Die anderen können gerne auch nach Istanbul fliegen.

Werden Sie Ihr Angebot in der Schweiz erhöhen?
Dazu ist noch keine Entscheidung gefallen, wir bedienen mit Zürich, Genf und Basel schon drei Städte in der Schweiz.

Sie bedienen zudem Mini-Flughäfen wie Friedrichshafen am Bodensee. Ködern Sie dort auch Schweizer Kunden?
Wir fliegen ebenfalls solche kleinen Flughäfen an, weil wir so mehr Passagiere bekommen und mehr Geld verdienen. Ausserdem unterstützen wir so unseren Istanbul-Hub.

Turkish Airlines kann auf einige Vorteile vertrauen: Ihre Airline gehört zur Hälfte dem türkischen Staat, es gibt in Istanbul kein Nachtflugverbot...
... ja, das stimmt....

...zudem profitieren Sie von niedrigen Steuern und niedrigen Löhnen. Ausserdem gibt es kaum Streiks, während zum Beispiel bei Lufthansa es öfter Streiks gibt. Ist bei Ihnen das Streiken verboten?
Nein, das ist es nicht. Zuletzt hatten wir einen Streik vor ungefähr zwei Jahren, aber nur von einem kleinen Teil der Beschäftigten.

Sie sollen Streikenden gekündigt haben.
Ich habe sie später wieder eingestellt. Meine Botschaft ist: Meine Mitarbeiter lieben das Unternehmen mehr als die Gewerkschaft, nicht weil ich ihnen Druck mache, sondern weil wir exzellente Arbeit leisten. Turkish Airlines ist wie eine grosse Familie.

Sie sind nun seit zehn Jahren Chef von Turkish Airlines. Wie lange machen Sie den Job noch?
Mindestens noch weitere zehn Jahre.

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