BILANZ: Sie sind Anwalt und Multiverwaltungsrat. Nun fungieren Sie auch noch als CEO von Forbo. Kann das gut gehen?

Rolf Watter: Momentan bin ich sicher an der absoluten Grenze dessen, was ich zeitlich machen kann. Bei Forbo funktioniert die Führung aber gut, weil die Holding ja nur drei sehr unabhängige Divisionen führt, die durch sehr gute Manager geleitet werden, womit die Arbeit überblickbar ist. Auch unterstützt mich der CFO stark.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Haben Sie Bedenken, die Geschehnisse um Forbo könnten Ihrem Ruf als Anwalt Schaden zufügen?

Ziel des Verwaltungsrates war es immer, den Aktionären in einem fairen Verfahren den Entscheid zu ermöglichen, wer der künftige Kontrollinhaber sein soll. Das ist bisher
gelungen.

Auch wenn Sie als designierter Präsident als Verlierer vom Platz gehen könnten?

Noch einmal: Wir hatten das Ziel, den Aktionären eine Wahlmöglichkeit gewähren zu können. Insofern fühle ich mich – gemeinsam mit meinen Kollegen im Verwaltungsrat – durchaus als Gewinner, denn wir scheinen unser Ziel zu erreichen. Was den Wettbewerb zwischen Herrn Pieper und CVC betrifft, hat der Forbo-Verwaltungsrat keine Präferenz, uns ging es ja immer nur um einen fairen Preis beziehungsweise um eine faire Ausstiegsmöglichkeit für die Aktionäre. Wir waren und sind nur Schiedsrichter in diesem Bieterverfahren. Insofern wäre es mir höchstens lieber gewesen, es hätte neben der CVC noch weitere Bieter gegeben; das hätte den Preis positiv beeinflusst. Als das Bieterverfahren begann, lag der Kurs bei 175, heute liegt ein Angebot über 260 Franken vor.

Für Aussenstehende präsentiert sich die jüngste Geschichte der Forbo nicht gerade als Ruhmesblatt: Strategie- und Personalwechsel in den Schlüsselpositionen schaffen Versunsicherung; die Geschäfte laufen schlecht. Selbstktitisch: Muss der Verwaltungsrat dafür die Verantwortung übernehmen?

Die Personalwechsel auf der obersten Führungsebene haben dem Unternehmen sicher geschadet. Teil des Problems war dabei, dass fähige Manager noch bessere Positionen angeboten erhalten haben. Ich bin aber überzeugt davon, dass wir jetzt auf Stufe der drei Divisionen eine ausgezeichnete Equipe am Ruder haben. Anzufügen ist, dass auch Herr Pieper im Verwaltungsrat war, und das vier Jahre lang. Er hat alle Entscheidungen stets mitgetragen. Ich kann mir die gegenwärtige Kampagne gegen den VR deshalb nicht recht erklären, umso weniger, als ja die beschlossene Strategie weitergeführt werden soll.

Weshalb hat der Forbo-VR zugestimmt, dass CVC ein Angebot für 260 Franken pro Aktie machen darf?

Der gesamte Verwaltungsrat hat schon im November beschlossen, ausgewählten Bietern unter gewissen Voraussetzungen eine Due Diligence zu erlauben, übrigens auch das mit der Zustimmung von Herrn Pieper.

Damals lag der Kurs bereinigt bei rund 173 Franken. Dass wir heute nach Abschluss des Verfahrens Annahme empfehlen, hat zentral mit dem Umstand zu tun, dass dieser Preis von den durch uns eingesetzten Experten als fair beurteilt wird. Selbstverständlich obliegt es aber jedem Aktionär zu entscheiden, ob er das Angebot annehmen will oder nicht.

Kommt die Übernahme zu Stande, wäre dies ein Exit für den VR, der offenbar nicht glaubt, aus eigener Kraft die Firma wieder flottzukriegen.

Wir haben schon vor Wochen angekündigt, dass wir dann zurücktreten, wenn sich ein neuer Kontrollinhaber etabliert hat. Sowohl Herr Pieper als auch CVC betonen ja, dass sie genau dasselbe machen wollen, wie es der jetzige Verwaltungsrat beschlossen hat – so falsch kann es also nicht sein, was beschlossen wurde.

Das «Transaction Agreement» zwischen Forbo und CVC sieht vor, dass Forbo bei einem Scheitern des Angebots eine «cost coverage» von 0,8 Millionen Franken zu zahlen hat. Ist das gerechtfertigt?

Solche Zahlungen sind nicht selten und meist wesentlich höher. Ich erinnere daran, dass dieser Betrag etwa 30 Rappen pro Aktie entspricht. Dank diesem geringen Betrag kann der Aktionär nun frei entscheiden, wer der künftige Kontrollinhaber sein soll, und er kann die Aktien zusätzlich am Markt zu rund 260 Franken verkaufen, während die Kurse vor der Ankündigung des Verfahrens mehr als 30 Prozent tiefer notierten. Zu bedenken ist auch, dass das Verfahren, das jeden Bieter Millionen gekostet haben dürfte, durch einen ehemaligen VR unterlaufen wurde. Dies hat die Forbo potenziellen Ansprüchen ausgesetzt, die wir durch das Versprechen dieser Kostenbeteiligung nun aber verhindern können.

Könnte es demnach sein, dass andere Bieter noch auf den Plan treten mit einem Angebot, auch um über diesen Weg einen Teil ihrer bereits investierten Kosten auf Forbo abwälzen zu können?

Das halte ich für praktisch ausgeschlossen. Nicht zuletzt deshalb, weil wir ja mit dem 25. Februar eine zeitliche Limite gesetzt haben für ein Angebot und wir auch immer kommuniziert haben, dass die 0,8 Millionen Franken nur jener Partei zugesprochen werden sollten, die das beste Angebot einreicht und bis dann einen Vertrag unterzeichnet. Die Kosten für ein Angebot belaufen sich zudem auf deutlich mehr als 0,8 Millionen Franken; insofern wäre ein Angebot, das nur auf diese Entschädigung schielt, sowieso ein sehr schlechtes Geschäft, vom damit verbundenen Reputationsrisiko für den Bieter ganz zu schweigen.

Also ist die Summe von 0,8 Millionen Franken eine willkürlich festgesetzte Summe?

Wenn Sie so wollen, ja. Im Januar hat ein erster Bieter eine Summe von fünf Millionen gefordert, mit der Begründung, dass es ja der Forbo-Verwaltungsrat war, der den Bieterprozess ausgelöst hatte und er nun aus seinem Kreis unterlaufen werde. Als dann Michael Pieper mit der Information an die Öffentlichkeit ging, er besitze bereits über ein Fünftel der Forbo-Aktien, hat das bei den Bietern eingeschlagen wie eine Bombe, weil sie sich durch einen Insider hintergangen fühlten, was gerade für die Bieter aus dem angelsächsischen Raum Haftungsfragen aufkommen liess. Durch Verhandeln konnten wir dann erreichen, dass wir nur dem Bieter mit dem besten Angebot eine reduzierte Summe versprechen mussten. Nachdem nur CVC einen Transaktionsvertrag unterzeichnet hat, wird nur CVC diese Summe erhalten, dies aus meiner Sicht im besten Interesse der Aktionäre.

Inwiefern?

Die Summe stellt für unsere Aktionäre eine Art Versicherungsprämie dar, dass sie eine Wahlmöglichkeit auf einem Niveau von 260 Franken haben; auch wird praktisch die Gefahr kleiner, dass der Preis beispielsweise auf 180 Franken absackt und Michael Pieper oder jemand anders sechs Monate später unbedrängt ein Angebot über 200 Franken machen könnte.

Stimmt es, dass CEO This Schneider vom VR freigestellt wurde, weil er Kontakt zu Martin Ebner gesucht hatte?

Zur Frage der Freistellung möchte ich mich in Anbetracht der laufenden Gespräche nicht äussern.

Schneider signalisiert, er würde den Job wieder machen, sofern von einem neuen oder alten Eigentümer eine überzeugende Strategie vorgelegt würde. Eine Option für Sie?

Der Verwaltungsrat ist mit Herrn Schneider im Gespräch. Es ist absolut denkbar, dass er bald wieder an die Spitze des Unternehmens zurückkehrt.

Michael Pieper hat die Bedingungen des Kaufangebots von der Übernahmekommission untersuchen lassen und ist abgeblitzt. Zufrieden?

Insoweit zufrieden, als damit das Ziel des Verwaltungsrates, den Aktionär frei entscheiden zu lassen, möglich bleibt.

Michael Pieper ist ein Unternehmer. Trauen Sie ihm zu – sofern er den Verkauf verhindern kann –, Forbo wieder zum ertragsstarken Unternehmen zu machen?

Herr Pieper war vier Jahre lang im VR von Forbo. Er hat alle Entscheidungen stets mitgetragen. Er hat auch den Verkaufsprozess zunächst unterstützt. Dass er den Bieterprozess heute als zu langwierig empfindet, ist an sich verständlich, nur ist zu berücksichtigen, dass das Verfahren vor allem deshalb nicht schon im Januar abgeschlossen wurde, weil die Bieter Teile des Januars und des Februars damit verbracht haben, mit Herrn Pieper eine Einigung zu suchen.

Willy Kissling tritt als VR-Präsident zurück. Erhält er eine Abgangsentschädigung?

VR-Mitglieder erhalten bei Forbo keinerlei Abgangsentschädigung, weder Willy Kissling noch sonst jemand.

Allein die drei Hauptaktionäre Michael Pieper, Rudolf Maag und Tweedy, Browne halten 43 Prozent der Forbo-Aktien. Müsste da der bestehende VR an der ausserordentlichen GV vom 24. März mit Ausnahme von This Schneider nicht zurücktreten, um neuen Kräften Platz zu machen?

Wir haben immer gesagt: Sobald ein neuer Kontrollinhaber etabliert ist, wird der VR zurücktreten. Dies ist nun in Anbetracht der Offerte erst etwa am 8. April klar, wenn bekannt ist, wie viele Aktien der CVC angedient wurden. Am 24. März wird nur darüber entschieden, ob Herr Pieper oder CVC mit vollem Stimmrecht eingetragen werden können. Wir haben deshalb unseren Rücktritt bei Vorliegen einer Offerte auf die ordentliche GV angekündigt.

Wie sehen Sie das als Wirtschaftsanwalt: Hat Pieper von Insiderwissen profitiert, als er sein Aktienpaket aufgestockt hat? Wenn ja: Wie beurteilen Sie das als Jurist?

Herr Pieper hatte den Informationsstand jedes VR, der in etwa dem Informationsstand entspricht, den die Bieter Mitte Januar erreicht haben. In vielen Ländern wäre das Vorgehen von Herrn Pieper sehr problematisch, und wir erhalten vor allem auch von englischen und amerikanischen Investoren entsprechende Signale – nach Schweizer Recht ist sein Vorgehen meines Erachtens aber in Ordnung.

Hatten Sie seit seinem Austritt aus dem VR noch Kontakt mit dem Forbo-Hauptaktionär?

Ja, selbstverständlich. Bei diesen Gesprächen ging es vor allem auch um die Person von This Schneider und die Frage, ob und wann er als Forbo-CEO wieder zur Verfügung stehen könnte.

Welche Voraussetzungen müssten erfüllt sein, damit Sie bei einer industriellen Lösung für Forbo mitarbeiten würden?

Ich trete auf jeden Fall zurück, weil es gerade für Forbo wichtig ist, dass einmal gefällte Entscheide durchgezogen werden. Der gesamte Verwaltungsrat hatte sich entschieden, den Verkaufsprozess einzuleiten – das haben wir im Interesse des Aktionärs konsequent so durchgeführt, auch als gewisser Widerstand erwuchs beziehungsweise einzelne Mitglieder ihre Ansicht änderten. Wir haben auch immer gesagt, dass es für Forbo sinnvoll ist, eine klare Kontrollstruktur zu haben; der Kontrollinhaber muss dann aber auch die volle Verantwortung übernehmen.