Es wird einer der wichtigsten Reisen in Ueli Maurers Jahr als Bundespräsident: Nächste Woche wird der Finanzminister mit einer Finanz- und Wirtschaftsdelegation China besuchen.

Das Programm dauert acht Tage lang und ist hochkarätig: Maurer wird von Präsident Xi Jingping als Staatsgast empfangen, dann nimmt er am zweiten Gipfeltreffen zur neuen Seidenstrasse teil.

Dieser Programmpunkt macht Maurers Visite heikel. Denn die neue Seidenstrasse stösst international auf Gegenwind. Viele westliche Politiker sehen in dem gigantischen Infrastrukturprojekt einen Versuch Chinas, zur führenden globalen Macht zu werden.

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Ueli Maurers Programm in Ostasien

Der Bundespräsident besucht während acht Tagen Singapur und China. Höhepunkt der Reise sind ein Empfang durch Chinas Präsident Xi Jingping sowie die Teilnahme am Belt and Road Forum. Für dieses zweite Gipfeltreffen zur neuen Seidenstrasse waren rund 40 Staats- und Regierungschefs erwartet worden. Maurer wird auf der Reise von zwei Dutzend Wirtschaftsvertretern begleitet, angemeldet waren unter anderen Syngenta-Chef Erik Fyrwald und der oberste Schweizer Bankier Herbert Scheidt.

Die Schweiz wird Vertragspartner für die Seidenstrasse

Kürzlich stellte sich aber ein wichtiges G7- und EU-Mitglied hinter «One Belt, one Road»: Italien. Prompt reagierten Regierungen in anderen EU-Staaten und den USA harsch. Italien begehe einen Fehler, betonte ein Sprecher der Regierung in Washington. Und der deutsche Wirtschaftsminister Heiko Maas warnte in der «Welt am Sonntag»: «Sollten einige Länder glauben, man kann mit den Chinesen clevere Geschäfte machen, werden sie sich wundern und irgendwann in Abhängigkeiten aufwachen.»

Italien ging eine Kooperationsvereinbarung für die Seidenstrasse ein, ein Memorandum of Unterstanding. Und auch die Schweiz wird nächste Woche eine solche Absichtserklärung unterzeichnen.

epa03791684 Swiss President Ueli Maurer (L) shakes hands with Chinese President Xi Jinping (R) at the Great Hall of the People in Beijing, China, 18 July 2013.  EPA/Alexander F. Yuan / POOL Pool Photo

2013 hat Ueli Maurer den chinesischen Präsidenten Xi Jinping in Peking getroffen. Nächste Woche wird der Bundespräsident wieder als Staatsgast empfangen.

Quelle: Keystone .

Riskiert damit die Schweiz, wegen des Engagements ebenfalls international auf Kritik zu stossen? Das zuständige Finanzdepartement winkt ab. Italien und China hätten eine umfassende Zusammenarbeit vereinbart, heisst es in Bern. Die Schweiz hingegen gehe mit der Vereinbarung lediglich eine sehr eingeschränkte Kooperation ein.

Geschäftschancen für Banken und Versicherer

Was heisst das konkret? Schweizer Unternehmen werden durch den Vertrag die Möglichkeit erhalten, bei Projekten in den Staaten entlang der neuen Seidenstrasse mitzuwirken. Die Schweiz will es vor allem Banken und Versicherern ermöglichen, neue Infrastruktur in Zentralasien zu finanzieren, beispielsweise Brücken, Strassen oder Bahnverbindungen.

Das Finanzdepartement sei sich der Kritik an der «Belt and Road Initiative» natürlich bewusst, sagt Sprecher Peter Minder. «Wir sind aber ein neutrales Land und entscheiden unabhängig.» Finanzminister Ueli Maurer pflege zudem engen Kontakt mit seinen Amtskollegen in Europa und den USA und habe immer wieder Gelegenheit, die Schweizer Rolle bei der Seidenstrasse zu erklären.

Enges Band zwischen der Schweiz und China

Kaum ein anderer europäischer Staat pflegt so enge Beziehungen zu China wie die Schweiz. Die Wirtschaft ist immer enger verflochten, der Handel wächst seit Jahren. Zusätzlich Schub erhält der Warenverkehr seit 2013 durch das gemeinsame Freihandelsabkommen. Heute ist China der mit Abstand wichtigste Schweizer Handelspartner nach den USA und der Europäischen Union. Auch auf Regierungsebene ist der Austausch rege: China war in den letzten Jahren das häufigste Reiseziel für Bundesräte. 2018 besuchten Johann Schneider-Ammann und Doris Leuthard das Land. Ueli Maurer war schon mehrmals auf Visite und kam 2013 bereits einmal in den Genuss eines Staatsempfangs.

«Solche Reisen sind absolut notwenig»

Economiesuisse-Chefökonom Rudolf Minsch rechnet nicht mit negativen internationalen Reaktionen wegen des verstärkten Engagements der Schweiz für die Seidenstrasse. Auch die Staaten in der Europäischen Union wollten wirtschaftlich von Chinas Infrastrukturprojekt profitieren. «Bei der Kritik spielt die rhetorische Komponente eine wichtige Rolle», glaubt der Vertreter des Wirtschaftdachverbands.

Für die Schweizer Wirtschaft sei die intensive Beziehungspflege des Bundesrats mit China wichtig. «Dank Bundesräten erhalten wir für unsere Anliegen bei der Regierung Gehör. Solche Reisen sind absolut notwendig.»

Rudolf Minsch, Chefoekonom und Mitglied der Geschaeftsleitung von Economiesuisse an der Medienkonferenz Wirtschaftslage und konjunktureller Ausblick 2019 in Zuerich am Dienstag, 4. Dezember 2018. (KEYSTONE/Walter Bieri)

Economiesuisse-Chefökonom Rudolf Minsch sagt, Beziehungen zu China seien für die Schweiz wichtig.

Quelle: © KEYSTONE / WALTER BIERI

Die neue Seidenstrasse biete viel Potential für Schweizer Unternehmen, so Minsch. Die Länder entlang der Handelsrouten könnten sich dank Chinas Investitionen schneller entwickeln. Damit wachse in diesen Ländern auch die Nachfrage nach hochwertigen Gütern und Dienstleistungen, wie Schweizer Unternehmen sie bieten.

(mbü)