Schweizer Banken galten jahrhundertelang als Bastionen der Verschwiegenheit. Nun predigen sie ihren amerikanischen Kunden Transparenz, um Millardenbussen abzuwenden, die einige der Institute in den Bankrott treiben könnten. Schweizer Banken wird vorgeworfen, Amerikanern bei der Steuerhinterziehung geholfen zu haben.

Fast hundert von ihnen fordern nun Tausende von US-Kunden auf, mögliche Offshore-Konten offenzulegen. Zwölf Anwälten zufolge, die Banken oder deren Kunden vertreten, sollen den Kunden attestieren, dass sie fällige Steuern bezahlt haben. Manchen Kunden wurden teilweise die Konten gesperrt, um sie zur Kooperation zu bewegen, teilte der Schweizerische Bankenombudsman mit.

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Letzte Phase gegen Offshore- Steuerhinterziehung

Die grösste Aktion der US-Regierung gegen Offshore- Steuerhinterziehung tritt in ihre letzte Phase, und die Banken versuchen, mögliche Bussgelder zu begrenzen. Laut Amnestieprogramm wird die Regierung annehmen, dass Kunden fällige Steuern nicht gezahlt haben, sofern die Banken nicht darlegen können, dass sie es getan haben - was dann die Bussgelder erhöht. Eine Bank musste ihr Geschäft bereits wegen Steuerhinterziehung aufgeben: Wegelin & Co., die älteste Privatbank der Schweiz, machte 2013 dicht. Sie war zuvor angeklagt worden.

«Solange sie keinen Deal mit Brief und Siegel haben, tun sie alles was möglich ist, um die Strafe zu minimieren», sagt Jim Mastracchio, Rechtsanwalt bei BakerHostetler in Washington, der in dem Programm als unabhängiger Prüfer einer Bank fungiert. «Einige der grösseren Banken haben die Zeit und die Energie unterschätzt, um Kunden zu identifizieren und zu benachrichtigen.»

Am 30. März schloss BSI SA als erste Schweizer Bank eine Vereinbarung mit der US-Regierung. Sie stimmte der Zahlung von 211 Millionen Dollar für 3500 Konten zu, auf denen 2008 2,8 Milliarden Dollar lagen. Teil der Vereinbarung war, dass BSI zugab, Sprachcodes und falsche Identitäten genutzt zu haben, um Kunden bei der Vermeidung von Steuern zu helfen.

Fälle noch dieses Jahr abschliessen

Die USA wollen alle Fälle noch dieses Jahr abschliessen, sagte Acting Assistant U.S. Attorney General Caroline Ciraolo, als sie die BSI-Einigung verkündete. Das Programm, das 2013 gestartet war, zieht sich länger hin als erwartet. Die Ermittler hatten den Banken eine Frist bis September 2014 gesetzt, um dem Justizministerium Kundenlisten zu übergeben.

Um eine Einigung zu erreichen, drängen manche Banken amerikanische Kunden, auf ihren nach Schweizer Recht bestehenden Anspruch auf Geheimhaltung zu verzichten. Das geht aus Entwürfen für Briefe und Vereinbarungen hervor, die die Institute formuliert haben, und die Bloomberg einsehen konnte. Eine solche Vereinbarung, entworfen von der Genfer Tochter der Royal Bank of Canada, ist online verfügbar.

Das Schweizer Recht verbietet es Banken, Kundennamen ohne deren Zustimmung zu nennen. Zwar können US-Behörden im Rahmen eines Steuerabkommens mit der Schweiz Namen anfordern, aber die Schweizer Regierung muss dem nur bei sehr spezifischen Anfragen und unter den Bedingungen nachkommen, die zwischen den beiden Regierungen vereinbart wurden. Das Programm des US- Justizministeriums erlaubt es den USA, mehr Informationen zu sammeln, um solche Anfragen bei den Schweizer Behörden zu machen.

Nötigung als Taktik

Mehrere Banken wendeten Taktiken an, die Kunden als Nötigung empfänden - etwa die Sperrung von Geldern oder die Drohung, Namen bekanntzugeben, sagt Rechrsanwalt Thierry Boitelle von der Kanzlei Bonnard Lawson in Genf. Er hat US- Steuerzahler und Schweizer Privatbanken beraten, die an dem Programm teilnehmen: «Wir haben erlebt, dass Banken Konten von US-Kunden teilweise blockieren», berichtet er, «sie halten 25 bis 30 Prozent der Gelder zurück, um mögliche Bussgelder zu decken.»

Da Kunden gesetzlich nicht zur Mitarbeit gezwungen seien, hätten sich viele Banken bereit erklärt, Rechtskosten zu übernehmen. Sie können sich zuweilen auf mehrere zehntausend Dollar belaufen, wie Anwälte berichten.

«Kunden sehen keinen Grund zu kooperieren»

Manche Kunden stellen sich trotzdem stur und verweisen darauf, dass sie den Instituten hohe Gebühren zahlen, damit ihr Geld geheim bleibt. «Manche Kunden haben den Eindruck, dass sie von den Banken irregeführt wurden was die Geheimhaltung betrifft und sehen keinen Grund, zu kooperieren», sagt Leigh Kessler, ein ehemaliger Steuerfahnder, der jetzt bei Rosenberg Martin Greenberg LLP arbeitet. Die Firma aus Baltimore, USA, berät Amerikaner, die solche Aufforderungen erhalten haben.

Auch Kunden, die sich steuerlich korrekt verhalten, könnten die Kooperation verweigern, sagt Larry Campagna, Steueranwalt bei Chamberlain, Hrdlicka, White, Williams & Aughtry. Die Firma aus Houston hat im Zusammenhang mit dem Programm etwa hundert Kunden vertreten. «Sie sagen ’Ich bin fertig mit dieser Bank», sagt Campagna. «Ich habe meiner Regierung gegenüber ein reines Gewissen, und mir ist egal, was mit der Bank passiert. Geht dahin, wo der Pfeffer wächst und hört auf, mich anzurufen.»

Ein Drittel der Schweizer Banken im Programm

Unter den Banken in dem Programm, die etwa einem Drittel der 280 Schweizer Banken entsprechen, sind Cie. Lombard, Odier SCA, die älteste Genfer Bank, Rothschild Bank AG in Zürich und Union Bancaire Privee, die im März die internationale Sparte der britischen Privatbank Coutts von der Royal Bank of Scotland Group Plc erworben hat. Auch Deutsche Bank AG und EFG International AG, die vom griechischen Milliardär Spiro Latsis und seiner Familie kontrolliert wird, sind dabei.

Kilian Borter, Sprecher der Rothschild Bank, sagte, die Firma habe Kunden kontaktiert und sie gemahnt, Steuervorschriften zu befolgen. Vertreter von Deutsche Bank, EFG, UBP und Lombard Odier wollten sich zu spezifischen Massnahmen nicht äussern.

(bloomberg/ccr)