Am Dienstag will der Industriekonzern ABB über die Zukunft seiner grössten Sparte Netzwerktechnik informieren. Die Chancen, dass CEO Ulrich Spiesshofer Forderungen des Grossaktionärs Cevian nach einer Aufspaltung des Konzerns nachkommt, sind indes gering.

«Christer Gardell und Lars Förberg haben noch nie aufgegeben», sagt ein Vertrauter der Firmengründer. «Cevian wird ABB noch mehrere Jahre erhalten bleiben.» Präsentiert Spiesshofer nicht andere überzeugende Pläne, wie der Wert des Unternehmens kräftig gesteigert werden kann, droht ein Konflikt. Denn auch die Schweden haben sich mit ihrer bislang grössten Wette exponiert.

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Sparte auf dem Prüfstand

Cevian hat die Stromnetzsparte im Visier. Das Geschäft, das rund ein Drittel des Konzernumsatzes erwirtschaftet, beliefert Versorger mit Transformatoren und Übertragungstechnologie. Der Rest des Konzerns produziert vor allem Produkte für die Elektrifizierung und Automatisierung von Industrieanlagen.

Spiesshofer stellte die Sparte, die von Bankern mit rund 13 Milliarden Franken bewertet wird, bereits im September 2015 auf den Prüfstand. «ABB hat die Tendenz, alles zu Tode zu analysieren», sagt ein Berater. «Sie suchen immer nach Gründen, etwas nicht zu machen.»

Schwächer als die Konkurrenz

Cevian legte vor gut zwei Wochen erstmals seine Pläne für das 125 Jahre alte Unternehmen vor. Mit einer Ausgliederung und separaten Börsennotierung der Stromnetzsparte hätten die ABB-Aktien ein Kurssteigerungspotential von mindestens 60 Prozent, rechneten die Schweden vor.

Für Cevian ist ABB ein Konglomerat, das sich verzettelt hat und deshalb schwierig zu führen ist. Die schwache operative Leistung zeige, dass die Kosten der Komplexität zu hoch seien. Tatsächlich können Konkurrenten wie Legrand aus Frankreich oder Rockwell aus den USA deutlich höhere Marge vorweisen. JP Morgan-Analyst Andreas Willi weist darauf hin, dass ABB in den vergangenen Jahren das geringste Gewinnwachstum aller vergleichbaren Firmen aufwies.

CEO glaubt an Synergiepotenzial

Spiesshofer, der das Steuer bei ABB 2013 übernahm, kann für sich in Anspruch nehmen, den Konzern mit Kostensenkungen und einer neuen Aufstellung profitabler gemacht zu haben. Von einer Abspaltung der Stromnetzsparte will das Management, das von Goldman Sachs, Credit Suisse und McKinsey beraten wird, Insidern zufolge jedoch nichts wissen.

Denn im Gegensatz zu Cevian sieht der Ex-Berater Spiesshofer beträchtliches Synergiepotential mit dem Rest der Firma. Die meisten Analysten beurteilen das ähnlich. Der formelle Entscheid, der voraussichtlich im letzten Moment fällt, liegt beim Verwaltungsrat. Eine Schlüsselrolle spielt die Investmentgesellschaft Investor AB. Das Anlagevehikel der schwedischen Familie Wallenberg ist mit einem Anteil von über 10 Prozent grösster ABB-Eigner und auch im Verwaltungsrat vertreten.

Unzufriedene Investoren

«Die Beweislast, wieso ABB als Einheit bestehen bleiben sollte, liegt beim Unternehmen», erklärt Nordea-Fondsmanager John Hernander. ABB müsse zeigen, wie die Margen und das Wachstum der Konkurrenten übertroffen werden könnten. Analysten erwarten, dass Spiesshofer auf dem Investorentag Massnahmen zur Ankurbelung des Geschäfts vorlegen und einen weiteren Umbau der Stromnetzsparte ankündigen wird. Kürzlich verkaufte ABB bereits einen kleinen Teil der Division.

Investoren wie der US-Fonds Artisan Partners oder auch Cevian dürften sich damit nicht zufrieden geben. Die Schweden, die für ein 6,2-Prozent-Paket insgesamt 2,8 Milliarden Dollar bezahlt haben, peilen üblicherweise eine Verdoppelung ihres Einsatzes an. Davon sind sie mit einem Plus von rund 300 Millionen zur Zeit noch weit weg.

Mögliches Interesse aus China

Um den eigenen Forderungen Nachdruck zu verleihen, könnte Cevian einen Sitz im Verwaltungsrat von ABB anpeilen. Nicht ausgeschlossen ist zudem, dass ein Käufer für das Stromnetzgeschäft auf den Plan tritt. Einem Insider zufolge sucht die chinesische State Grid nach Wegen, für grosse Teile der ABB-Sparte zu bieten. Die Chinesen haben zwar volle Kassen und wollen sich technologisch verstärken. «Aber sie kommen nur auf Einladung», sagt ein Banker.

(sda/jfr)