Der Lowcoster Easyjet macht sich in Zürich breit. Verkehrten die Briten von Zürich aus zuvor vor allem nach London und Hamburg, kamen im Herbst Verbindungen nach Amsterdam, Berlin und Lissabon hinzu, ab dem Frühsommer folgen nun Neapel, Nizza und Venedig. Beobachter wundern sich seitdem, warum Easyjet, die in Genf mit 44 Prozent und Basel mit 56 Prozent deutlicher Marktführer ist, auch am teuren Swiss-Drehkreuz Zürich ausbaut.

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Die Antwort ist einfach: Easyjet baut nicht ihr Flugprogramm «von Zürich» aus, sondern «nach Zürich». Alle neuen Flüge in Zürich «starten auf EasyJet-Basen ausserhalb der Schweiz», sagt Thomas Haagensen, Country Director Schweiz/Deutschland bei EasyJet. Die Marktbeobachter dort hätten Zürich als attraktives Flugziel ausgemacht für Kunden aus ihren Einzugsbereichen – wo Flieger und Personal stationiert sind, wo also Löhne und Gebühren anfallen. Am teuren Standort Zürich «haben wir keine Flugzeuge stationiert und haben dies vorläufig auch nicht vor», betont Haagensen. In Zürich beträgt der Marktanteil derzeit nur ein Prozent – und wird auch 2017, inklusive der neuen Flüge, unter zwei Prozent bleiben.

Zürich ist quasi voll

Diese Zahl zeigt eine zweite Einschränkung: Zürich ist quasi voll. Die Swiss ist daran mitschuldig: Mit ihrem Konzept «Hub Plus», vor zwei Jahren eingeführt, hat der damalige CEO Harry Hohmeister 22 neue Tourismus-Destinationen wie Neapel oder Bilbao ins Programm genommen - klassische Billigflieger-Ziele. Zudem hat die Swiss damit «eine Abwehrmassnahme gegen die Lowcoster lanciert», wie ein Swiss-Mann zugibt: «Hub Plus» blockiert Start- und Landezeiten, macht den Swiss-Hub also für expansive Billigflieger unzugänglicher. Denn die parken ihre Flieger möglichst kurz am Boden, damit sie im Tagesverlauf möglichst viele Umläufe schaffen. Dieses klare Geschäftsmodell «ist die Basis unseres stetigen Wachstums», sagt Haagensen. Doch es funktioniert nur dort, wo den ganzen Tag über Startzeiten verfügbar sind.

Weil Hub-Airlines wie Swiss ihr Geld vor allem auf Langstrecken verdienen und die oft defizitären Kurzstrecken als Zubringer nutzen, haben sich zuletzt Gerüchte verstärkt, Lufthansa-Chef Carsten Spohr und andere Bosse wollten ihre Kurzstrecken an Billigflieger auslagern. Radikale Schritte halten Experten zwar für unwahrscheinlich; zu komplex wäre eine Übertragung und für die Billigflieger eine Verwässerung ihres Modells. Immerhin bestätigt Haagensen erstmals, dass Gespräche laufen: «Wir sind sowohl von europäischen als auch von Fluglinien aus anderen Kontinenten gefragt worden, ob wir für sie Zubringerflüge durchführen würden.» Womöglich steht in der Luftfahrt einmal mehr eine Zeitenwende bevor.

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