Für Nestlé läuft eine solche Übernahme unter ferner liefen, könnte man meinen: Der Lebensmittelgigant kauft die Mehrheit an Blue Bottle Coffee, einem Kaffee-Startup aus Kalifornien. Die Firma liefert nachhaltig produzierten Edelkaffee per Online-Abo und unterhält knapp 30 Cafés in den USA und in Tokio. Ein Winzling also – jedenfalls aus der Perspektive des Weltkonzerns betrachtet.

Doch Blue Bottle ist ein Winzling, für den Nestlé anständig Geld auf den Tisch legt. 425 Millionen Dollar (rund 410 Millionen Franken) hat der Riese aus Vevey für 68 Prozent an Blue Bottle Coffee gezahlt, berichtet Bloomberg. Ein stolze Summe – die sich einzig mit dem Potenzial von Blue Bottle Coffee erklärt lässt.

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Jared Ledo hat investiert

Das Startup – benannt nach dem ersten Kaffeehaus Europas in Wien, das «Zur blauen Flasche» hiess – ist beliebt im Silicon Valley und bei den Hipsters in Los Angeles und New York. Das zeigt schon die Liste der Geldgeber: Neben Google Ventures und Morgan Stanley haben Jared Leto, Twitter-Mitgründer Evan Williams und Instagram-CEO Kevin Systrom investiert.

Letzterer war sogar bei jeder der drei Kapitalrunden dabei, die Blue Bottle Coffee bislang durchgeführt hat. Mit der Übernahme durch Nestlé dürfte sich das Investment für einige der prominenten Anteileigner bereits gelohnt haben.

Familie Reimann macht Druck

Blue Bottle Coffee ist für Nestlé interessant, weil seine Produkte im Trend liegen – und das Startup voll auf Wachstum setzt. Nicht nur will es innert kurzer Zeit sein Netz auf 55 Filialen ausbauen. Vor allem aber soll der Kaffeehandel expandieren.

Nestlé ist die Nummer eins im internationalen Kaffeegeschäft mit einem Marktanteil von einem guten Fünftel. Laut der Marktforschungsfirma Euromonitor werden die Schweizer allerdings von Konkurrent Jacob Douwe Egberts herausgefordert, dem Kaffee-Riesen im Besitz der Milliardärsfamilie Reimann, unter dem Dach von JAB Holdings. Diese hat laut Bloomberg zuletzt 30 Milliarden Dollar in den Ausbau ihres Kaffeegeschäfts investiert. Doch auch Nestlé will mit Kaffee wachsen, gerne auch im grössten Kaffeemarkt der Welt, den USA.

Blue Bottle im Verkauf bei Whole Foods

«Nestlé war bei der Übernahme von Kaffee-Marken nicht so aggressiv wie einige seiner Rivalen, wie zum Beispiel JAB Holdings und Lavazza», schreibt Euromonitor-Analyst Matthew Barry in einer Einschätzung. Dass Nestlé sich nun zum Kauf von Blue Bottle entschieden habe, zeige, dass der Konzern dem Kaffeegeschäft Bedeutung beimesse. Dies in einer Zeit, in der sich das Unternehmen weg von Süsswaren hin zu gesünderen Produkten orientiere. In diese Richtung zeigt auch die kürzliche Übernahme von Sweet Earth, einem US-Hersteller für vergetarische Burger.

Eines der vielversprechenden Trendprodukte ist «Cold Brew»-Kaffee, auf den auch Blue Bottle setzt. Ein kaltgebrautes Fertiggetränk aus dem Hause der Kalifornier ist bereits heute in einigen Filialen von Whole Foods erhältlich. Das ist die Biomarkt-Kette, die soeben von Amazon aufgekauft wurde. Geplant ist, den Verkauf bis 2018 national auszudehnen, wie Blue-Bottle-Chef Bryan Meehan zu Bloomberg sagte. Nestlés Investment kommentierte er wie folgt: «Sie haben investiert, weil sie denken, dass wir etwas auf der Spur sind.»

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