Die Credit Suisse musste sich am vergangenen Donnerstag viel Kritik anhören. Die Millionenlöhne fürs Management und den Verwaltungsrat schienen vor allem Kleinanlegern nach dem katastrophalen Jahr völlig unangebracht. Von der aufgeheizten Stimmung an der Generalversammlung liessen sich die gewichtigen ausländischen Anteilseigner nicht beirren. Sie stellten sich auf die Seite des Verwaltungsrates.

Auch der norwegische Pensionsfonds winkte alle Anträge der Bank durch. Doch nur kurz nach der Aktionärsversammlung der Credit Suisse gab der weltgrösste Staatsfonds bekannt, das Thema Managerlöhne ebenfalls auf die Agenda zu hieven. In einem Interview mit der «Financial Times» kündigte Fondschef Yngve Slyngstad an, auf den richtigen Beispielfall zu warten, um seine Prinzipien darzulegen.

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140 Schweizer Firmen

Von einer neuen Lohnpolitik der Norweger könnten auch Schweizer Firmen stark betroffen sein. Der Fonds, der die norwegischen Öleinnahmen verwaltet, hat sein Geld in 9000 Firmen rund um den Globus gestreut. 1,3 Prozent aller Aktien der Welt gehören so dem norwegischen Volk, in Europa sind es sogar 2,4 Prozent. Und in der Schweiz ist der Anteil noch höher. Der Fonds hat 28 Milliarden Dollar in 140 Schweizer Firmen investiert. An der Credit Suisse hält er beispielsweise fast 5 Prozent der Aktien im Wert von mehr als 2 Milliarden Dollar.

Besonders auffällig: Mit Nestlé, Roche und Novartis sind drei Schweizer Grosskonzerne unter den sechs grössten Aktien-Investments der Norweger überhaupt. Sie stehen Seite an Seite mit den Techgiganten Apple, Alphabet und Microsoft. Es überrascht deshalb wenig, dass die Politik des Fondsgiganten auch hierzulande auf Interesse stösst.

«Gute Neuigkeit»

Die Anlagestiftung Ethos begrüsst die Kehrtwende des Staatsfonds. «Es ist eine gute Neuigkeit, dass sich der norwegische Fonds für die Frage der Vergütungen zu interessieren beginnt», sagt Direktor Vincent Kaufmann gegenüber handelszeitung.ch.

Das grosse Stimmgewicht und die Transparenz der Norweger liessen hoffen, dass die Managerlöhne dadurch ernsthaft unter Druck geraten werden. Aber: «Als nächstes muss der Fonds seine künftige Stimmpolitik unbedingt präzisieren». Im Moment sei der Fonds noch sehr nahe an den Vorschlägen der Firmen, wie die Generalversammlung der Credit Suisse in der letzten Woche gezeigt habe.

Wenig konkrete Aussagen

Tatsächlich ist im Moment noch völlig offen, wie die künftige Politik der Norweger aussehen wird. Chef Yngve Slyngstad hatte im Interview lediglich festgehalten, dass man sich dem Thema annehmen werde und auf die richtige Gelegenheit warte, die eigene Position klar zu machen.

«Wir sehen, dass die Komplexität der Vergütungssysteme zugenommen hat», erklärt eine Sprecherin, «Als langfristiger Investor ist es selbstverständlich, dass wir die Vergütungspolitik genau anschauen müssen». Der Fonds fokussiere aber schon seit mehreren Jahren verstärkt auf Corporate Governance.

Kein Verständnis

Gegen Lohnexzesse haben die einflussreichen Norweger bisher nur wenig unternommen. Vor wenigen Wochen stimmte der Fond beispielsweise für die Lohnerhöhung von BP-Chef Bob Dudley – trotz einem Milliardenverlust im Jahr 2015. Ein «Nein» gab es zuletzt aber zur Vergütungspolitik der Minenfirma Anglo American, die ihren Topmanagern einen langfristigen Bonusplan bestätigen lassen wollte.

In der Schweiz jedenfalls dürfte eine aktivere Vergütungspolitik des Fonds grossen Anklang finden. Immerhin sechs von zehn Leser der Handelszeitung haben absolut kein Verständnis für die hohen Millionengehälter bei der Credit Suisse, wie eine in den vergangenen Tagen durchgeführte Umfrage zeigt.

Leistung und Lohn passen nicht zusammen

Ein Drittel der 545 Teilnehmenden gab an, dass Leistung und Entlohnung bei der Grossbank aktuell nicht zusammenpassen. Nur wenige scheinen an eine vorübergehende Malaise zu glauben: Lediglich 5 Prozent der Umfrageteilnehmer fanden die Vergütungen für die Geschäftsleitung gerechtfertigt.