Gut fünfzehn Jahre hat er als Berater in der Energieindustrie gearbeitet, zahlreiche Firmen begleitet, im Inland wie im Ausland, von der BKW bis zum E.On-Konzern. Doch vor ein paar Jahren wollte Roland Dörig etwas anderes machen – ohne dabei seinen Sektor zu verlassen. Für sein neues Projekt brauchte er einen Partner. Er nahm deshalb mit rund 30 Finanzdienstleistern Kontakt auf, bei der Credit Suisse wurde er fündig. Gemeinsam gründeten die Grossbank und der Energieberater Mitte 2014 eine neue Firma: die Vermögensverwalterin mit dem etwas sperrigen Namen Credit Suisse Energy Infrastructure Partners (CSEIP).

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Das Geschäftsmodell: Die Firma sucht erstens Anlagen im Energiesektor mit Investitionsbedarf sowie zweitens institutionelle Investoren mit Anlagenotstand – und bringt dann die beiden Parteien über die CS-Anlagestiftung (CSA) zusammen. Der Energiesektor kommt zum Kapital für seine dringend notwendigen Investitionen für den Um- und Ausbau seiner Infrastruktur, die Pensionskassen zu einer teilweise sogar regulierten Rendite mit regelmässigen Ausschüttungen. Und die CSEIP kassiert Gebühren. Für Dörig eine «Win-win-win-Situation».

Grössten Aktionäre der nationalen Netzgesellschaft

Insgesamt betreut die 15 Mitarbeiter zählende CSEIP heute Anlagen im Wert von knapp einer Milliarde Franken. Davon sind 600 Millionen in der Schweiz investiert: Die ausschliesslich mit Pensionskassengeldern gespeiste und von der CSEIP geführte Anlagegruppe besitzt mit der Stadt Lausanne fünf Prozent an der Westschweizer Energieversorgerin Romande Energie Holding; mit der Schweizer Gaswirtschaft hält sie einen signifikanten Anteil an der Transitgas, der knapp 300 Kilometer langen Erdgasleitung, welche die Schweiz versorgt und Deutschland sowie Frankreich mit Italien verbindet. Und ihr gehören mit dem Berner Energiekonzern BKW 36,6 Prozent von Swissgrid.

Damit sind BKW und CSEIP zusammen die grössten Aktionäre der nationalen Netzgesellschaft. Dies, nachdem sie – nach langwierigem Streit mit der Westschweiz – den Löwenanteil des Alpiq-Pakets an Swissgrid haben übernehmen können.

CS selbst ist nicht an den Anlagen beteiligt

Ein Grund für den Widerstand aus der Romandie war nicht zuletzt das Kürzel CS respektive die damit verbundene Angst, eigene Basisinfrastruktur in die Hand einer Grossbank zu geben. Doch die CS selbst ist nicht an den Anlagen beteiligt – «mit keinem einzigen Franken», wie Dörig betont. Die Anteile am nationalen Stromnetz und an der Erdgasleitung gehörten ausschliesslich Schweizer Vorsorgeeinrichtungen. Total haben rund 40 Pensionskassen ihr Geld der CSEIP anvertraut, aus der Deutsch- wie auch aus der Westschweiz.

Damit – und das ist die Ironie der Geschichte – wird Pierre-Yves Maillards Vision wenigstens teilweise umgesetzt. Der starke Mann der Waadtländer Regierung weibelt schon seit Jahren dafür, dass Schweizer Pensionskassen ihre Gelder in Schweizer Infrastrukturprojekte investieren sollen. Als der Sozialdemokrat 2011 für den Bundesrat kandidierte, war das seine Hauptbotschaft. Für viele Politiker war der rote Maillard zu links. Sie wählten lieber den in ihren Augen gemässigteren Alain Berset in die Landesregierung. Maillards Botschaft hingegen ist in Bundesbern haften geblieben – auch bei seinen politischen Gegnern.

Dritte Finanzierungsrunde

Während die Politik noch diskutiert, setzt die CSEIP schon mal um. Und Dörig will noch mehr: «Wir starten gerade die dritte Finanzierungsrunde», sagt er. «Bis März 2017 sollen nochmals 600 Millionen Franken an Pensionskassengeldern zusammenkommen.» Und in den nächsten zwei, drei Jahren plant Dörig eine weitere Aufstockung.

Viel Konkurrenz hat er dabei nicht. Zwar bietet die UBS mit Fontavis ebenfalls einen Fonds für Energieinfrastruktur an. Doch der UBS Clean Energy Infrastructure Switzerland, der 400 Millionen Franken von 36 Schweizer Pensionskassen und Versicherern verwaltet und unter anderem einen 18,9-Prozent-Anteil am Bündner Energieversorger Repower hält, unterscheidet sich in mehreren Punkten von Dörigs Angebot: Unter anderem hat er fixe Laufzeiten. Bei der CSEIP hingegen gibt es kein Ablaufdatum. «Dieses offene, zeitlich unbegrenzte Set-up kommt sowohl der Energiebranche als auch den Pensionskassen entgegen», sagt Dörig. «Schliesslich müssen die Vorsorgeeinrichtungen auch noch in 100 Jahren regelmässig Renten auszahlen.»

Rendite zum Teil staatlich garantiert

Mit allzu grossen Schwierigkeiten bei der Geldersuche rechnet Dörig jedenfalls nicht. Die Pensionskassen sind dringend auf neue Anlagekategorien angewiesen. Investitionen in Infrastruktur sind im aktuellen Niedrig- und Negativzinsumfeld besonders attraktiv. Umso mehr, als die Rendite zum Teil staatlich garantiert ist. Der «kalkulatorische Zinssatz für das im Stromnetz gebundene Kapital», der sogenannte WACC, beträgt im laufenden Jahr stolze 4,7 Prozent, für 2017 hat ihn der Bundesrat auf 3,83 Prozent gesenkt. Doch das ist noch immer gut – insbesondere im Vergleich mit zehnjährigen Bundesanleihen, bei denen Investoren draufzahlen müssen, wenn sie dem Staat Geld ausleihen wollen.

Sorgen um fehlende Investitionsmöglichkeiten macht sich Dörig ebenfalls nicht. «Der Investitionsbedarf für den Ausbau und Erhalt der Schweizer Energieinfrastruktur beläuft sich in den nächsten zwanzig Jahren auf 50 Milliarden Franken.» Und dabei rechnet er konservativ, wie er betont. Der Fokus der CSEIP liegt in der Schweiz bei Investitionen ins Netz, für Gas wie für Strom. Zweiter Anlageschwerpunkt sei die Wasserkraft. Objekte sind mehrere auf dem Markt.

So hat etwa Alpiq den Verkauf von 49 Prozent ihrer Wasserkraftwerke angekündigt. Doch spruchreif ist noch nichts. Zuerst müssen Dörig und seine Mitstreiter einen Modus finden, wie man angesichts der rekordtiefen Strommarktpreise mit der Wasserkraft wieder Geld verdienen kann.

Windpark in Norwegen

Seit 2015 ist die CSEIP auch im Ausland tätig. Im Verbund mit der BKW als technischem Partner hat sie einen 40-Prozent-Anteil am norwegischen Fosen Vind übernommen, dem europaweit grössten On-shore-Windpark mit einer angestrebten Leistung von 1000 Megawatt. Der Park, der bis 2020 fertig gestellt werden soll, wird mit seinen 278 Windrädern pro Jahr 3400 Gigawattstunden Strom erzeugen, was dem Verbrauch von rund 750'000 Schweizer Haushalten entspricht. Auch hier sind ausschliesslich institutionelle Anleger zugelassen, Pensionskassen und Versicherungen. Umgerechnet knapp 400 Millionen Franken haben diese investiert.

Dörig hat 2015 die Beratungsfirma The Advisory House, die er mitgegründet hat, definitiv verlassen und seine Anteile verkauft. Er konzentriert sich nun ganz auf die CSEIP, die ihm zu 20 Prozent gehört. Die anderen 80 Prozent sind im Besitz der Grossbank respektive sind Teil der von Michel Degen geführten Asset-Management-Einheit der Credit Suisse.

Dass die Kooperation zustande kam, hat auch viel mit Dörigs Co-Geschäftsführer, dem früheren CS-Banker Dominik Bollier, zu tun. Der Banker und der Energieberater arbeiteten unabhängig voneinander schon länger an derselben Fragestellung – wenn auch aus zwei verschiedenen Perspektiven. Und Dörig resümiert nicht ohne Stolz: «Gemeinsam haben wir den Energiesektor investierbar gemacht.»