Um weiterhin erfolgreich zu sein, müssen Beratungsunternehmen die Erwartungshaltungen ihrer Klienten besser antizipieren und managen, ihr Leistungsangebot flexibilisieren und die Soft Skills ihrer Berater professioneller rekrutieren und entwickeln.

Denn der Beratungsmarkt ist ein reifer Markt, der sich durch eine segmentierte Nachfrage auszeichnet. Es bestehen entsprechend unterschiedliche Kliententypen, die es bei der Gestaltung der eigenen Leistungserbringung insbesondere des Beratungsprozesses, der eingesetzten Berater/ -fähigkeiten, der Kommunikation mit dem Klienten und mit zunehmender Wichtigkeit auch der Tangibles (fassbarer Teil der immateriellen Beratungsdienstleistung) zu berücksichtigen gilt. Es geht mit anderen Worten darum, Typen von Klienten zu identifizieren, die in der Klient-Berater-Beziehung unterschiedlich zu managen sind.

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Anforderungskataloge an Berater (siehe Kasten) suggerieren dabei gewissermassen uniforme Klienten mit gleichen Ansprüchen. In der Realität unterscheiden sich Klienten jedoch hinsichtlich der Bedeutung einzelner Anforderungskriterien wie auch hinsichtlich deren Gewichtung erfahrungsgemäss deutlich.

Immer mehr Typen

So ist es durchaus denkbar, dass Kliententyp 1 Projektmanagementerfahrung, Coaching-Fähigkeiten, Einfühlungsvermögen und Sozialkompetenz als seine wichtigsten Anforderungen formuliert, während Kliententyp 2 eher die Problemlösungskompetenzen, die Integrität, den Pragmatismus, das funktionale und das Branchenwissen als wichtig bezeichnet. Zwei Kliententypen also, die zwei sehr unterschiedliche Lösungen und Antworten ihres Beratungspartners erwarten.

Es ist davon auszugehen, dass mit zunehmenden Ansprüchen und fortschreitender Individualisierung der Nachfrage der Trend zu immer unterschiedlicheren und immer mehr Kliententypen anhalten wird.

Interessanterweise existieren aber im Markt für Unternehmensberatungen wenige Studien oder Konzepte über Kliententypologien, die fundierte Aussagen über unterschiedliche Kundentypen machen. Eine Ausnahme stellt eine ältere Typologie von P. Fleischmann aus dem Jahre 1984 dar, die die Klienten je nach Höhe ihres Problemdrucks und nach dem Ausmass ihrer Bereitschaft zum Lernen und zum Wandel in die vier Kliententypen «Getriebener», «Krisenbewältiger», «Kooperativer Problemlöser» und «Imagepfleger» einteilt.

Segmentierung des Marktes

Die vielfältigen Rollen von Beratern, die sich über die letzten Jahre herausgebildet haben, können als Antwort der Branche auf die Segmentierung der Nachfrage interpretiert werden. Hinter den Rollen stehen Segmentierungskriterien von oftmals menschlichen Charaktereigenschaften wie partnerschaftlich, autoritär, schnell, differenziert, analytisch, kritisch oder auch typische Menschenbilder wie Macher, Spezialist, Involvierer, Experte, Pragmatiker usw.

Erwartete Antworten der Berater

So haben Klienten, die beispielsweise mit Beratern zusammenarbeiten, die das Geschäftsmodell «Industrie» verfolgen, andere Bedürfnisse (Top-Fachwissen, temporäre Verstärkung) als jene, die Berater mit dem Geschäftsmodell «Profession» (Erfahrung, Kreativität, Wissen usw.) auswählen. Oder so sprechen systemische Berater Klientensegmente mit anderen Bedürfnissen an als reine Fachberater.

Generell gewinnen menschliche und zwischenmenschliche Qualitäten in der Beratung an Gewicht. Die künftigen Eigenschaften des Beraters werden neben den typisch männlichen zunehmend auch weibliche Stärken wie Zuhören, Sichzurücknehmen, Vermitteln, Ausgleichen, Einfühlungsvermögen usw. umfassen müssen. Neben dem vielgepriesenen Analyse-, Kreativitäts-, Konzept-, Branchen- und Methoden-Know-how wird eine ausgeprägte soziale und emotionale Kompetenz zunehmend zum Erfolgsfaktor der Unternehmensberater.

Zusätzlich muss ein Berater auch persönlich mehr Facetten bieten als bisher, um die diversen Rollen einnehmen zu können. Als Hofnarr etwa dem Auftraggeber konsequent den Spiegel vorzuhalten und damit das Risiko einzugehen, sich lächerlich zu machen, und in einem anderen Mandat als Autoritärer Dinge an die Oberfläche zu holen und damit wichtige Entscheide herbeizuführen. Die weichen Eigenschaften, die ein Berater dazu mitbringen muss, hängen sehr viel stärker als die harten mit seiner Persönlichkeit zusammen. Dem Aufbau und der Entwicklung der weichen Eigenschaften von Beratern ist zunehmende Bedeutung zu schenken.

Flexiblere Einsätze

Erfahrungsgemäss variieren die Anforderungen der Auftraggeber an die Rolle des Beraters mitunter innerhalb der gleichen Abteilung eines Klientenunternehmens sehr stark. Das erfordert eine hohe Flexibilität in Bezug auf das Rollenverständnis des Beraters. Aus seiner Grundkonstellation heraus wird dem Berater also nur eine beschränkte Anzahl von typischen Rollen zur Auswahl stehen, die er in der Klienten-Berater-Beziehung einnehmen kann. Die Realität zeigt, dass für einzelne Berater nur Ausschnitte aus dem Spektrum glaubhaft angeboten werden können.

Wenn die Herausforderung des Beratungsunternehmens darin besteht, die Art und Weise des Beratungsprozesses je nach Kliententyp zu variieren, erfordert es neben dem Einsatz geeigneter Methoden, Konzepte und Herangehensweisen vor allem unterschiedlich ausstaffierte Berater, um auf diese Anforderungen zu reagieren.

Der Zugriff auf Netzwerkpartner bietet in diesem Falle eine weitgehend erprobte wie auch erfolgreiche Möglichkeit, um die im eigenen Haus fehlenden geeigneten Eigenschaften trotzdem auf das Projekt «staffen» zu können.

Management der Erwartungen

Die Bedeutung der Anfangsphase eines Projektes wird deutlich zunehmen. Zu Beginn eines neuen Beratungsmandates gilt es vornehmlich festzulegen, welche Erwartungen der Klient an die Rolle des Beraters stellt. Oftmals handelt es sich dabei um die Frage, welche Ausprägung auf dem Spektrum zwischen rein fachlicher (zum Beispiel Experte) und rein systemischer Beratung (z.B. Coach) einzunehmen ist. Daneben besteht die Aufgabe darin, eine geeignete Projektarchitektur aufzusetzen, die dem Problem des Klienten wie auch des Klientenunternehmens gerecht wird.

Die Anfangsphase ist also dazu zu nutzen, den Klienten besser zu verstehen und auf seine individuellen Wünsche einzugehen. Das erfordert zunächst auch die Einsicht des Beraters, dass beispielsweise zur Erarbeitung einer neuen Strategie mehrere Ansätze erfolgreich sein können, die dann unterschiedliche Rollen von ihm erfordern. Dann sieht hoffentlich nicht mehr jedes Problem wie ein Nagel aus, weil das einzige Werkzeug, das einem zur Hand liegt, ein Hammer ist.

Auch mal nein sagen

Unabhängig von der zugrunde gelegten Kliententypologie bringt die Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Bedürfnissen und Erwartungen von Klienten einen wichtigen Hinweis für die erfolgreiche Klienten-Berater-Beziehung. Die Rolle, die ein Berater einnimmt, ist sehr explizit festzulegen und die dazu erforderlichen Fähigkeiten sind bewusster aufzubauen und zu entwickeln. Trotzdem werden Berater nicht in der Lage sein, das ganze Spektrum der ihnen zugedachten Rollen professionell abzudecken. So werden wir vielleicht vermehrt auch nein sagen müssen zu neuen Mandaten, wenn wir dazu zwar die richtigen Erfahrungen und Methoden haben, nicht aber der Rollenerwartung des Klienten gerecht werden können.