Der angeschlagene Touristikkonzern Thomas Cook kommt bei deutschen Reisebüros ins Gerede. Grund ist eine überraschende Änderung der Zahlungsabwicklung. Die Kunden sollen ihre Reiseanzahlungen und Restbeträge künftig nicht mehr per Lastschrift begleichen, sondern mit einer Überweisung, schreibt das «Handelsblatt». Die Koblenzer Interessengemeinschaft Reisebüro wertet dies als ein Zeichen schwindender Bonität und warnt Kunden vor langfristigen Anzahlungen.
Da Kunden ihre Lastschriften noch acht Wochen lang stornieren können, verlangen die Banken von den teilnehmenden Unternehmen einen millionenschweren Kreditrahmen. Der scheint bei dem britischen Touristikriesen, der in Deutschland mit Marken wie Neckermann Reisen, Öger Tours und der Fluglinie Condor auftritt, nicht mehr vorhanden zu sein.
Die Deutschlandzentrale von Thomas Cook wies die Kritik zurück, dass dem Konzern bei seiner Bank, der Commerzbank , der Kredit ausgehe. «Wir besitzen dort weiterhin einen soliden Kreditrahmen», sagte ein Sprecher. Allerdings seien die Kosten für das Lastschriftverfahren mit der Einführung des europäischen Zahlungssystems Sepa derart gestiegen, dass Thomas Cook nun Überweisungen den Vorzug gebe.
Bisher hatte Thomas Cook eine Gebühr von drei Euro verlangt, wenn Kunden ihre Rechnung per Überweisung statt per Lastschrift begleichen wollten. Jetzt stellt Thomas Cook die Überweisungen gebührenfrei, für Lastschriften werden drei Euro fällig. «Wir fürchten, dass bei Thomas Cook die Kreditinstitute nicht mehr mitgespielt haben», sagte Marija Linnhoff, Reisebüroinhaberin aus Iserlohn und Vizevorsitzende der Interessengemeinschaft Reisebüro, der Zeitung.
Commerzbank äussert sich nicht dazu
Ein Sprecher des Bankenverbands sagte, das Sepa-Verfahren sei aus Bankensicht nicht teurer als das bisherige Lastschriftverfahren. Auch beim Wettbewerber Tui Deutschland kann man das Kostenargument nicht nachvollziehen. Die Commerzbank selbst wollte sich zu Kundenbeziehungen auf Anfrage nicht äussern.
Nach einem Jahresverlust von mehr als einer halben Milliarde britischen Pfund hatte sich Thomas Cook Anfang Mai mit einer milliardenschweren Kreditlinie für drei Jahre finanziell Luft verschafft. Ausserdem trennt sich der Konzern für eine dreistellige Millionensumme von seiner Indien-Tochter, will Hotels abstossen und mindestens 17 Flugzeuge verkaufen und zurückmieten. Mitte März hatte die Ratingagentur Standard & Poor's der ohnehin mit dem Prädikat «B» («Ramsch») versehenen Bonität des Reisekonzerns zusätzlich einen negativen Ausblick verpasst.
(rcv/awp)