Der weltweit führende Genfer Aromen- und Riechstoffhersteller Givaudan schwankt zwischen Enttäuschung und Hoffnung. Nach der Enttäuschung durch die Präsentation der Zahlen von 2008 Mitte Februar dominiert jetzt die Hoffnung.
Die Ergebnisse zum 4. Quartal 2008 hatten Zweifel aufkommen lassen, ob das Unternehmen tatsächlich als «defensiv» gelten kann und von der Weltwirtschaftskrise nicht stärker unter die Räder kommen könnte. In Schweizer Franken ist der Umsatz im Vergleich zum Vorjahresquartal um fast 9% eingebrochen. Givaudan verlor darauf innerhalb von vier Tagen beinahe einen Fünftel des Börsenwerts.
Zwar litten auch die Verkaufszahlen im 1. Quartal 2009, die der Duft- und Aromenhersteller am 3. April präsentiert hat. Der Umsatzrückgang im Vergleich zur Vorjahresperiode in Schweizer Franken betrug diesmal 7,3%. Dennoch reagierte die Börse mit einem mächtigen Kurssprung von 12%. Der Grund liegt in der Ankündigung des Unternehmens, dass die schon zuvor anvisierte Ebitda-Zielmarge von 22,7% im nächsten Jahr trotz all der Widrigkeiten auf den Märkten erreicht werden könne. Zum letzten Mal hat Givaudan eine solche Profitabilität vor dem Kauf der britischen Quest Ende 2006 ausweisen können.
Hoch gestecktes Margenziel
Doch mehr als eine optimistische Hoffnung ist das vorerst nicht. Nicht nur Analysten zweifeln angesichts der schwachen Märkte, ob es Givaudan gelingen wird, das ambitiöse Ziel auch tatsächlich zu erreichen. Im Gespräch mit der «Handelszeitung» (siehe «Nachgefragt») hält Finanzchef Matthias Währen am Ebitda-Ziel fest, wenn er auch eingesteht, dass es «eine Herausforderung» bleiben werde.
Der wichtigste Grund für die Heftigkeit des Einbruchs liegt - wie bei vielen anderen Unternehmen auch - im Lagerabbau bei den Kunden. Dieser hat sich sowohl im Bereich der Duftstoffe, wie bei den Aromen gezeigt. «Lager können nicht ewig abgebaut werden», sagt CFO Matthias Währen. Dass sie irgendwann auch in der Krise zumindest teilweise wieder nachgefüllt werden müssen, nährt allein schon den Optimismus von Givaudan, dass sich der Nachfrageeinbruch nicht im gleichen Stil fortsetzen werde.
Den Ruf als «defensives», relativ krisenresistentes Unternehmen hat Givaudan vor allem wegen seiner Duft- und Aromaprodukten, die in die Nahrungs- und Waschmittel oder in die Körperhygieneprodukte einfliessen. «Die Leute müssen immer Essen oder ihre Wäsche waschen», sagt Matthias Währen. Die bisher stärksten Einbrüche haben sich tatsächlich im Bereich der Luxusparfumerie gezeigt. Deren Umsatz macht etwa 20% der Riechstoffe aus und 9% des gesamten Unternehmens.
Gebremster Kostenanstieg
Auch von der Kostenseite zeichnet sich laut Währen eine Entspannung ab. Noch gehen bei Givaudan die im letzten Jahr besonders teuer eingekauften Rohwaren in die Produktion ein. Seither sind hier die Preise drastisch heruntergekommen, was die durchschnittliche Kostensteigerung für die Rohwaren gegenüber 2008 im laufenden Jahr bloss noch auf 0 bis 2% drücken soll. Im letzten Jahr belief sich die entsprechende Kostensteigerung gegenüber 2007 auf 8%. Mehrkosten von 23 Mio Fr. erwartet Givaudan dagegen angesichts der Schwäche auf den Kapitalmärkten bei den weltweiten Aufwendungen für die Pensionskasse.
Immerhin scheint Givaudan selbst in der Krise noch Preismacht auspielen zu können. Im Januar hat das Unternehmen diese laut Währen erhöhen können.
Trotz den letzten schwachen Umsatzzahlen will Givaudan das Marktwachstum übertreffen. Das Unternehmen setzt auf aufstrebende Volkswirtschaften: In Lateinamerika hat das Unternehmen im 1. Quartal 2009 eine zweistellige Wachstumsrate verzeichnet. Für Givaudan ist entscheidend, dass diese Märkte nicht noch stärker von der Weltwirtschaftskrise heimgesucht werden.
NACHGEFRAGT
«Wir werden weitere Marktanteile gewinnen»
Der Schweizer Matthias Währen ist Finanzchef von Givaudan, dem weltgrössten Hersteller von Riechstoffen und Aromen in Genf.
Wie beeinflusst die Wirtschaftskrise nun die Zielsetzungen von Givaudan?Matthias Währen: Wir halten weiter daran fest, dass wir das Marktwachstum übertreffen wollen. Wie gross dieses sein wird, ist momentan aber nicht erkennbar. Doch wir sind überzeugt, dass wir weitere Marktanteile gewinnen werden.
Beobachter zweifeln, dass Sie im nächsten Jahr bereits wieder eine Ebitda-Marge von 22,7% - wie vor der Quest-Übernahme - erreichen können.
Währen: Es wird zweifellos eine Herausforderung bleiben, dieses Ziel zu erreichen. Dennoch ist es realistisch.
Wie wirkt sich die Übernahme von Quest weiter auf die Kosten aus?
Währen: Wir bekräftigen unsere Aussage, dass wir durch Synergieeffekte bis 2010 insgesamt 200 Mio Fr. einsparen werden. Schon bisher haben wir ganze Fabriken zusammengelegt. Das wird auch weiterhin möglich sein.
Bereitet Ihnen die Verschuldung von Givaudan Bauchweh?
Währen: Durch die Übernahme von Quest hat sich diese stark erhöht. Doch die Finanzierungsbedingungen sind sehr günstig. Details kommunizieren wir allerdings nicht. Zudem haben wir bis 2011 und vor allem 2012 keinen Refinanzierungsbedarf.
Wie bauen Sie die Schulden ab?
Währen: Der Schuldenabbau ist unser Hauptziel, was wir auch erreichen werden: Durch die Generierung von Cashflow, durch ein sehr striktes Management des Nettoumlaufvermögens und durch reduzierte Investitionen.
Als Dividende überlassen Sie den Aktionären 10 Fr. plus eine Option. Für 31 davon erhält man einen Givaudan-Titel zu 330 Fr.
Währen: Das ist eine faire Lösung für die Aktionäre, aber auch gut für Givaudan, denn so fliesst letztlich kein Geld aus dem Unternehmen ab.