Die erste Ausfahrt mit dem Mini Cooper hat Pascal per Handykamera dokumentiert und mit Hunderten von Facebook-Freunden geteilt. Baujahr 1977, 7600 Franken, schwarzer Lack, Freiheit pur. Gerade einmal den KV-Abschluss in der Tasche, startet er im September in seinen ersten gut bezahlten Job. Die Zukunft liegt vor dem 18-Jährigen. Pascal gibt Gas.

An Themen wie Vorsorge oder Rente verliert er in dieser Sturm-und-Drang-Zeit keine Gedanken. Wie viele Schweizer rast Pascal unbekümmert durchs Leben – und fährt an einer grossen Chance vorbei. Denn wer früh zu sparen beginnt, hat gute Chancen, seinen Ruhestand ohne Geldsorgen geniessen zu können. «Wenn ein 20-Jähriger fünf Jahre auf sinnlosen Konsum verzichtet und monatlich 300 Franken anlegt, hat er bei einer fünfprozentigen Rendite als 65-Jähriger knapp 145'000 Franken auf dem Konto. Das ist inklusive Zins und Zinseszins eine einfache Rechnung. Die Leute unterschätzen das», sagt Vorsorge-Experte Iwan Brot.

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Pascal verlässt sich auf das Vorsorgesystem der Schweiz. Auf den ersten Blick ist das verständlich, denn es ist auf seinen drei Säulen breit abgestützt und sticht im internationalen Vergleich hervor.

Demografische Bombe

Doch die demografische Entwicklung zwingt auch dieses etablierte System in die Knie. Weil wir immer älter werden, nimmt die Zahl der Rentenbezüger im Verhältnis zu den Leistungserbringern übermässig zu. 2015 gab es erstmals mehr Menschen, die pensioniert wurden, als Jugendliche, die 20 Jahre alt wurden. «Das Missverhältnis zwischen Rentnern und Erwerbstätigen wird immer stärker», sagt Karl Flubacher, Vorsorgespezialist und Leiter Region Nordwestschweiz beim VZ VermögensZentrum.

Die geburtenstarken Jahrgänge aus den fünfziger Jahren beginnen ins Rentenalter zu kommen und verstärken die Entwicklung. Von 2015 bis 2035 steigt die Zahl der AHV-Rentner in der Schweiz um eine Million. Zudem macht die Situation auf den Finanzmärkten den Pensionskassen das Leben schwer. Vorbei die Zeiten, als Anleihen zu fünf Prozent rentierten, als risikoloses Investment galten und sich die zukünftigen Auszahlungen perfekt planen und bedienen liessen. Statt risikolosen Zins gibt es nun zinsloses Risiko. Die am 24. September zur eidgenössischen Abstimmung gekommende Rentenreform 2020 war ein Versuch, das System wieder auf stabilere Beine zu stellen.

Wichtigkeit der privaten Vorsorge wächst

Die Rolle der obligatorischen Vorsorge schrumpft, die Wichtigkeit der privaten Vorsorge wächst. Immer schwieriger wird es, die Ausgaben im Ruhestand mit den Einkünften aus der ersten und der zweiten Säule zu bedienen. Der ursprüngliche Plan, mit AHV und Pensionskasse 60 Prozent des Einkommens zu ersetzen, geht längst nicht mehr auf. In vielen Fällen machen erste und zweite Säule nicht einmal mehr die Hälfte des ursprünglichen Einkommens aus.

Treiber dieser Entwicklung sind die sinkenden Umwandlungssätze der Pensionskassen, mit denen das in der obligatorischen beruflichen Vorsorge angesparte Kapital in eine Rente umgerechnet wird. Die Umwandlungssätze wurden in den vergangenen Jahren bereits reduziert und werden weiter fallen.

Ruhestand ist kein Thema

Nicht nur für junge Erwachsene wie Pascal ist der Ruhestand kein Thema. Laut einer Studie kümmern sich 40 Prozent der Deutschschweizer zu wenig um ihre private Altersvorsorge. Etwas undurchdacht gibt jeder Dritte vor, das Land zu verlassen, falls die Einkünfte nach der Pensionierung nicht hoch genug sein sollten.

Damit sich der Ruhestand auch in der Schweiz geniessen lässt, ist es in einem ersten Schritt wesentlich, sich gedanklich in den Herbst des Lebens zu versetzen. Es gilt, Einkommen und Ausgaben nach der Pensionierung zu simulieren. Ein Blick in den jährlichen Pensionskassenausweis gibt einen ersten Anhaltspunkt.

Ausgaben werden oft unterschätzt

Oft unterschätzt werden die Ausgaben. Denn durch die zusätzliche Freizeit steigen die Kosten: etwa für den nun häufiger werdenden Restaurantbesuch in der Stadt, das neue Hobby oder die zeitlich kaum begrenzten Ferien. Schnell wird im Alter eine Haushalthilfe nötig. Später steigen die Ausgaben für Krankheit und Pflege. Dass die steuerlichen Abzugsmöglichkeiten – wie für den Weg zur Arbeit – wegfallen, haben die wenigsten auf der Rechnung.

«Der Druck, mehr freiwillig anzusparen, nimmt zu», so VZ-Experte Flubacher. Tut sich zwischen den prognostizierten Ausgaben und den Einnahmen eine Lücke auf, sollte man sich möglichst früh mit deren Schliessung beschäftigen. Je länger man dafür Zeit hat, desto leichter lässt sich dieses Vorhaben dank Zinseszins auch verwirklichen. Der Ökonom Bert Rürup, Vater der gleichnamigen deutschen Rente, hat den Zinseszins nicht einfach so als «achtes Weltwunder» bezeichnet.

Lücken gehen ins Geld

Der Kapitalbedarf zur Schliessung von Lücken ist gross. Wem bei der Rente monatlich 1000 Franken zur Deckung der Ausgaben fehlen, der muss 210'000 Franken auf die Seite legen. Mit dieser Summe kommt man dann, wenn alles gut geht und bei der Anlage dieses Geldes eine Rendite von drei Prozent erreicht wird, 25 Jahre lang aus.

Damit sich erst gar keine Lücken auftun, gilt es, die drei Säulen der Vorsorge optimal zu nützen. Die erste Säule deckt den Grundbedarf ab. Aktuell liegt die maximale AHV-Altersrente bei jährlich 28'200 Franken.

Lücken sind auch bei der AHV ein Thema. Denn jedes fehlende Beitragsjahr verringert die Rente um ein Vierundvierzigstel. Lücken lassen sich ganz einfach mit der Nachzahlung von fehlenden Beiträgen ausgleichen. Das ist jedoch nur für fünf Jahre rückwirkend möglich. Zudem muss man in dieser Zeitspanne in der Schweiz versichert gewesen sein.

Pensionierung verschieben hat Auswirkungen

In beide Richtungen steuern lässt sich das Einkommen aus erster und zweiter Säule durch eine Verschiebung der Pensionierung. Bei der AHV kann sich ein Mann frühestens mit 63 Jahren in den Ruhestand verabschieden. Dadurch verringert sich die jährliche Rente um 13,6 Prozent – für jedes Jahr werden 6,8 Prozent in Abzug gebracht. Monetär rechnet sich das nur für jene, die von einer Lebenserwartung von weniger als 77 Jahren ausgehen.

Wer sich früher pensionieren lässt, muss bei den Pensionskassen einen tieferen Umwandlungssatz für das Guthaben in Kauf nehmen. Die Pensionskassen kürzen den Satz in der Regel um etwa 0,15 bis 0,2 Prozentpunkte pro Jahr.

Ausbauen lässt sich die maximale einfache Rente, indem die Pensionierung nach hinten verschoben wird. Das ist bei der AHV unabhängig vom Pensionierungsalter um wenigstens ein bis maximal fünf Jahre möglich. Für ein zusätzliches Arbeitsjahr kassiert man einen Bonus von 5,2 Prozent, für drei Jahre 17,1, für fünf Jahre satte 31,5 Prozent – und das lebenslänglich. Wer etwa statt bis 65 bis 70 werkelt, steigert die maximale einfache monatliche Rente von 2350 auf 3090 Franken. Ob sich ein Aufschieben lohnt, hängt vor allem von der nicht zu prognostizierenden Lebenserwartung und den Steuern ab.

Steuerliche Vorteile nutzen

Um sich ein möglichst dickes Polster für den Ruhestand zuzulegen, gilt es, die steuerlichen Vorteile zu nützen. In die Tat umsetzen kann man das in der zweiten Säule. Steuergeschenke lassen sich durch Einkäufe in die Pensionskasse abholen. Derartige freiwillige Einzahlungen in die PK sind in der Höhe der Beitragslücke möglich. Die Höhe der Lücke lässt sich auf dem Pensionskassenausweis ablesen. Zu Lücken führt ein Job im Ausland oder eine Scheidung. Am häufigsten gehen Lücken auf Lohnerhöhungen zurück. Die Maximalbeträge orientieren sich jeweils am aktuell versicherten Gehalt.

Einkäufe in die Pensionskasse reduzieren das steuerbare Einkommen – und das anders als in der dritten Säule ohne Maximalbetrag. Je nach Grenzsteuersatz führen solche Einkäufe zu erheblichen Einsparungen. Zahlt etwa ein verheirateter, katholischer Zürcher mit einem jährlichen Einkommen von 200'000 Franken 50'000 Franken in die Pensionkasse ein, spart er 17'000 Franken an Steuern. Werden die Einkäufe auf zwei Jahre verteilt, wird die Progression ein weiteres Mal gebrochen. Die Steuerersparnis ist dann noch grösser. Als Faustregel gilt: Je näher man dem 
Ruhestand ist, umso sinnvoller sind die Einkäufe.

Unabhängig vom Zeitpunkt der Pensionierung lässt sich diese Strategie beim Wegzug ins Ausland, beim Kauf von Wohneigentum oder bei der Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit anwenden. Denn in diesen Fällen können die Freizügigkeitsgelder bezogen werden. Zu beachten ist eine dreijährige Sperrfrist. Steuervorteile werden sonst wieder korrigiert.

2000 Franken im Jahr sparen

Da die erste und die zweite Säule den Ruhestand nicht mehr finanzieren können, kommt der dritten Säule eine immer grössere Bedeutung zu. Wie bei den Einzahlungen in die Pensionskasse fördert der Staat die Vorsorge auch bei der Säule 3a mittels steuerlicher Vorteile. Ein Schweizer, der den aktuellen Höchstbetrag von 6768 Franken in ein Säule-3a-Produkt investiert, muss jedes Jahr rund 2000 Franken weniger an den Fiskus abführen.

Im Fokus stehen für die meisten Anleger Säule-3a-Sparkonten. Hier sind die Zinsen zwar höher als bei normalen Sparkonten – aber ebenfalls bedrückend tief. Lag der Zins um die Jahrtausendwende noch bei mehr als drei Prozent, so ist er mittlerweile mit durchschnittlich weniger als 0,5 Prozent beinahe unter die Wahrnehmbarkeitsschwelle gesunken. Die Banca dello Stato del Cantone Ticino ragt mit 0,75 Prozent bereits positiv hervor.

Wer aktuell weniger als 0,3 Prozent Zins erhält, sollte darüber nachdenken, das Säule-3a-Konto zu wechseln. Mit wenigen Ausnahmen ist das jederzeit möglich. Sinnvoll sind Säule-3a-Konten vor allem für Anleger mit einem kurz- bis mittelfristigen Anlagehorizont. Rückt die Pensionierung näher, können Schwankungen nicht mehr ausgesessen werden. Kurzfristiges Denken ist auch bei einem Vorbezug der 3a-Gelder angesagt. Etwa bei Aufnahme einer Selbständigkeit oder beim Kauf einer dauernd selbst bewohnten Immobilie.

Hohe Aktienquoten sind in der langfristigen Vorsorge sinnvoll

Weit in die Zukunft blicken sollten Anleger beim Wertpapiersparen. Dort werden höhere Renditen mit grösseren Schwankungen bezahlt. In den klassischen Spielarten handelt es sich bei den Vorsorgefonds um Mischfonds mit einem grossen Anteil Obligationen und einem deutlich kleineren Anteil Aktien. Grundsätzlich ist die Aktienquote auf 50 Prozent begrenzt. In den vergangenen Jahren wurden die Anlagerichtlinien für die berufliche Vorsorge (BVV2) neu ausgelegt. Dadurch kommen immer mehr Produkte mit grossen Anteilen an Aktien auf den Markt. PostFinance und UBS bieten Vorsorgefonds mit einer Aktienquote von 75 Prozent. Bei der VZ Vorsorgestiftung 3a ist ein Aktienanteil bis 80 Prozent möglich. Ein Anbieter soll an einem zu 100 Prozent mit Aktien gefüllten Produkt arbeiten.

Auch wenn bei vorsichtigen Gemütern bei Aktien die Alarmglocken schrillen: Hohe Aktienquoten sind gerade in der langfristigen Vorsorge sinnvoll. Deutlich macht das eine Erhebung der Banque Pictet. Zwischen 1926 und 2016 stieg der Wert von Aktien von 100 inflationsbereinigt auf 13 972 Franken, was einer durchschnittlichen jährlichen Wertzunahme von 5,59 Prozent entspricht. Obligationenanlagen liegen mit 795 Franken – jährlich im Schnitt plus 2,30 Prozent – weit zurück.

Auch der etwas kurzfristigere Vergleich spricht eine klare Sprache: In den vergangenen 50 Jahren haben Aktien Obligationen pro Jahr um 3,56 Prozent abgehängt. In den vergangenen 20 Jahren waren es noch 2,93 Prozent. Erst seit 2007 hinken Aktien Anleihen hinterher.

Potenzial auf den Anleihenmärkten ist ausgereizt

Zudem ist das Potenzial auf den Anleihenmärkten ausgereizt. Die 30-jährige Anleihenhausse ist vorbei. Bei den Zinsen ist der Boden erreicht – steigende Zinsen bringen fallende Anleihenkurse mit sich.

Des Weiteren hat sich auf den Anleihenmärkten die Duration schleichend erhöht. Je länger die Laufzeiten, desto höher die Schwankungen. Insgesamt werden die Obligationen ihrer Rolle als risikoarme Bausteine eines Vorsorgedepots nicht mehr gerecht. Selbst wenn sich Verluste vermeiden lassen, ist das Potenzial beschränkt. «Bei einem typischen Vorsorgefonds mit einem Aktienanteil von 25 Prozent und einem Obligationenanteil von 75 Prozent sind drei Viertel fast ohne Ertrag. In den nächsten Jahren habe ich nach Kosten fast keine Chance auf eine positive Rendite», erklärt Adrian Bienz, Finanz- und Vermögensexperte bei Weibel Hess & Partner.

Auf dem Spiel steht in der dritten Säule eine Menge Geld. In 20 Jahren summieren sich alleine die jährlichen Einzahlungen von durchschnittlich 6300 ohne Verzinsung auf 126'000 Franken. Durch Zins und Zinseszins wirkt sich jedes Prozent an Performance massiv auf den langfristigen Anlageerfolg aus. In den vergangenen 20 Jahren lieferte ein 3a-Sparkonto laut Daten des VZ VermögensZentrums (grösste effektive Anbieter seit 1997) im Mittel eine Rendite von 1,95 Prozent. Die 126'000 einbezahlten Franken vermehrten sich um gut 30'000 auf 156'076 Franken.

Dauerläufer Vorsorgefonds

Vorsorgelösungen mit einem Aktienanteil von 20 bis 25 Prozent erzielten in dieser Zeit eine durchschnittliche Rendite von 2,71 Prozent (siehe Grafik unten). Aus 126'000 wurden so 169'770 Franken. Das Sparkonto blieb um 13'694 Franken zurück. Lösungen mit einem Aktienanteil von 40 bis 50 Prozent brachten es in den vergangenen 20 Jahren auf eine Rendite von 4,18 Prozent. Die 126'000 Franken vermehrten sich auf 195'179 Franken. Trotz Finanzkrise liegt die aktienlastige Wertschriftenlösung um knapp 40'000 Franken vor dem Sparkonto.

Die Grafik in voller Grösse finden Sie hier.

Vermehrt der Zinseszins das Geld der Anleger bei hohen Renditen scheinbar von Geisterhand, arbeitet er bei den Kosten gegen den Sparer. Auf den ersten Blick erscheint der Unterschied zwischen einer Gebühr von 0,9 und 1,5 Prozent nicht überaus gross. Doch wer über 45 Jahre jährlich 6768 Franken in die kostengünstigere Wertschriftenlösung einzahlt, spart gegenüber dem teureren Produkt satte 115'426 Franken an Gebühren (Rendite von angenommenen 4,5 Prozent, siehe Grafik). «Wenn man die Gebühren in Franken darstellt, ist die Überraschung oft gross», sagt Andreas Akermann, Vorsorgeexperte beim VZ VermögensZentrum.

Hohe Gebühren

Bei Schweizer Vorsorgefonds geht ein unvermutet grosser Teil der Performance an Gebühren weg. Die Total Expense Ratio (TER) liegt in den meisten Fällen bei mehr als einem Prozent. Dabei liefert die TER – anders, als ihr Name vermuten lässt – keinesfalls die «totale» Kostentransparenz. Zur Berechnung der Gesamtkosten kommen noch Handelskosten, Ausgabe- und Rücknahmeaufschläge sowie etwaige Erfolgshonorare hinzu.

In einem Zeitraum von zehn Jahren gehen dem Anleger bei der Mehrheit der Schweizer Vorsorgefonds von 100'000 einbezahlten Franken mehr als 10'000 an Gesamtkosten verloren. Einige Fonds fallen über das Jahrzehnt mit Gesamtkosten von mehr als 17'000 Franken negativ auf.

Gerechtfertigt werden hohe Gebühren mit einem aktiven Management. Doch je weiter sich die Manager von der Benchmark wegbewegen, desto grösser ist ihr Risiko, nicht nur dem breiten Markt hinterherzulaufen, sondern auch gleich den Job zu verlieren. «‹Aktiv› ist ein Vermarktungsmerkmal», sagt Adrian Bienz. Der grösste Teil der Fonds bewege sich sehr nahe an der Benchmark. Ähnlich sieht es Pens3a-Experte Walter Blum: «Die meisten Fonds, die einen Prozentsatz im Namen haben, sind eigentlich passiv.» Zu den «aktiv» gemanagten Produkten zählt 
er die Reichmuth-Fonds Alpin, Voralpin, Alpin Classic.

Ein schwerer Mangel

Benchmark-Nähe bedeutet gerade für Schweizer Anleger fehlende Diversifikation. Der SMI wird von Pharma- und Nahrungsmittelriesen – namentlich von Roche, Novartis und Nestlé – dominiert. Ein Überblick über die gesamten Anlagen in den verschiedenen Säulen fehlt. Den meisten Anlegern ist gar nicht bewusst, wie Pensionskassen den grössten Teil ihrer Ersparnisse anlegen. «Es wird immer wieder in dieselben Anlagen investiert. Man wäre überrascht, wenn man wüsste, wie viele Aktien man an Nestlé, Novartis oder Roche über die verschiedenen Gefässe hält», sagt Walter Blum.

Während man die Anlageentscheidungen seiner Pensionskasse nicht direkt beeinflussen kann, sollte man die Freiheit in der dritten Säule nützen. Die Diversifikation kann ein Investment in Hedge Funds, Immobilien, Gold oder Rohstoffe erhöhen. Ein zu grosses Gewicht sollte diesen Anlageklassen wegen der nicht zu unterschätzenden Risiken jedoch nicht gegeben werden.

Besonders selbstbestimmt kann der Anleger mit seinen Vorsorgegeldern etwa beim VZ VermögensZentrum agieren. Erfahrene Investoren können ihr Säule-3a-Wertschriftendepot dort mit ETFs individuell zusammenstellen. Ein Programm prüft die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen, etwa der Begrenzung des Fremdwährungsrisikos auf 30 Prozent. Die Strategie kann im Rahmen einer All-in Fee monatlich angepasst werden.

Über die Vergleichsplattform Compare Invest können Sparer Vorsorgefonds der zweiten und der dritten Säule nach verschiedenen Kriterien vergleichen. Über die Plattform kommen Privatanleger an kostengünstige «Insti-Tranchen», die sonst Profi-Anlegern vorbehalten sind.

Zwangsverkauf verhindern

Im Normalfall werden die Wertschriftendepots bei der Pensionierung aufgelöst. Das kommt einem Zwangsverkauf, der zur falschen Zeit erfolgen könnte, gleich. Anleger sollten darauf achten, dass sich bei 
ihrem Vorsorgefonds die Wertschriften in ein privates Depot überführen lassen. In manchen Fällen, etwa bei Raiffeisen, ist das gebührenfrei möglich.

Damit die steuerlichen Vorteile bei der Einzahlung nicht wieder verloren gehen, gilt es, die Progression auch beim Bezug des angesparten Vorsorgekapitals möglichst oft zu brechen. Säule-3a-Gelder können fünf Jahre vor dem ordentlichen AHV-Rentenalter abgerufen werden. Da Teilauszahlungen nicht möglich sind, sollte das Säule-3a-Guthaben auf verschiedene Töpfe verteilt werden.

In der zweiten Säule lässt sich die Progression durch eine schrittweise Pensionierung brechen. Im Kanton Zürich sind zwei Bezüge von Kapital aus der Pensionskasse möglich. Bei Pensionskassengeldern von zwei Millionen Franken lassen sich durch die Staffelung Steuern in Höhe von mehr als 100'000 Franken sparen.

Diese Frage stellt sich freilich nur, wenn man das Kapital der Rente vorzieht. Der Kapitalbezug ist steuerlich interessanter. Jedoch bleibt heutzutage die Frage, wie das Geld mit wenig Risiko vermehrt werden kann. Spätestens dann kann sich der Anleger ein Stück weit in die Probleme der Pensionskassen einfühlen.

Dieser Text erschien in der September-Ausgabe der BILANZ.

Erich Gerbl
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