Die junge Frau, die die Führung übernimmt, deutet in Richtung eines Raums auf einer der Baustellen im Uptown Basel: «Und hier kommt demnächst der Quantencomputer hin.» In Arlesheim, eine Viertelstunde von Basel entfernt, entsteht auf einem ehemaligen Industriegelände ein Kompetenzzentrum für die Industrie. Ein wichtiges Element davon ist Quantum Basel: In diesem Bereich will man zukünftig Interessierten «die besten Quantencomputer» aus Forschung und Wirtschaft zugänglich machen.

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Qubits mit mehr Informationen

Quantencomputer arbeiten anders als die konventionellen Grossrechner oder Smartphones: Im konventionellen Computing gibt es als kleinste Informationseinheit beziehungsweise Bit die 0 und die 1. Im Quantencomputing werden die Informationen in sogenannten Quantum-Bits beziehungsweise Qubits gespeichert. Diese Qubits können jeden Wert zwischen 0 und 1 speichern. Ein Qubit hat daher einen viel grösseren Informationsgehalt als ein einfaches Bit.

Ein Quantencomputer kann deshalb gleichzeitig alle möglichen Kombinationen zwischen 0 und 1 gleichzeitig für Berechnungen verwenden, wohingegen konventionelle Computer nach und nach alle unterschiedlichen Kombinationen einzeln und schrittweise durchrechnen müssen. Das bedeutet einen viel grösseren zeitlichen Aufwand.

Allerdings gibt es bei den Qubits auch einige Herausforderungen: Der Zustand ist sehr fragil, erste Quantencomputer mussten deshalb in besonders stabilen und stark heruntergekühlten Umgebungen aufgestellt werden – schon die kleinsten Erschütterungen bringen die Qubits in Schwingungen. Und so arbeitet man an neuen Materialien und Verfahren, damit diese Computer in konventionellen Rechenzentrenumgebungen installiert werden können. «Unser Partnerunternehmen Ion Q baut derzeit einen sogenannten Ionenfallen-Quantencomputer mit 35 Qubits, der bei uns auf dem Campus Uptown Basel installiert wird», sagt Damir Bogdan, CEO von Quantum Basel. «Bereits jetzt wird parallel am Nachfolgermodell mit 64 algorithmischen Qubits gearbeitet – das bedeutet, dass damit unglaubliche 18 Trillionen verschiedene Zustände gleichzeitig dargestellt werden können.

 

Quantencomputer und  KI: The perfect match

Quantencomputer eignen sich immer dann besonders gut, wenn die Datenmenge sehr gross ist oder viele Parameter vorhanden sind, also zum Beispiel für Optimierungen, Simulationen und Machine Learning», erklärt Bogdan. «Darum kann man sagen, dass ein Quantencomputer zusammen mit künstlicher Intelligenz ‹the perfect Match› ist.» Vielversprechende Anwendungsgebiete sind Planungssimulationen zur Optimierung komplexer Industrieanlagen, Problemstellungen wie die Optimierung der Auslastungen in Elektrizitätsnetzen, Risikoberechnungen für die Finanzindustrie, logistische Probleme wie komplexe Personaleinsatzplanungen, die verbesserte Auswertung von Blutproben, neuartiges Materialdesign und weitere. «Unser Fokus liegt zurzeit auf der Finanzbranche, auf der Industrie 4.0, auf Life Sciences und der Logistikbranche, da man dort im Moment die meisten Anwendungsbereiche findet», so Bogdan. «Dabei werden immer Teile der Lösungen auch auf klassischen Computern berechnet.» Die Quantum-Basel-Experten und -Expertinnen führen derzeit Workshops mit verschiedenen Firmen aus unterschiedlichen Branchen durch und schauen, ob der Kunde ein Problem hat, das mit Quantencomputing effizienter gelöst werden könnte.

Das Team von Bogdan besteht inzwischen aus über zwanzig Spezialistinnen und Spezialisten. Die Spanne reicht von Quantenphysikern, AI-Expertinnen, Marketingfachleuten, Innovationsexperten bis hin zu Partneringspezialistinnen. Die ersten Forschungsprojekte wurden bereits abgeschlossen. «Zudem konnten wir insgesamt drei Quantenfirmenverträge über Cloud- und Expertenzugänge abschliessen», so Bogdan weiter. «Zwei davon eröffnen ihr Europa- respektive EMEA-Hauptquartier auf unserem Gelände.»  Das Gehäuse des ersten Quantencomputers steht bereits. Dieser wird noch im laufenden Jahr in Betrieb genommen – und dann sieht es in der riesigen Halle nicht mehr aus wie auf einem Fabrikgelände, sondern wie im Silicon Valley.